Der Prozessoptimierer |
Alexander Müller |
28.11.2024 12:46 Uhr |
Der neue BAK-Präsident Armin Hoffmann spricht im PZ-Interview über seine Ziele. / © Martin Jehnichen/ABDA
PZ: Was ist Ihr wichtigstes Ziel für die nächsten vier Jahre?
Hoffmann: Wir müssen uns auf die gesellschaftlichen Veränderungen einstellen, die sich sicher in der nächsten Zeit noch verstärken und beschleunigen werden. Diese Veränderungen müssen wir annehmen und unseren Berufsstand, unsere Vor-Ort-Apotheken weiterentwickeln und fit für die Zukunft machen. In einer technologisierten, digitalisierten Welt sind die Prozesse schneller und volatiler geworden. Das gilt genauso für die Patienten, die immer mobiler werden. Also stehen wir vor der Frage: Wie können wir die Patientenbindungen an eine Apotheke verbessern?
PZ: Wie soll die BAK der Zukunft aussehen?
Hoffmann: Wir werden sehr viel gemeinsam machen und sind dafür heute schon sehr gut aufgestellt in den Landesapothekerkammern. Wir sind eine Arbeitsgemeinschaft, kein Verein. Also müssen wir uns gemeinsam Gedanken machen: Was ist verbindlich, was ist nicht verbindlich? Wir haben keine Zeit und keine Ressourcen mehr, alles 17 Mal in Deutschland zu entwickeln. Da müssen wir effizienter arbeiten, Modelle und Prozesse standardisieren, damit wir uns darauf konzentrieren können, die Heilberufler, die wir vertreten, voranzubringen.
PZ: Das Verhältnis der Landesapothekerkammern zu den Behörden und auch ihre Befugnisse, sind je nach Bundesland sehr unterschiedlich. Ist das ein Problem?
Hoffmann: Das kann eine Herausforderung sein, ja. Aber vielleicht ist diese Diversität auch ein Vorteil. Vielleicht gibt es dadurch Lösungen, die man vorher noch gar nicht angedacht hatte. Der Weg zur Lösung ist manchmal mit einer höheren Herausforderung einfacher.
PZ: Die Kammern werden zuweilen sogar als Gegner angesehen, wo sie für die Durchsetzung des Berufsrechts mit zuständig sind.
Hoffmann: Naja, ich würde sie jetzt nicht als Gegner bezeichnen. Die Kammern als Körperschaften des Öffentlichen Rechts erfüllen staatshoheitliche Aufgaben wie auch jeder Apotheker, und jede Apothekerin staatshoheitliche Aufgaben erfüllt. Durch das Recht, uns als freier Beruf selbst zu verwalten, haben wir viele Vorteile: Welcher Beruf kann sich eigene Regularien setzen, sich ein eigenes Versorgungswerk leisten, sich einen eigenen Haushalt geben? Und durch die Nähe der Kammern zu den einzelnen Apothekerinnen und Apothekern lassen sich pragmatische Wege finde, die man bei einer komplett staatlichen Behörde vielleicht nicht hätte.
PZ: Welchen Stellenwert nimmt Aus-, Fort- und Weiterbildung für Sie ein, gerade bezogen auf die öffentliche Apotheke?
Hoffmann: Für mich gilt das Prinzip des lebenslangen Lernens. Dazu gehört einfach Fort- und Weiterbildung – nach einer möglichst guten Ausbildung. Arzneimittel werden komplexer, das ganze Gesundheitssystem wird komplexer. Da müssen wir unsere Kolleginnen und Kollegen mit ihren Teams einfach fit machen. Auch hier ist es gut, dass wir das selbst gestalten können.
PZ: Apothekerinnen und Apotheker müssen sich fortzubilden, haben aber keine Fortbildungspflicht. Wären sie dafür?
Hoffmann: Ich bin für einen offenen Dialog und möchte das nicht komplett ausschließen. Im Vergleich zu anderen Heilberufen wäre es sicher besser, wenn wir in Richtung einer regulierteren Fortbildung gehen würden. Wir haben heute wenig Erfolgskontrolle bei Fort- und Weiterbildung. Da könnte man schon mal einen ersten Schritt machen – und dann ist der nächste Schritt zu einer Fortbildungspflicht vielleicht gar nicht mehr so weit…
PZ: Zum ersten Mal steht ein »Industrieapotheker« an der Spitze der BAK, was bedeutet das für die Organisation?
Hoffmann: Also für die Organisation selbst nicht viel, allerdings denke ich schon, dass ich den einen oder anderen Prozess anders betrachten werde, mit dem Wissen aus größeren Unternehmen. Und ich kann vielleicht objektiver darauf schauen, weil ich selbst als Kunde in die Apotheke gehen. Das kann dabei helfen, den Patienten mehr in den Fokus zu nehmen.
PZ: Gab es dennoch Vorbehalte aus den Reihen der Apothekerkammern?
Hoffmann: Vorbehalte nicht, aber ich musste an der einen oder anderen Stelle etwas Überzeugungsarbeit leisten. In der Kammer Nordrhein habe ich in fünf Jahre anscheinend so gute Arbeit geleistet, dass ich auch als Industrieapotheker wiedergewählt wurde, mit einem sehr hohen Stimmenanteil. Und in vielen Gesprächen mit Präsidentinnen und Präsidenten der anderen Kammern kam tatsächlich öfter das Argument, dass mein Prozess-Know-How wirklich ein Vorteil sein kann.
Hoffmann: Wir müssen diese beiden Säulen – DAV und BAK – unter dem Schirm der ABDA einfach besser nutzen, um Forderungen an die Politik besser zu kommunizieren. Vielleicht erreichen wir mehr, wenn wir auf diverse Stakeholder, Politiker, andere Heilberufe und Kostenträger, unterschiedlich zugehen. Weil wir die Themen aus unterschiedlicher Perspektive betrachten können.
PZ: Das heißt, Sie möchten die BAK stärker einbringen in tagespolitische Debatten?
Hoffmann: Also nicht stärker als die ABDA und der DAV, aber stärker als bisher im Verhältnis der drei.
PZ: Die BAK-Spitze ist deutlich verjüngt. Ist Erfahrung in so einem Gremium nicht so wichtig?
Hoffmann: Mit Hannes Müller und mir sind noch zwei Kollegen im Vorstand, die schon vier Jahre im Geschäftsführenden Vorstand waren. Aber ich bin gerade sehr froh, dass wir diese Verjüngung vollzogen haben. Denn es zahlt auf das ein, was wir schon besprochen haben: Beweglichkeit in sich schnell verändernden Zeiten. Die nächsten zwei bis vier Jahre werden absolut relevant sein, um unseren Beruf zu positionieren. Jetzt sind jugendlicher Elan und Flexibilität gefordert. Da muss die Erfahrung wahrscheinlich an der einen oder anderen Stelle mal zurücktreten.