Deutschland im Krisenmodus |
Theo Dingermann |
16.01.2024 14:40 Uhr |
Volker Bouffier (CDU) war von 2010 bis 2022 Ministerpräsident von Hessen. In Schladming sprach er zur allgemeinen politischen Situation in Deutschland. / Foto: PZ/Alois Müller
Der Gegensatz hätte kaum größer sein können. Während der Gastgeber des traditionellen Bankenabends, der Vorstandsvorsitzende der Apobank, Matthias Schellenberg, zufrieden auf ein erfolgreiches Geschäftsjahr 2023 zurückblicken konnte und den Gesellschaftern eine gute Dividendenausschüttung in Aussicht stellte, zeichnete der Gastredner des Abends, der ehemalige hessische Ministerpräsident und Rechtsanwalt Volker Bouffier (CDU), zumindest über weite Strecken seines Referats mit dem Titel »Quo vadis Deutschland?« ein eher düsteres Bild.
Erstaunlich eigentlich, wie er selbst verwundert feststellte, da Deutschland doch als viertgrößte Industrienation als ein starkes Land gelte, dessen Bürgerinnen und Bürgern es eigentlich weitgehend gut gehe. Und dennoch, so Bouffier, sei die Stimmung in der Gesellschaft schlecht, auch weil die Menschen mehr und mehr das Vertrauen in die Politik verlören, teilweise wohl auch schon verloren hätten. 40 Prozent der Menschen in Deutschland zweifelten daran, dass die Politik derzeit in der Lage sei, die notwendigen Entscheidungen zu treffen.
Bezeichnend für die Stimmung ist nach Ansicht Bouffiers das Wort »Krisenmodus«, das von der Gesellschaft für deutsche Sprache gerade zum Wort des Jahres 2023 gekürt wurde. Dieser Begriff beschreibt den aktuellen Zustand von Permakrisen, darunter die Konflikte in der Ukraine und im Nahen Osten, die Ausläufer der Coronapandemie, die Auswirkungen des Klimawandels, die gesamtwirtschaftliche Situation und die damit einhergehenden politischen Herausforderungen.
Viele Haltepunkte seinen brüchig geworden und ein großer Teil der Bevölkerung vermisse in dieser fordernden Situation Orientierung und Führung, so Bouffier. Das sei für die Gesellschaft sehr gefährlich. Denn wenn diese Bedürfnisse von den gewählten Volksvertretern nicht bedient würden, füllten Populisten das Vakuum aus.
»Die Folgen spürt man bereits jetzt«, sagte Bouffier. Der Diskurs werde immer schwieriger, die Bereitschaft, zuzuhören, immer seltener. Ideologische Verbohrtheit ersetze die praktische Vernunft. So gehe eines der fundamentalen Prinzipien einer funktionierenden Demokratie verloren: gemeinsam nach Lösungen zu suchen und diese auch gemeinsam zu finden.