Der große Pharmaplan aus Brüssel |
Jennifer Evans |
24.09.2024 12:00 Uhr |
Die künftige Wettbewerbsfähigkeit der EU hängt auch von der Pharmaindustrie ab. / Foto: Adobe Stock/splitov27
Genauso wie hierzulande gehört das Thema Gesundheit auch in der EU zu den eher unbeliebten Aufgaben der Parlamentarier. Da die EU-Kommissionpräsidentin Ursula von der Leyen aber in puncto Gesundheitsversorgung viel vorhat, wartet auf den neuen Gesundheitskommissar eine Menge Arbeit. Die Rolle soll Olivér Várhelyi übernehmen. Allerdings steht die Zustimmung des Parlaments noch aus und wird voraussichtlich erst im November oder Dezember erfolgen.
Auf von der Leyens Agenda stehen unter anderem Arzneimittelengpässe, Prävention, Widerstandsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit der Gesundheitsversorgung sowie ein Aktionsplan zur Cybersicherheit von Krankenhäusern und Gesundheitsdienstleistern. Zu ihren Zielen für die nächste Amtsperiode zählt ebenfalls, das sogenannte EU-Pharmapaket abzuschließen.
Mario Draghi, ehemaliger Präsident der Europäischen Zentralbank sowie einstiger italienischer Regierungschef, hatte die anstehenden Vorhaben und Aufgaben kürzlich in einem 400-Seiten-Dokument präsentiert. In seinem Bericht plädiert er für einen Kurswechsel für die gesamte europäische Wirtschaft – auch für den Pharmasektor. Die Erhaltung der europäischen Lebensweise hängt in seinen Augen von der Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit ab und dies erfordert eine engere Zusammenarbeit und Integration zwischen den europäischen Nationen, wie er betonte.
Um die Produktivität europäischer Pharmaunternehmen zu erhöhen, müsse Europa mehr in Forschung und Innovation investieren, die Zulassungszeiten für neue Medikamente verkürzen sowie den Zugang und die Nutzung von Gesundheitsdaten vereinfachen, wie Draghi bei der Präsentation seines Berichts vor dem Plenum sagte. Dazu muss seiner Ansicht nach Künstliche Intelligenz zum Einsatz kommen. Die Rede ist davon, KI-Algorithmen in Arzneimittelabgabesysteme zu integrieren, um Echtzeitdaten besser verarbeiten zu können.
In seinem Bericht hebt er ebenfalls die Bedeutung einer schnellen Vernetzung der EU-Gesundheitssysteme hervor, sprich die Umsetzung des sogenannten European Health Data Space (EHDS), dem Europäischen Gesundheitsdatenraum. Für die Nutzung und Analyse der klinischen Daten sollte die EU allerdings Leitlinien vorgeben.
Zudem gelte es, klinische Studien besser zu koordinieren, den Marktzugang für neuartige Medikamente zu beschleunigen sowie Kenntnisse aus der Praxis zu nutzen. Auch für diesen Bereich sollte es seiner Ansicht nach EU-weit harmonisierte Regeln geben, um besser behördenübergreifend arbeiten zu können. Dabei ist von gemeinsamer Preisgestaltung, Kostenerstattung und Beschaffung die Rede. Ab 2025 sollen dann gemäß Health Technology Assessment-Verordnung gemeinsame klinische Bewertungen stattfinden. Langfristig rät Draghi außerdem zu einer EU-Agentur für klinische Studien.