| Theo Dingermann |
| 13.01.2020 09:12 Uhr |
Von wegen 37 °C! Die durchschnittliche Körpertemperatur liegt mittlerweile bei 36,6 °C – zumindest in den USA. / Foto: Getty Images/Andrey Popov
Ihre Schlussfolgerung leiten die Autoren aus der Analyse dreier Datensätze ab. Der erste enthält Informationen von 23.710 Veteranen der Unionsstaaten während des amerikanischen Bürgerkriegs. Unter anderem sind dort auch Körpertemperaturen dokumentiert, die zwischen 1860 und 1940 gemessen wurden. »Tatsächlich war es nicht so einfach, eine Datenquelle für Körpertemperaturen aus dieser frühen Zeit zu finden«, merkt Parsonnet an. Die anderen Datensätze stammen aus der Zeit von 1971 bis 1975 und von 2007 bis 2017. Insgesamt analysierte das Team 677.423 Körpertemperatur-Messungen.
Das Ergebnis war überraschend konsistent: Im Durchschnitt sank die Körpertemperatur der Amerikaner um 0,03 °C pro Jahrzehnt. Bei Männern, die während des frühen 19. Jahrhunderts geboren wurden, lagen die durchschnittlichen Körpertemperaturen um 0,59 °C höher als bei den heute lebenden Amerikanern. Für Frauen reichen die Daten nicht so weit zurück. Aber auch für die Amerikanerinnen kann dieser negative Trend hinsichtlich der Körpertemperatur festgestellt werden: Seit den 1890er-Jahren sank die Körpertemperatur um 0,32 °C.
Heute liegt die durchschnittliche Körpertemperatur bei etwa 36,6 °C und nicht, wie allgemein angenommen, bei 37 °C.
Natürlich kann man einwenden, dass die Unterschiede in der Körpertemperatur zwischen damals und heute auf eine Ungenauigkeit der damaligen Thermometer zurückgeführt werden könnten. Dem widersprechen jedoch die Autoren. Sie argumentieren, dass der Abkühlungstrend ganz klar auch in den beiden Datensätzen aus der jüngeren Zeit sichtbar ist, wo die Temperaturen sicherlich mit moderneren Thermometern gemessen wurden. Ferner zeigen die Daten, dass ältere Menschen höhere Körpertemperaturen aufweisen als jüngere. Dies war in allen drei Datenbanken offensichtlich. Wären die alten Messungen ungenauer gewesen als die jüngeren, hätten die Autoren deutlichere Unterschiede in den Messdaten erwartet. Das war jedoch nicht der Fall, sodass die Qualität der unterschiedlichen Thermometer den beobachteten Temperaturtrend nicht erklären kann.