»Diagnose-Gap« beim Lipödem |
Kassen sollten mehr Kosten übernehmen, fordern viele Experten. Das gelte vor allem für Liposuktionen, also operatives Fettabsaugen. Die neuesten Lipödem-Leitlinien vom Januar 2024 – verfasst von mehreren medizinischen Fachgesellschaften, vor allem Venenfachärzten – empfehlen in schweren Fällen, das krankhaft massiv vermehrte Fettgewebe unter der Haut an Armen und Beinen operativ zu entfernen. Betont wird dabei auch: Die Ergebnisse der Liposuktion seien in frühen Stadien besser.
Eine Liposuktion gehe mit recht wenigen Risiken und Komplikationen einher, sagt Mediziner Hirsch. »Wir haben bislang keine Alternative bei schweren Fällen. Die Frauen profitieren erheblich. Die Operation macht nicht gesund, aber sie hat sehr viele Vorteile.« Schmerzen und Körperumfang würden deutlich reduziert, ebenso orthopädische Schädigungen oder auch psychische Belastungen. »Je früher operiert wird, desto besser.«
Hirsch kritisiert: »Aktuell ist es ein Riesenproblem mit der Kassenerstattung – ein Kampf für Patientinnen, Ärzte und Krankenhäuser.« Er hofft, dass eine noch laufende, breit angelegte Studie den hohen Nutzen der OP in schweren Fällen belegt und die Eingriffe dann bald stadienunabhängig pauschale Kassenleistung werden.
Eine Liposuktion wird derzeit in der Regel nur bei Stadium III bezahlt, nach Einzelfallprüfung und befristet noch bis Ende 2024. Beim GKV-Spitzenverband heißt es, die Datenlage sei unklar, es seien inzwischen möglicherweise rund 300.000 Betroffene in Behandlung. Von 2020 bis 2023 wurden demnach für insgesamt 14.180 stationäre oder ambulante (hier nur bis Mitte 2023 gezählt) Eingriffe die Kosten übernommen.
Die Voraussetzungen für eine Erstattung lege eine Qualitätssicherungs-Richtlinie fest. Laut LiPöG bezahlen drei Viertel der Frauen ihre Eingriffe selbst, verschulden sich dafür oft. Der Berufsverband der Frauenärzte unterstreicht, Fettabsaugung bei Lipödem sei kein kosmetischer Eingriff, sondern medizinisch notwendig.