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Rheinland-Pfalz
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Der Staat fährt die Apotheken an die Wand

Auf der jährlichen Vertreterversammlung der Landesapothekerkammer Rheinland-Pfalz fand Präsident Peter Stahl deutliche Worte in Richtung Politik. Ebenso deutlich wurde Gastreferent Oberstapotheker Dr. Bernd Klaubert zum Thema Mindset und Verteidigungsfähigkeit.
AutorKontaktJohanna Hauser
Datum 24.11.2025  15:00 Uhr

»Den Apotheken obliegt die im öffentlichen Interesse gebotene Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln,« eröffnete Stahl seinen Bericht. Mit dem ersten Satz des Apothekengesetzes werde den Apotheken eine staatliche Aufgabe übertragen, die auch mit Pflichten verbunden ist. Diesen Pflichten standen lange Zeit auch Rechte gegenüber, wie das Monopol auf die Arzneimittelpreisbindung. In den letzten Jahren seien die Pflichten jedoch immer mehr geworden.

Das einstige Gleichgewicht aus Geben und Nehmen bestehe nicht mehr, im Gegenteil, man entferne sich immer weiter davon. Ein wesentlicher, beschleunigender Schritt, war die Erlaubnis des Versandhandels mit nicht-verschreibungspflichtigen Arzneimitteln unter der damaligen Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD). Dies sei der erste ordnungspolitische Sündenfall gewesen – mit weitreichenden Folgen wie  Hüffenhardt oder Arzneimittelautomaten.

Der Staat habe in den vergangenen Jahren seine Pflichten den Apotheken gegenüber zunehmend vernachlässigt, bemängelte Stahl. Die Apotheken hingegen hätten sich immer und jederzeit für den Staat eingebracht, Stichwort Impfstoff-Verteilung in der Vogelgrippe-Pandemie, Aufgaben während Corona oder Hilfe im Ahrtal. Die Apotheker waren sich ihrer Verantwortung stets bewusst und haben sich nie weggeduckt, fasst Stahl zusammen. Der Staat hingegen habe die Apotheker in der Honorarfrage immer wieder hängen lassen. Und verkenne dabei, dass Apotheken auch Herstellungsbetrieb und als solches Teil der dringend benötigten Resilienz im Krisenfall sind. Sofern genügend Apotheken existierten.

Mit Blick auf die geplante Apothekenreform befürwortet Stahl eine Weiterentwicklung des Berufsbilds der PTA. Die Vertretung des Apothekers stelle allerdings den nächsten ordnungspolitischen Sündenfall dar. Bei der Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel gegen scheinbar banale Erkrankungen stehe er auf Seiten der Ärzte. Sinnvoll sei jedoch die Abgabe der kleinsten möglichen Packung an Stammkunden, wenn der Arzt im Urlaub sei. Der Vertretungsarzt überprüfe schließlich auch nicht die Diagnose.

Die Vorschläge müssten mit allen Beteiligten diskutiert werden. Dies brauche Zeit. Zusätzliche Aufgaben müssten zusätzlich honoriert werden, unabhängig von der Vergütung nach Arzneimittelpreisverordnung.

Stahl betonte, er glaube Gesundheitsministerin Warken (CDU), dass sie das Fixum erhöhen wolle. Sie sei jedoch nicht alleinige Entscheidungsträgerin in dieser Frage. Die Finanzlage der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sei angespannt, die Beitragsstabilität werde hier als Totschlagargument genutzt, um eine Honoraranpassung abzubügeln. Selbst wenn diese 2027 oder 2028 schließlich komme, sei es für viele Apotheken zu spät.

Der Staat müsse sich daran erinnern lassen, dass er mit der Übertragung der Arzneimittelversorgung an die Apotheken auch eine Verpflichtung eingegangen sei, unterstrich Stahl. Daher müsse der Staat seiner Verantwortung gerecht werden und könne diese nicht auf die GKV abwälzen. Ein Sockelbeitrag des Apothekenfixums müsse notfalls aus Steuermitteln aufgebracht werden. Andernfalls müsse der Staat offen sagen, dass er sich das System Apotheke nicht mehr leisten wolle.

Wirtschaftliche Stabilität ist Voraussetzung für den Erhalt der Apotheken. Die Politik sei jedoch auf bestem Wege, die Apotheken an die Wand zu fahren, schloss Stahl.

Deutschland befindet sich in hybridem Krieg

»Wenn Du Frieden willst, bereite den Krieg vor.« Mit diesem Zitat des römischen Generals Vegetius, das am Kulturzentrums der Armee in Madrid prangt, führte Oberstapotheker Klaubert, Leitender Apotheker und Inspizient Wehrpharmazie der Bundeswehr, in seinen Vortrag ein. Bei vielen Akteuren in Deutschland sei die aktuelle Situation und Bedrohungslage noch nicht angekommen. Ganz im Gegensatz zu Schweden, wo sich das Mindset seit dem NATO-Beitritt stark geändert habe. Allen Haushalten sei eine Broschüre zum Umgang mit Krisen zugegangen.

Der Operationsplan Deutschland beschreibe neben den militärischen Bestandteilen der Verteidigung auch die notwendige zivile Unterstützung der Streitkräfte. An vielen Stellen bestehe aber noch Handlungsbedarf, entfielen doch 60 bis 70 Prozent der Gesamtverteidigung auf den zivilen Sektor. Dazu zählten für Deutschland aufgrund seiner Lage das Management und die Bewältigung von Verwundeten- und Flüchtlingsströmen, Truppendurchzüge, Umwälzung von Material und Artikeln des täglichen Bedarfs.

Zur Steuerung dieser Ströme gebe es Pläne. Woran es allerdings mangele – und hier bestehe dringender Bedarf – sei ein Gesundheitslagebild, also eine zentrale Erfassung, was wo im Land vorhanden sei, wie zum Beispiel eingelagerte Blutprodukte. Grund- und Wirkstoffe müssten ohne Verfall eingelagert und Arzneimittel bei Bedarf hergestellt und arzneimittelrechtlich geprüft werden. Gleiches gelte für die Aufbereitung von Medizinprodukten. Bedarfe müssten festgelegt und die Notfallversorgung geregelt werden, ebenso Orte zur Umwälzung benötigten Materials. Dies könnten auch Apotheken sein. Sie seien erste Anlaufstellen, wenn »es mal zwickt« und hätten in der Pandemie ihre Bedeutung herausgestellt. Dezentrale Standorte erhöhten zudem die Resilienz der Versorgung im Ernstfall.

Im Kriegsfall versorge die Bundewehr die Streitkräfte und nicht den zivilen Bereich. Heimatschutzkräfte seien dann für den Schutz ziviler Einrichtungen zuständig. Manche Bundesländer zweifelten jedoch immer noch an, die Bundeswehr unterstützen zu müssen. Hier fordert Klaubert zum Umdenken auf, denn im IT- und medialen Bereich befinde sich Deutschland bereits im hybriden Krieg.

Deutschland müsse in der Lage sein, sich selbst mit Arzneimitteln zu versorgen. Eine Bevorratung für zwei Wochen sei auch ein Thema der Resilienz. Vor diesem Hintergrund sei der Versandhandel aus dem Ausland sehr skeptisch zu sehen. Auf diesen Teil der Versorgung könne man sich im Krisenfalle nicht verlassen.

Gemeinsame Übungen und Ausbildungen des militärischen und zivilen Sektors seien ebenfalls notwendig. Die zivile Pharmazie könne zudem über Schulungen und Weiterbildungen resilienter werden. Zentral seien Fragestellungen wie die Arzneimittelherstellung mit einfachen Mitteln oder ob ein Transportfahrzeug gesteuert werden könne. Hier werde die Bundeswehr auf die Apothekerkammern zugehen, bereits 2026 starte ein erstes Pilotprojekt.

Langjährige Verdienste geehrt

Zum Eintritt in den Ruhestand wurde Professor Dr. Irene Krämer für ihr Lebenswerk die Ehrennadel der Landesapothekerkammer Rheinland-Pfalz verliehen. Krämer habe die Entwicklung der Klinischen Pharmazie entscheidend geprägt. In ihrer über 30-jährigen Leitung der Apotheke der Unimedizin Mainz habe sie diese zu einem Referenzzentrum für eine moderne, patientenzentrierte Arzneimittelversorgung entwickelt, hieß es in der Laudatio. In ihrem Dankeswort fordert Krämer den Berufsstand auf, zusammen zu stehen; produktiv, innovativ und empathisch zu bleiben. 

Ebenfalls in den Ruhestand verbschiedet und mit der Ehrennadel ausgezeichnet wurde Dr. Michael Cramer, der seit 2007 das Referat »Pharmazie« im Ministerium für Wissenschaft und Gesundheit geleitet hat und sowohl Ansprechpartner als auch Brückenbauer für die Pharmazie in RLP war.

In der anschließenden Aussprache bestand Einigkeit, dass die Lage der Apotheken dramatisch sei und die Politik ihr Wort gebrochen habe. Man solle sich vor Augen führen, wer von der Zerstrittenheit der Leistungserbringer profitiere. Frei nach dem Motto divide et impera beschäftige die Politik die Apothekerschaft mit emotionalen Themen, um von anderen Dingen abzulenken. Die Delegierten mahnten eine Deckelung der GKV-Verwaltungskosten an.

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