Denken andere Apothekerverbände auch an Fusion? |
Jennifer Evans |
02.11.2023 18:00 Uhr |
Die Gründung einer gemeinsamen Verbandsstruktur kostet Nerven und Kraft. In Mitteldeutschland lotet man gerade aus, ob der Weg gangbar wäre. / Foto: Adobe Stock/1take1shot
Mit seinem neuen Fusionsvorschlag hat der Sächsische Apotheker (SAV) auf seiner Mitgliederversammlung am gestrigen Mittwoch in Bad Lausick für Wirbel gesorgt. Der Verband möchte gern enger mit Sachsen-Anhalt und Thüringen kooperieren. Perspektivisch könnten die drei Verbände sogar zu einem Mitteldeutschen Apothekerverband verschmelzen. Das wäre auch das gewünschte Ziel – daraus machten die drei Vorsitzenden bei der gestrigen Sitzung keinen Hehl. Die PZ hat sich einmal umgehört, ob ein solches Modell auch für andere Landesverbände infrage käme. Und wie die sächsische Kammer zum neuen Vorhaben der Landespartner steht. So viel vorab: Die Stimmungslage ist gemischt.
Schnell war klar, dass die SAV-Mitglieder von der Idee nicht erst überzeugt werden mussten. Ob der Vorstoß, der sich hinter dem Tagesordnungspunkt »Austausch zu Perspektiven einer Strukturreform« verbarg, heute in Sachsen-Anhalt und am 8. November in Thüringen ebenfalls so großen Anklang findet, bleibt abzuwarten.
Görian Donner, Präsident der Apothekerkammer Sachsen, der ebenfalls an der gestrigen SAV-Versammlung teilnahm, begrüßt die Bemühungen der Verbände, gemeinsame Sache zu machen. »Ohne die föderalen Strukturen anzuzweifeln, halte ich es für wichtig, Kräfte zu bündeln, Erfahrungen zu konzentrieren und mit Blick auf knapper werdende Ressourcen Prozesse zusammenzuführen«, sagte er der PZ. Auf Kammerseite gebe es derzeit aber noch »keine Gedankenspiele, die sich mit einer Mitteldeutschen Kammer« beschäftigten, betonte er. Allerdings hofft Donner, dass »wir im Sog der Verbände gemeinsam überlegen, ob es Formen der Zusammenarbeit geben könnte«. Er persönlich kann sich jedenfalls »eine vertiefte Zusammenarbeit« zwischen den mitteldeutschen Kammern »sehr gut« vorstellen. Allein wenn er an die Themen Mitgliederverwaltung und Wechsel der Arbeitsstelle zwischen zwei Bundesländern, Öffentlichkeitsarbeit oder Weiterbildung denke.
Die Herausforderungen sind allerdings für die Kammern andere. Während freie Verbände ausschließlich ihren Mitgliedern und deren Votum verpflichtet sind, wenn sie fusionieren wollen, unterliegen Kammern als Körperschaft einer staatlichen Aufsicht. Probleme bei der Zuständigkeit bezüglich der Rechtsaufsicht sieht auch Georg Zwenke, Geschäftsführer des Apothekervereins Hamburg und zugleich Geschäftsführer des Apothekerverbands Schleswig-Holstein, als eine der größten Hürden für die Kammern. Neben den Mitgliedern spielten da schließlich noch politische Aspekte eine Rolle. Zudem müssten diverse Vorschriften geändert werden, sagte er im Gespräch mit der PZ.
Zwenke selbst ist das beste Beispiel dafür, dass eine Kooperation funktionieren kann. Hamburg und Schleswig-Holstein haben nämlich bereits seit 2011 einen Kooperationsvertrag. Den sie künftig »noch mehr leben« wollen, wie Zwenke hervorhob. Derzeit haben sie neben einem gemeinsamen Geschäftsführer die EDV, eine Cloud und die Hilfsmittelstelle für Apotheken (HilmA) gebündelt. Auch gemeinsame Sitzungen hat es bereits gegeben. Eine Fusionsüberlegung stehe seit Jahren im Raum, sei aber während der Pandemie etwas in den Hintergrund geraten, so Zwenke. Er hofft aber, dass das Thema nach den Plänen aus Sachsen »wieder an Fahrt aufnimmt«. Das hat vor allem einen Grund: Die Bereitschaft, ein Ehrenamt zu übernehmen, ist gesunken. Daher sei es sinnvoll, Entlastungen durch Synergien zu schaffen. Allerdings: Von Verbandsseite in Niedersachsen beziehungsweise Bremen hat es Zwenkes Angaben zufolge noch keine Signale gegeben, sich anzunähern. Grundsätzlich hält er aber weitere Zusammenschlüsse für nicht ausgeschlossen oder kurz: »Alles ist im Fluss«.
Wie sieht es im Westen der Republik aus? Könnten nicht auch die Verbände in Rheinland-Pfalz, Hessen und das Saarland ein gutes Team bilden? »Überlegungen zu regionalen Zusammenschlüssen waren bisher nicht Thema unserer Vorstandsberatungen«, ließ Geschäftsführer Peter Schreiber vom Apothekerverband Rheinland-Pfalz die PZ wissen.
Auch der Verband Nordrhein und Westfalen-Lippe könnten künftig ja wieder in derselben Mannschaft spielen, oder? Für die Geschäftsführung aus Nordrhein stellt sich die Frage eines möglichen Zusammenschlusses »zurzeit nicht«. Die beiden Apothekerorganisationen arbeiten demnach in vielen Bereichen der Interessenvertretung der öffentlichen Apotheken gegenüber Politik, Gesellschaft und Krankenkassen bereits »intensiv zusammen«. Westfalen-Lippe wertet die aktuelle Situation etwas anders und antwortete der PZ: »Hier gibt es keinerlei Überlegungen für eine Fusion mit Nordrhein.« Mit mehr als 1700 Mitgliedsapotheken habe der AVWL bereits die Größe, die nun von den Verbänden in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt nun angestrebt würde, sodass die Mitgliederinteressen in der Westfalen-Lippe-Region bereits »effizient vertreten« seien.
Keine Rückmeldung auf die PZ-Anfrage kam aus Niedersachsen, Bremen und dem Saarland.