Der Blick auf die Erwachsenen |
Dank besserer medizinischer Versorgung, Betreuung und Förderung werden Menschen mit Down-Syndrom heute deutlich älter und können selbstbestimmter leben. / © Shutterstock/muroPhotographer
Das Down-Syndrom wird oft mit Kindern assoziiert, doch dank verbesserter medizinischer Versorgung steigt die Lebenserwartung der Betroffenen. Viele werden heute über 60 Jahre, einige auch bis zu 80 Jahre alt. Während die medizinische Versorgung im Kindesalter gut etabliert ist, mangelt es oft noch an Konzepten für erwachsene Patienten (1).
Die besondere gesundheitliche Situation beim Down-Syndrom geht auf eine genetische Anomalie zurück. Bei Trisomie 21 liegen das gesamte Chromosom 21 oder Teile davon nicht zweifach, sondern dreifach vor. Aus diesem Grund wird der Welt-Down-Syndrom-Tag jährlich am 21.3. begangen. Es sind meist Gene betroffen, die für die Gehirnentwicklung, das Immunsystem und den Stoffwechsel eine Rolle spielen. Die 150-prozentige Gendosis kann für einige Krankheiten und abnormale Organentwicklungen anfällig machen. In der frühen Kindheit fallen häufig angeborene Herzfehler auf, wohingegen im Erwachsenenalter Herausforderungen wie das erhöhte Demenzrisiko in den Vordergrund treten (2) (Tabelle 1).
Regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen, eine frühzeitige Diagnose von Begleiterkrankungen und eine angepasste Lebensführung können dazu beitragen, die Lebensqualität und Selbstständigkeit so lange wie möglich zu erhalten. Dabei kann das Apothekenteam eine wichtige Rolle spielen.
Zum respektvollen Umgang gehört eine angemessene und inklusive Wortwahl. »Menschen mit Down-Syndrom« rückt den Menschen in den Vordergrund und macht die genetische Besonderheit zu einer Eigenschaft, nicht zur Definition der Person. Die Formulierung entspricht den Prinzipien der »People-first-Language«, die betont, dass eine Person nicht auf eine Diagnose reduziert wird. »Menschen mit Trisomie 21« ist die neutralere, medizinische Bezeichnung und betont den genetischen Hintergrund. Von Formulierungen wie »Down-Syndrom-Betroffene« oder »Downie« wird abgeraten, da sie die Besonderheit stärker in den Fokus rücken als den Menschen selbst und als unangemessen oder diskriminierend empfunden werden können (3).
Organsystem | Erhöhtes Risiko für | Hinweise |
---|---|---|
Herz-Kreislauf-System | Herzfehler, Herzklappen-Erkrankungen | häufig bei Geburt vorhanden, oft chirurgische Korrektur nötig, regelmäßige Herzuntersuchung (EKG, ggf. Echokardiografie) |
endokrines System | Hypothyreose, Diabetes mellitus | regelmäßige Schilddrüsen- und Blutzuckerkontrollen |
Magen-Darm-Trakt | Zöliakie, Fehlbildungen des Darms, gastroösophagealer Reflux | Zöliakie-Testung, Ernährungsanpassung bei Reflux oder Darmproblemen, regelmäßige Blutuntersuchungen auf Mängel, unter anderem Eisen- und Vitaminstatus (B12, D, Folsäure) |
Gehirn und Nerven | Epilepsie, erhöhtes Risiko für Demenz ab dem mittleren Erwachsenenalter | bei Auffälligkeiten neuropsychologische Untersuchungen, frühzeitige Demenztestung |
HNO und Augen | Hörverlust, chronische Mittelohrentzündung, Katarakt, Glaukom, Strabismus | regelmäßige HNO- und Augenuntersuchungen |
Knochen und Gelenke | Instabilität der Halswirbelsäule (atlanto-axiale Instabilität), Skoliose, Arthrose, erhöhtes Osteoporose-Risiko bei geringer Mobilität | besondere Vorsicht bei Sportarten mit Sturzrisiko, DXA-Messung zur Überprüfung der Knochendichte |
Immunsystem | erhöhte Infektanfälligkeit, Autoimmunerkrankungen | Impfungen und Infektprophylaxe besonders wichtig |
Psyche und Verhalten | Depression, Angststörungen, herausforderndes Verhalten | psychologische Betreuung und strukturierte Tagesabläufe hilfreich |
Menschen mit Down-Syndrom altern biologisch schneller als die Allgemeinbevölkerung. Äußerlich zeigt sich das daran, dass die Haut schneller an Elastizität verliert und Falten entstehen sowie die Haare schneller ausgehen. Haarausfall kann auch auf die beim Down-Syndrom häufiger auftretende Autoimmunkrankheit Alopecia areata (kreisrunder Haarausfall) zurückgehen. Ob Haut oder Haare: Es handelt es sich vorrangig um optische Veränderungen, die psychisch stark belasten können, aber nicht lebensbedrohlich sind oder die Funktionalität im Alltag einschränken.
Anders sieht es aus bei Prozessen, die zu frühzeitiger Demenz schon ab dem 40. Lebensjahr, Augenerkrankungen wie dem Grauen Star (Katarakt) bereits ab dem dritten Lebensjahrzehnt oder Hörverlust durch degenerative Veränderungen im Mittelohr führen. Vermehrt treten auch orthopädische Probleme wie Arthrose in der Hüfte und im Knie auf (4–6) (Tabelle).
Wie das zusätzliche Chromosom 21 dazu führt, dass diese Krankheiten früher als gewöhnlich auftreten, ist nicht immer bekannt. Bei der Alzheimer-Demenz liegt es vermutlich daran, dass auf diesem Chromosom das Amyloid-Vorläuferprotein (APP) codiert wird, das mit der Entstehung dieser Demenzform in Verbindung gebracht wird. Durch die dreifache Kopie des Gens lagert sich früh verstärkt β-Amyloid ab. Fast alle Menschen mit Down-Syndrom entwickeln bereits im mittleren Lebensalter die typischen hirnstrukturellen Veränderungen der Alzheimer-Krankheit, darunter Amyloid-Plaques und Tau-Fibrillen. Im Alter über 65 Jahre liegt die Prävalenz der Alzheimer-Krankheit zwischen 88 und 100 Prozent. Das ist deutlich mehr als in der Allgemeinbevölkerung.
Erste Symptome wie zunehmende Vergesslichkeit oder Orientierungslosigkeit können unerkannt bleiben, wenn Bezugspersonen Alltagstätigkeiten übernehmen. Dann zeigt sich die Krankheit möglicherweise erst durch Verhaltens- oder Persönlichkeitsveränderungen. Zu beachten ist, dass gängige kognitive Alzheimer-Tests für diese Patientengruppe ungeeignet sein können (7, 8).
Die Alzheimer-Demenz ist eine der häufigsten Todesursachen bei Menschen mit Trisomie 21. Die Therapie orientiert sich an den allgemeinen Leitlinien zur Behandlung der Alzheimer-Demenz. Acetylcholinesterase-Hemmer wie Donepezil können die kognitive Funktion stabilisieren, scheinen aber vermehrt Nebenwirkungen auszulösen. Memantin hat Studien zufolge zumindest bei jungen Patienten keine signifikante Wirkung auf die kognitiven Fähigkeiten.
Insgesamt ist die Datenlage für diese Patientengruppe sehr begrenzt. Unterstützende Maßnahmen wie Ergotherapie und strukturierte Tagesabläufe sind entsprechend wichtig (9).
Bei Trisomie 21 liegen das gesamte Chromosom 21 oder Teile davon nicht zweifach, sondern dreifach vor. / © Shutterstock/Dee-sign
Auch endokrinologisch gibt es Auffälligkeiten. Untersuchungen bestätigen einen Zusammenhang zwischen Trisomie 21 und der Disposition für Funktionsstörungen der Schilddrüsenhormonachse. Meistens äußert sich das als Hypothyreose mit Symptomen wie Müdigkeit, Gewichtszunahme und depressiven Verstimmungen. Die Dysfunktion kann angeboren sein oder entwickelt sich in der Kindheit (10, 11).
Regelmäßige Schilddrüsenkontrollen tragen dazu bei, die Störung möglichst früh zu erkennen und zu behandeln. Eine unbehandelte Hypothyreose kann das Alzheimer-Risiko erhöhen. Die Therapie erfolgt mit L-Thyroxin in einer individuell angepassten Dosierung.
Angeborene Herzfehler sind bei Menschen mit Down-Syndrom häufig und erfordern oft chirurgische Eingriffe im frühen Kindesalter. Später können sich Adipositas und Typ-2-Diabetes entwickeln. Zur Therapie des Diabetes kommen bevorzugt Metformin und GLP-1-Analoga zum Einsatz, da diese Substanzen kaum Hypoglykämien auslösen und zusätzlich das Körpergewicht positiv beeinflussen können. Das ist besonders bei adipösen Patienten von Vorteil (11).
Die geschlechtliche Entwicklung läuft größtenteils normal, allerdings mit einigen Auffälligkeiten. Frauen mit Down-Syndrom haben trotz meist normaler Eierstockfunktion vermutlich eine verringerte Fruchtbarkeit. Schwangerschaften sind jedoch in der Regel möglich. Männer sind nicht impotent, gelten aber nach aktuellem Wissensstand nahezu immer als unfruchtbar (12).
Viele Menschen mit Down-Syndrom sind heute berufstätig. / © Shutterstock/Pressmaster
Bei Frauen setzt die Menopause im Durchschnitt etwa sechs Jahre früher ein als in der Allgemeinbevölkerung, also mit einem Durchschnittsalter von 45 statt 51 Jahren. Studien deuten darauf hin, dass ein früheres Einsetzen der Menopause mit einem erhöhten Risiko für die Alzheimer-Krankheit in Verbindung stehen könnte. Ein niedriger Spiegel an bioverfügbarem Estradiol nach der Menopause wird bei Frauen mit Down-Syndrom mit einem früheren Beginn und einem insgesamt höheren Risiko für Demenz assoziiert. Genetische Variationen in Genen, die mit der Estrogensynthese und der Estrogenrezeptor-Aktivität zusammenhängen, stehen ebenfalls in Zusammenhang mit dem Erkrankungsalter und der kumulativen Demenzinzidenz. Sie könnten möglicherweise als Biomarker für das Demenzrisiko dienen. Belastbare klinische Studien zum Nutzen einer Estrogen- oder Hormonersatztherapie speziell bei diesen Frauen gibt es derzeit nicht (1, 13).
Männer entwickeln die für das Syndrom typische Alzheimer-Demenz häufig früher als Frauen.
Menschen mit Down-Syndrom haben auch eine Disposition für einige Erkrankungen im Magen-Darm-Bereich. Sie leiden zum Beispiel häufiger an einer Zöliakie als die Allgemeinbevölkerung. Die Glutenunverträglichkeit kann zu Verdauungsproblemen und Mangelerscheinungen führen.
Refluxkrankheit und Obstipation sind ebenfalls verbreitet und können mit bewährten Arzneimitteln wie Protonenpumpenhemmern respektive Laxanzien behandelt werden. Schluckstörungen können das Aspirationsrisiko erhöhen und die orale Medikamenteneinnahme erschweren. Oft helfen logopädische Maßnahmen (14).
Zu den möglichen Veränderungen im Muskel- und Gelenksystem zählt die Arthrose, die vermehrt in den Hüftgelenken auftritt. Eine atlanto-axiale Instabilität, also eine Instabilität zwischen erstem und zweitem Halswirbel, kann neurologische Symptome verursachen und sollte bei plötzlichen Bewegungseinschränkungen oder Schmerzen abgeklärt werden (15).
Zudem ist das Risiko für einige psychische Erkrankungen wie depressive Episoden, Angststörungen oder Zwangsverhalten erhöht. Bei der Diagnose ist sicherzustellen, dass die Symptome nicht Anzeichen einer beginnenden Demenz sind.
Zur Behandlung kommen auch Medikamente zum Einsatz. Bei Depressionen sind zum Beispiel selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) eine Option, wenn die Patienten darauf ansprechen. In einer kleinen retrospektiven Studie zeigten jedoch einige Patienten Anzeichen einer Verhaltensaktivierung und vereinzelt trat eine Manie auf (16, 17).
Menschen mit Down-Syndrom sind nicht grundsätzlich traurig oder verstimmt veranlagt. Eher das Gegenteil trifft zu. Sie sind oft freundlich, aufgeschlossen und kontaktfreudig und haben viel Fantasie. Mit ihrer humorvollen Art können sie ihr Umfeld zum Lachen bringt.
Auch ist durch das Down-Syndrom nicht das Risiko für alle Krankheiten erhöht. Die Patienten erkranken unter anderem deutlich seltener an soliden Tumoren, Bluthochdruck und Arteriosklerose als die Allgemeinbevölkerung (18, 19) – eine schlüssige Erklärung gibt es dafür noch nicht.
Auch für die Arzneimitteltherapie können einige Veränderungen relevant sein, weil sie die Pharmakokinetik und Pharmakodynamik von Arzneimitteln beeinflussen.
Für die Pharmakokinetik von Arzneistoffen ist grundsätzlich zu bedenken, dass Patienten mit Trisomie 21 häufiger adipös sind als die Allgemeinbevölkerung und übermäßiges Fettgewebe die Verteilung lipophiler und hydrophiler Wirkstoffe beeinflussen kann.
Störungen und organische Fehlbildungen im Magen-Darm-Trakt können die Resorption verändern. Die Gene von Leberenzymen, die für den Abbau vieler Arzneistoffe wichtig sind, sind auf verschiedenen Chromosomen lokalisiert. Ob die Trisomie 21 einen klinisch relevanten Einfluss auf die Elimination von Arzneistoffen hat, ist noch nicht ausreichend erforscht (20).
In der Pharmakodynamik gibt es Hinweise auf veränderte Dosis-Wirkungs-Beziehungen mit erhöhtem oder verringertem Ansprechen oder verändertem Nebenwirkungsrisiko. Beispielsweise wurde bei der Behandlung von akuter myeloischer Leukämie festgestellt, dass Leukämiezellen von Patienten mit Trisomie 21 eine unterschiedliche Empfindlichkeit gegenüber bestimmten Chemotherapeutika aufweisen. So führte die Erhöhung der Dosisintensität von Anthrazyklinen auf das für andere Patienten übliche Maß bei Menschen mit Trisomie 21 zu übermäßigen Todesfällen in Studien, hauptsächlich infolge von Infektionen und Herzfunktionsstörungen. Das könnte auf einen erhöhten Metabolismus von Anthrazyklinen zu kardiotoxischen Metaboliten zurückgehen. Andererseits wurde gezeigt, dass beim Down-Syndrom myeloische Blastenzellen ex vivo eine erhöhte Empfindlichkeit gegenüber Cytarabin und Daunorubicin aufweisen.
Die optimale Behandlungsintensität zu ermitteln, ist eine Herausforderung, da die Therapie ausreichend kurativ sein soll und zugleich behandlungsbedingte Morbidität und Mortalität minimiert werden sollen (20, 21).
Menschen mit Down-Syndrom und akuter lymphatischer Leukämie haben auch ein erhöhtes Risiko für schwere Nebenwirkungen unter hoch dosiertem Methotrexat (MTX). Eine seit 2004 empfohlene Dosisreduktion konnte die Toxizität signifikant senken, ohne das Rückfallrisiko zu erhöhen. Die Unterschiede in den MTX-Plasmaspiegeln konnten die erhöhte Toxizität aber nicht vollständig erklären. Möglicherweise liegt eine erhöhte intrazelluläre Verteilung bei Trisomie 21 vor (20, 22).
Beim Narkosemittel Sevofluran warnen die pharmazeutischen Unternehmer in der Fachinformation, dass bei Kindern mit Down-Syndrom während und nach einer Narkoseeinleitung eine signifikant erhöhte Prävalenz und Ausprägung von Bradykardien besteht (23).
Auch bei Augentropfen mit Atropin wird zur Vorsicht gemahnt. In der Fachinformation heißt es, dass Menschen mit Down-Syndrom besonders empfindlich auf den Wirkstoff reagieren; schon bei niedrigen Dosen können eine starke Mydriasis und ausgeprägte Tachykardie auftreten (26). Allerdings sind die zugrunde liegenden Studien recht alt und basieren auf wenigen Behandlungsfällen. Daher ist unklar, wie relevant die proklamierte Empfindlichkeit für die Praxis ist (27).
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In Deutschland regelt das Betreuungsrecht die rechtliche Betreuung von volljährigen Personen, die sich wegen Krankheit oder einer Behinderung nicht eigenständig um ihre Angelegenheiten kümmern können (29–31).
Einen rechtlichen Betreuer beizustellen, ist Aufgabe des Betreuungsgerichts. Das Verfahren kann auf Antrag der betroffenen Person oder von Amts wegen eingeleitet werden, beispielsweise durch Hinweise von Angehörigen. Die Betreuung bezieht sich auf bestimmte Bereiche wie Gesundheit, Finanzen oder Wohnen und muss die Selbstbestimmung und Autonomie der betreuten Person so weit wie möglich wahren. Grundsätzlich bleiben die betreuten Personen auch handlungs- und geschäftsfähig.
Die ehrenamtliche Betreuung, vor allem durch Familienangehörige, wird in der Regel bevorzugt. Alternativ kann ein Berufsbetreuer, etwa ein Sozialpädagoge oder Rechtsanwalt, bestellt werden.
Für Eltern von Kindern mit Down-Syndrom ist es empfehlenswert, sich frühzeitig mit dem Thema rechtliche Betreuung auseinanderzusetzen, um einen nahtlosen Übergang von der elterlichen Sorge zur rechtlichen Betreuung sicherzustellen. Unterstützung und Beratung bieten verschiedene Organisationen, wie die Bundesvereinigung Lebenshilfe oder der Arbeitskreis Down-Syndrom Deutschland. Weitere Informationen gibt es in der Broschüre »Ratgeber zum Betreuungsrecht« vom Bundesverband für körper- und mehrfachbehinderte Menschen (bvkm).
Für die Beratung in der Apotheke ist besonders relevant, dass auch einige nicht rezeptpflichtige Arzneimittel problematisch sein können.
Bei Paracetamol besteht ein erhöhtes Risiko für Leberschäden. Das Down-Syndrom kann mit einem reduzierten Glutathion-Spiegel einhergehen. Glutathion spielt eine wichtige Rolle beim Abbau von Paracetamol, indem es den toxischen Metaboliten N-Acetyl-p-benzochinonimin bindet und entgiftet. Bei einer Überdosierung von Paracetamol respektive einem verminderten Glutathion-Status werden die Glutathion-Vorräte der Leber aufgebraucht, sodass sich der Metabolit ansammelt. Das kann die Leberzellen bis hin zur Nekrose schädigen (20, 24, 25).
Gegen Schmerzen oder Fieber sollte das Apothekenteam daher kein Paracetamol, sondern eher nicht rezeptpflichtige nicht steroidale Antirheumatika (NSAR) wie Acetylsalicylsäure, Ibuprofen oder Naproxen empfehlen.
Schon allein wegen der Polypharmazie, auf die viele Menschen mit Down-Syndrom angewiesen sind, ist das Apothekenteam ein wichtiger Ansprechpartner.
Eine der häufigsten medikamentösen Therapien ist Levothyroxin bei einer Hypothyreose. Calcium- und Eisenpräparate vermindern die Aufnahme von Levothyroxin im Darm, ebenso aluminiumhaltige Antacida und Protonenpumpeninhibitoren. Bei Patienten, die gleichzeitig an Diabetes leiden, ist zu beachten, dass Levothyroxin die blutzuckersenkende Wirkung von Antidiabetika vermindern kann. Patienten müssen entsprechend (neu) eingestellt werden.
Beim Down-Syndrom tritt Epilepsie häufiger auf als in der Allgemeinbevölkerung und kann mit Antiepileptika wie Valproat, Lamotrigin oder Levetiracetam behandelt werden. Valproat kann den Abbau von Lamotrigin hemmen, wodurch das Risiko für Nebenwirkungen steigt. Frauen müssen bei Valproat-Therapie sehr zuverlässig verhüten.
Carbamazepin interagiert über das Cytochrom-P-450-System mit diversen Arzneistoffen und kann unter anderem den Abbau von Antidepressiva und Schilddrüsenhormonen beschleunigen und dadurch deren Wirksamkeit beeinträchtigen.
Da Menschen mit Down-Syndrom häufig an Herzfehlern leiden, sind regelmäßige Kontrollen zu empfehlen. / © Shutterstock/Peakstock
SSRI wie Sertralin oder Fluoxetin, die häufig bei Depressionen verordnet werden, können die Krampfschwelle senken und das Anfallsrisiko erhöhen.
Einige Psychopharmaka beeinflussen das QT-Intervall im EKG. Das Risiko für Herzrhythmusstörungen steigt besonders bei Patienten mit Herzerkrankungen oder wenn Menschen mehrere QT-Zeit-verlängernde Substanzen anwenden (28).
Kardiale Erkrankungen wie Herzinsuffizienz oder Hypertonie können eine medikamentöse Therapie etwa mit Diuretika oder ACE-Hemmern erforderlich machen. ACE-Hemmer wie Enalapril oder Ramipril können den Kaliumspiegel erhöhen. Die gleichzeitige Einnahme von kaliumsparenden Diuretika oder kaliumhaltigen Nahrungsergänzungsmitteln kann zu einer gefährlichen Hyperkaliämie führen. Auch Diuretika können Elektrolytstörungen verursachen. Geraten die Spiegel an Calcium, Natrium oder Magnesium durcheinander, kann das die Krampfschwelle senken und einen epileptischen Anfall auslösen.
Wenn Autoimmunerkrankungen wie eine rheumatoide Arthritis vorliegen, verschreibt der Arzt oft Glucocorticoide wie Prednisolon. Diese können den Blutzucker erhöhen, was bei Diabetes eine Anpassung der Insulindosis oder der Dosis der oralen Antidiabetika erfordern kann. MTX kann durch NSAR wie Ibuprofen in seiner Ausscheidung gehemmt werden: Das Nebenwirkungsrisiko steigt.
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Verschiedene Organisationen bieten Betroffenen und ihren Bezugspersonen Informationen und Unterstützung an.
Die Lebenshilfe bietet Unterstützung und Informationen für Menschen mit Down-Syndrom, ihre Familien und Angehörigen und informiert in einfacher Sprache über Trisomie 21. Darüber hinaus organisiert die Lebenshilfe Seminare für Eltern und Angehörige und gibt Hilfestellungen, um den Umgang mit schwierigen Verhaltensweisen wie Wutausbrüchen zu erleichtern. Sie verleiht regelmäßig den Medienpreis »Bobby«.
Das Down-Syndrom-Netzwerk vermittelt Hintergründe und Wissenswertes.
Der Arbeitskreis Down-Syndrom setzt sich aktiv für die Rechte von Menschen mit Down-Syndrom ein und informiert in leichter Sprache über relevante Themen. Es gibt Angebote für persönliche Beratung und Infomaterialien.
Das Magazin »Ohren-Kuss« präsentiert Texte von Menschen mit Down-Syndrom. Sie schreiben zu Themen, die ihnen am Herzen liegen.
TOUCHDOWN 21 ist ein Forschungsprojekt mit dem Ziel, mehr über das Leben, die Wünsche und die Fähigkeiten von Menschen mit Down-Syndrom herauszufinden und dieses Wissen weiterzugeben. Es wird von einem Team geleitet, das aus Menschen mit und ohne Down-Syndrom besteht. Neben der Forschung bietet TOUCHDOWN 21 auch Vorträge, Workshops und Ausstellungen an, um die Gesellschaft zu informieren und Vorurteile abzubauen.
Das Deutsche Down-Syndrom InfoCenter bietet umfassende Informationen, Beratung und Materialien für Menschen mit Down-Syndrom, ihre Familien und Fachleute und gibt die Fachzeitschrift »Leben mit Down-Syndrom« heraus.
Außer zu Arzneimitten kann das Apothekenteam auch zu weiteren Gesundheitsthemen kompetent beraten und zum Beispiel auf relevante Vorsorgeuntersuchungen hinweisen. Dabei sind erhöhte Risiken zu beachten, etwa die Anfälligkeit für hormonelle Störungen und neuropsychologische Erkrankungen (Tabelle 2).
Die erhöhte Infektanfälligkeit macht Impfungen besonders relevant für Menschen mit Down-Syndrom. Das Apothekenteam kann speziell an die Impfungen gegen Influenza, Pneumokokken und COVID-19 erinnern, da diese Gruppe ein erhöhtes Risiko für schwere Krankheitsverläufe hat (1).
Unterstützungsbereich | Beschreibung | Anlaufstellen |
---|---|---|
Eingliederungshilfe | Unterstützung für ein selbstbestimmtes Leben, zum Beispiel Assistenzleistungen, Wohnen, Freizeitangebote | Sozialamt, Integrationsamt |
Betreutes Wohnen | Wohnformen mit unterschiedlichem Unterstützungsgrad, zum Beispiel Wohngruppen, ambulant betreutes Wohnen | Träger der Eingliederungshilfe, Wohlfahrtsverbände |
Werkstätten für Menschen mit Behinderung (WfbM), Inklusionsbetriebe | Arbeitsangebote mit angepassten Anforderungen | Integrationsamt, Bundesagentur für Arbeit |
Schwerbehindertenausweis | je nach Grad und Art der Schwerbehinderung: Erleichterungen wie steuerliche Vorteile, ÖPNV-Ermäßigungen, Zusatzurlaub | Versorgungsamt |
Pflegegrad und Pflegeleistungen | Unterstützung je nach Pflegebedarf, zum Beispiel Pflegegeld oder ambulante Pflege | Pflegekasse (Krankenkasse) |
Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung | finanzielle Unterstützung bei dauerhaft eingeschränkter Erwerbsfähigkeit | Sozialamt |
Betreuungsverfügung und rechtliche Betreuung | Regelung der rechtlichen Vertretung, falls erforderlich | Betreuungsgericht |
Behindertentestament | spezielle Regelung zur Erbschaft, um Sozialleistungen nicht zu gefährden | Notar, Fachanwalt für Erbrecht |
Freizeit- und Bildungsangebote | inklusive Sport-, Kultur- und Weiterbildungsangebote | Lebenshilfe, Volkshochschulen, Sportvereine |
Generell ist es ein Zeichen von Respekt, Menschen direkt anzusprechen und nicht mit Dritten über sie zu sprechen. Dabei sollte sich das Apothekenteam sprachlich so anpassen, dass das Gegenüber versteht, worum es geht.
Die sogenannte »leichte Sprache« ist eine vereinfachte Form des Deutschen, die durch kurze Sätze, einfache Wörter und eine klare Struktur gekennzeichnet ist. Sie hilft Menschen mit kognitiven oder sprachlichen Einschränkungen, Informationen aufzunehmen. Bilder oder Symbole können unterstützend benutzt werden. Das Apothekenteam sollte keine Fachbegriffe verwenden oder diese verständlich erklären, langsam sprechen und Zeit zum Verstehen und für Rückfragen lassen. Anschließend ist es sinnvoll, sich erklären zu lassen, was der Patient verstanden hat, um Missverständnisse zu vermeiden.
Zum Nachlesen oder für betreuende Personen können Merkblätter oder Einnahmepläne in leicht verständlicher Form bereitgestellt werden. Damit fällt es leichter, die Anweisungen korrekt umzusetzen. Bilder oder Piktogramme können Dosierungen, Einnahmezeitpunkte und Wirkungsweisen von Medikamenten anschaulich darstellen. Einfache Vergleiche wie »Das Medikament hilft, dass Sie sich besser zu fühlen – so wie ein Regenschirm Sie vor dem Regen schützt«, können das Verständnis fördern.
Nicole Schuster studierte zwei Semester Medizin, dann Pharmazie und Germanistik in Bonn und später in Düsseldorf. Während ihres Studiums machte sie Praktika bei verschiedenen wissenschaftlichen Verlagen. Nach der Approbation absolvierte Schuster ein Aufbaustudium in Geschichte der Pharmazie in Marburg und wurde 2016 zum Doktor der Naturwissenschaften promoviert. Die PZ-Leser kennen Schuster als Autorin zahlreicher Fachbeiträge.