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Verena Bentele

»Die Apotheke vor Ort ist oft der erste Ansprechpartner«

Der Sozialverband VdK sieht viele Pläne für das Apotheken-Reformgesetz (ApoRG) kritisch und lehnt insbesondere »Apotheken ohne Apotheker« ab. VdK-Präsidentin Verena Bentele erläutert im PZ-Interview, welche Rolle öffentliche Apotheken für die Mitglieder des Sozialverbands spielen und inwieweit Apothekerinnen und Apotheker ihre Kompetenzen im Gesundheitssystem noch stärker einbringen sollten.
Anne Orth
05.09.2024  18:00 Uhr

PZ: Welche Bedeutung haben öffentliche Apotheken für die VdK-Mitglieder?

Verena Bentele: Apotheken sind für unsere Mitglieder eine wichtige Anlaufstelle bei gesundheitlichen Fragen und Fragen zur Orientierung im Gesundheitssystem. Sie bekommen in serviceorientierten Apotheken nicht nur eine umfassende Beratung rund um ihre Medikamente und deren Wechsel- und Nebenwirkungen. Die Apotheke vor Ort ist oft auch der erste Ansprechpartner – beispielsweise in der Erkältungszeit, bei Insektenstichen oder bei Hautausschlag. Die VdK-Mitglieder schätzen dabei am meisten den unkomplizierten und persönlichen Kontakt zu den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Apothekerinnen und Apotheker, aber auch pharmazeutisch-technische Assistentinnen und Assistenten können mit ihrem Fachwissen oft helfen und Ratschläge geben.

PZ: Welche Folgen hat die stetig sinkende Zahl der Apotheken schon jetzt für die VdK-Mitglieder beziehungsweise welche befürchten Sie in der Zukunft?

Bentele: Für viele unserer Mitglieder bedeutet eine sinkende Apothekendichte eine steigende logistische Herausforderung: Sie müssen, gerade wenn sie mobil eingeschränkt sind, genau planen, wann sie die Verschreibungen beim Arzt abholen und wann sie die Rezepte in der Apotheke einlösen können. Apotheken, die eine Botenlieferung anbieten, können unseren Mitgliedern zwar viel Organisationsaufwand abnehmen. Uns erreichen aber schon heute Nachrichten von Mitgliedern, die sich einen persönlichen Kontakt dennoch weiterhin wünschen.

PZ: In einem Statement zum Entwurf des Apotheken-Reformgesetzes (ApoRG) kritisieren Sie, dass Apotheker künftig nur noch 8 Stunden pro Woche in der Apotheke anwesend sein müssen. Aus welchem Grund ist die Anwesenheit von approbierten Apothekern aus Sicht des VdK wichtig?

Bentele: Müssen Apothekerinnen und Apotheker nur noch acht Stunden in der Woche anwesend sein, kann es dazu kommen, dass an bis zu fünf Arbeitstagen in der Woche keine approbierte Person vor Ort ist. Das kann Entlastung für das Personal sein, wenn die Apotheke aufmachen kann, obwohl noch keine Apothekerin da ist, oder wenn der Apotheker seine Mittagspause außerhalb der Apotheke verbringen will. PTA können natürlich auch allein arbeiten, doch dieser Zeitraum sollte aus Sicht des VdK kurz gehalten und gedeckelt werden. Denn: Es stellt sich dann immer die Frage, wer in dieser Zeit die Verantwortung trägt und zu schwierigen Fragen berät.

Zudem gibt es Verschreibungen, die nur von Apothekerinnen und Apothekern überprüft und abgegeben werden dürfen. Das betrifft insbesondere Betäubungsmittel oder die Belieferung von Sonderrezepten (T-Rezepten). Was passiert, wenn die Patientin kommt, während der Apotheker nicht da ist? Dass Patientinnen und Patienten warten müssen, sieht der VdK kritisch – insbesondere, wenn sie Betäubungsmittel erhalten sollen, die für ihre Schmerztherapie relevant sind. Trotz der Schwierigkeiten, Personal zu bekommen, muss die Sicherheit und die schnelle Versorgung von Patientinnen und Patienten im Vordergrund stehen. Daher lehnt der Sozialverband VdK die angekündigte Neuregelung ab.

PZ: Sie fordern, dass die Apotheker ihr Fachwissen noch stärker einbringen und noch deutlich mehr Kompetenzen bekommen sollten. Woran denken Sie dabei konkret?

Bentele: Apothekerinnen und Apotheker können weitaus mehr, als Rezepte zu beliefern oder bei Bedarf für den Dermatologen eine Salbe herzustellen. Würden sie enger in die Arzneimitteltherapie eingebunden werden, könnten sie viel besser dazu beitragen, die Therapieziele der Medikation zu fördern, Wechselwirkungen von Arzneimitteln zu verhindern und unerwünschte Wirkungen zu vermeiden. Sie könnten zum Beispiel noch besser als bisher helfen, eine Über- oder Unterdosierung zu vermeiden. Zudem können sie den Erfolg einer Therapie engmaschig kontrollieren. Dazu wäre beispielsweise das Erstellen von Blutbildern oder die Bestimmung von Blutserumkonzentration nötig. Vieles von dem, was Apothekerinnen und Apotheker im Studium lernen, können sie in der Berufsrealität noch nicht vollständig anwenden.

PZ: Sie schlagen weiterhin vor, die Apotheken zu Wegweisern im Gesundheitssystem auszubauen. Spielen Sie dabei auf die umstrittenen Gesundheitskioske an oder was meinen Sie damit konkret?

Bentele: Genau. Im Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG) waren ursprünglich Gesundheitskioske angedacht, die niederschwellig Patientinnen und Patienten eine Hilfe im Gesundheitssystem sein sollten, etwa bei der Suche nach der richtigen Facharztpraxis. Leider wurden die Gesundheitskioske wieder gestrichen. Der VdK sieht bei den öffentlichen Apotheken Potenzial, diese Aufgabe zu übernehmen. Dazu muss allerdings das Netz aufrechterhalten beziehungsweise ausgebaut werden.

PZ: Wie stellen Sie sich eine grundlegende Apothekenreform vor?

Bentele: Eine relevante Umstrukturierung bei den Apotheken muss sich vor allem auf das Tätigkeitsfeld von Apothekerinnen und Apothekern konzentrieren. Die Medizin und die Arzneimitteltherapie werden sich wandeln – hin zu einer immer stärker individualisierten Behandlung. Diesen Wandel muss auch die Apotheke vor Ort mitmachen. Die Abgabe von Arzneimitteln wird zwar in Zukunft noch zum Portfolio der öffentlichen Apotheken gehören, aber eine weniger große Rolle einnehmen. Denn die öffentliche Apotheke muss zum Ort der intensiven Beratung und der Arzneimitteltherapiesicherheit werden. Eine Apothekenreform sollte im Blick haben, dass es normal wird, in regelmäßigen Abständen in der Apotheke einen Termin zu machen, um seine Medikation und den Therapieerfolg kontrollieren zu lassen oder sich die aktuelle Auffrischungsimpfung abzuholen. Zusammen mit dem Versorgungsmodell der hausarztzentrierten Versorgung würden Patientinnen und Patienten davon extrem profitieren.

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