Der Mann, der Männlichkeit neu definierte |
Jennifer Evans |
01.07.2025 11:30 Uhr |
Frauen und Männer in Szene gesetzt: Der Fotograf Rico Puhlmann bewirkte mit seinen Outdoor-Aufnahmen einen Umbruch in der Modefotografie und gilt als einer der Wegbereiter des »American Look« in Europa, also sportlich-lässiger Mode. / © Rico Puhlmann Archive
Der Berliner Fotograf Rico Puhlmann revolutionierte nicht nur die Modefotografie in Deutschland, Europa und den USA, sondern trug bereits in den 1980er-Jahren zu einem neuen Männerbild bei, das heute als Metrosexualität bekannt ist.
Rund 400 Werke aus 40 Jahren Schaffenszeit präsentiert derzeit das Museum für Fotografie in Berlin, die erste museale Gesamtschau in Europa. Puhlmanns Werk gilt nicht nur als ein Zeugnis der Fotografie-Geschichte, sondern auch als eines der Mode-, Presse- und Kulturgeschichte.
Weniger bekannt ist Puhlmanns Einfluss auf eine Trendwende im Männerbild. Das hob die Kuratorin Dr. Britta Bommert, Leiterin der Sammlung Modebild der Kunstbibliothek, bei der Pressekonferenz in Berlin hervor. Zu Beginn der 1980er-Jahre arbeitete Puhlmann unter anderem für das Männermagazin Gentlemen’s Quarterly (GQ). In seinen Fotografien habe er moderne Männer gezeigt, die Wert auf Mode, Styling und Körperpflege legten.
Das neue Selbstverständnis, das die Männer-Modelle in seinen Werken verkörperten, beschrieb der Journalist Mark Simpson erst 1994 mit dem Wort metrosexuell – eine Zusammensetzung aus »metropolitan« und »Sexualität«. Erst ein weiteres Jahrzehnt später setzte sich diese emanzipierte Männlichkeit durch. Puhlmann definierte sie jedoch bereits in seinen Fotografien um 1980 – sowohl in seinen Auftragsarbeiten als auch in seinen Männerakten in Schwarz-Weiß, die er ohne Auftrag anfertigte.
Bis 1970 arbeitete Puhlmann in Berlin. Dort hatte er den wiederbelebten sogenannten Berliner Chic als Illustrator und Fotograf begleitet. Ein Stil, der sich durch urbane und unaufgeregte Mode auszeichnete, die gern mit dem Glamour brach.
Ab 1970 wagte er dann den Neustart in New York, der Welthauptstadt der Fotografie und Modepublizistik. Auch dort hatte er schnell Erfolg. Man schätzte seine Perfektion, Verlässlichkeit, seinen Optimismus und sein Stilbewusstsein, so Bommert. Hauptsächlich standen weibliche Modelle vor seiner Linse, die er für Zeitschriften wie »Brigitte«, »Petra«, »Constanze«, »Vogue«, »Harper’s Bazaar« oder »Glamour« knipste. Parallel drehte er Filme für das »Modejournal«, produziert vom Sender Freies Berlin (SFB). Puhlmann gilt als einer der Wegbereiter des »American Look« in Europa, also sportlich-lässiger, aber raffinierter Mode.
Sein künstlerischer Stil war unverkennbar: Die Modelle präsentierten die Mode meist vor Stadt- oder Naturszenen – Hauptsache outdoor. Ziel war es, die Mode in einen Kontext zu stellen und raus aus dem Studio zu holen. Der Fotograf setzte dabei auf Natürlichkeit, Bewegung, Spontanität sowie zwischenmenschliche Nähe. Entsprechend liefen die Damen, sprangen und lachten in den Bildern. Die Motive sollten nie steif oder die Szenen aufgesetzt wirken. »Mode muss Spaß machen«, kommentierte Puhlmann einmal. Der deutschen Mode-Szene war eine solche jugendliche Lebenslust seinerzeit fremd. Kein Wunder, dass Puhlmann auch zum Wandel hin zu einem selbstbewussteren Frauentyp beitrug.
Die Ausstellung »Rico Puhlmann. Fashion Photography 50s - 90s« ist noch bis zum 15. Februar 2026 im Museum für Fotografie in Berlin zu sehen.