Der Lieferengpass beim Skonto-Gesetz |
| Alexander Müller |
| 16.10.2024 23:20 Uhr |
BMG-Abteilungsleiter Thomas Müller sprach beim Parlamentarischen Abend des Phagro über Lieferengpässe und die geplante Skonto-Regelung. / © privat
Als »herausfordernd« beschrieb der Phagro-Vorsitzende Marcus Freitag die Lage der Großhändler, wobei er drei wesentlichen Themen ausmachte: »Die Lieferengpässe, eine unterfinanzierte Infrastruktur in der Arzneimittelversorgung und neue Entwicklungen und Player im Arzneimittelmarkt.«
Mit letzteren meinte der Phoenix-Deutschlandchef unter anderem die Versender. Er kritisierte »ungleiche Wettbewerbsbedingungen, wenn es um die Qualitätssicherung und damit um die Patientensicherheit geht«. Großhandel, Apotheken und Industrie betrieben einen enormen Aufwand, um die Lager- und Transportbedingungen von Arzneimitteln einzuhalten. »Ausländische Versender und deren Paketdienstleister kümmert das beim Transport überhaupt nicht. Und sie werden 0,0 kontrolliert. Das muss sich aus unserer Sicht dringend ändern«, so Freitag.
Alleinstellungsmerkmal des vollversorgenden Pharmagroßhandel sei die Sicherstellung der Arzneimittelversorgung, in der Regel noch am selben Tag. »Aber dieses hohe Leistungsniveau steht auf im Spiel, wenn bei stetig steigenden Kosten die gesetzliche Großhandelsvergütung, wie jetzt im Apothekenreformgesetz geplant, untergraben wird, Stichwort Skonto«, so Freitag.
Doch Thomas Müller, der im BMG für Arzneimittel zuständige Abteilungsleiter, stellte in seinem Grußwort klar: »Der Minister hat klar erkannt und auch entschieden, dass das Urteil des Bundesgerichtshofs eine gesetzliche Änderung notwendig macht.« Im Referentenentwurf zum ApoRG stehe »ein erster Vorschlag«. Die Position des Phagro habe man verstanden und werde »das auch in einer oder anderen Form berücksichtigen«, versprach Müller.
Aber die Apothekerreform sei ja ohnehin derzeit noch in der Abstimmung, »also sie stockt«, so Müller. Wann und wie es damit weitergeht, konnte der Abteilungsleiter auch nicht sagen. Das Thema wird gerade auf Leitungsebene besprochen.
Müller betonte aber auch, dass die flächendeckende Arzneimittelversorgung ein ganz wichtiges Ziel für das BMG sei – »und ich kenne auch keine Partei, die das anders sieht«. Die Großhändler seien »das Rückgrat der Arzneimittelversorgung«. Ihre unverzichtbare Rolle sei der Politik in der Pandemie sehr klar geworden. Mehr als eine Million Impfdosen an einem einzelnen Tag hätten die Großhändler ausgeliefert, im Dezember 2021 insgesamt 45 Millionen. Dem Phagro sei in dieser Phase die Gratwanderung zwischen Kartellrecht und Durchschlagskraft als Verband gut gelungen. Die positive Wahrnehmung im BMG bleibe darüber hinaus bestehen.
So sieht Müller bei der Bewältigung der Lieferengpässe im Phagro einen verlässlichen Ansprechpartner, schon wegen der Datenlieferungen. »Das ist ein ganz wichtiger Punkt, auch für meinen Kollegen Karl Broich.« (Der Präsident des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), welches über die aktuelle Lage bei den Engpässen zentral informiert, Anm. d. Red.)
Dass das Engpass-Problem auch mit dem Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz (ALBVVG) nicht gelöst ist, musste auch die SPD-Bundestagesabgeordnete Martina Stamm-Fibich einräumen. Bedauerlich seien die immer noch bestehenden Informationsdefizite. Da sei noch Luft nach oben und die Politik gefordert, so die Gesundheitspolitikerin.
Der Großhandel habe mit der Einführung des »Service Level Indikators« aber eine wichtige Frühwarnfunktion im Kampf gegen die Lieferengpässe eingeführt. Seit Ende 2023 erfolgen diese Berichte wöchentlich, wovon das BfArM profitiere. Stamm-Fibich hätte trotzdem am liebsten dänische Verhältnisse. Bei den nördlichen Nachbarn sei zu jeder Zeit nachvollziehbar, in welchem Krankenhaus und in welcher Apotheke die Arzneimittel liegen. Hierzulande sei mit dem ALBVVG ein erster Schritt gemacht, aber das sei »mit Sicherheit noch nicht der Weisheit letzter Schluss«, so die SPD-Politikerin.
Tino Sorge (CDU), gesundheitspolitischer Sprecher der Union, würde sich wünschen, dass Probleme wie die Lieferengpässe im laufenden Prozess angegangen würden. Die Großhändler hätten hier kreative Ansätze vorgelegt, aber die derzeitige Regierung wolle alles umfassend regeln, statt sich auf einen iterativen Prozess einzulassen, bei dem nachjustiert wird.
Auch beim Thema Skonto hätte sich Sorge eine schnellere Reaktion des Gesetzgebers gewünscht. Eine entsprechende Klarstellung sei jederzeit im Omnibusverfahren über ein anderes Gesetz möglich. »Das Skonto-Urteil könnten wir ganz leicht herausgreifen aus dem Apothekenreformgesetz«, so Sorge. Und er machte Andeutung, dass die Kollegin in der SPD-Fraktion das auch so sehe, damit aber nicht vorpreschen dürfe.
Phagro-Chef Freitag lobte abschließend den Austausch mit dem BMG als grundsätzlich gut – doch am Ende komme es nicht immer zu einer Entscheidung. »Wir würden uns alle wünschen, dass Dinge entschieden werden, denn für alle Unternehmen ist Planungssicherheit ein wichtiges Thema«, so Freitag.