Defizitäre Apotheke? Keine Seltenheit |
Bei einem Besuch im Kreis Herford hat sich der Patientenbeauftragte des Bundes, Stefan Schwartze (Mitte), ein Bild über die angespannte Lage der Apotheken gemacht. Mit Jens Kosmiky (l.) vom AVWL sowie Kreisvertrauensapotheker Edward Mosch redete er über die Folgen des geplanten ApoRG. / Foto: Markt-Apotheke
Dass eine Apotheke defizitär ist, ist leider keine Seltenheit – das hat der Patientenbeauftragte des Bundes, Stefan Schwartze, bei einem Apothekenbesuch in Ostwestfalen erfahren müssen. Im Kreis Herford informierte sich der SPD-Politiker über die wirtschaftlich angespannte Lage vieler Apotheken und über die Reformpläne des Bundesgesundheitsministeriums (BMG), die diese Schieflage noch verschlimmern und zudem die Versorgung beeinträchtigen würden. Der Apothekerverband Westfalen-Lippe (AVWL) informierte jetzt über den Besuch.
Wenn besagte defizitäre Apotheke im Kreis Herford schließen würde, wäre das »eine Katastrophe für die Region«, wie Jens Kosmiky, Vorsitzender der Bezirksgruppe Herford im AVWL, sagte. »Wir wollen die Patienten nicht im Stich lassen und die Mitarbeiter brauchen etwas zum Essen auf dem Tisch«, so Kosmiky laut der Mitteilung. Also bleibe die Apotheke im Kreis Herford geöffnet – und werde von anderen Standorten quersubventioniert. Dies stehe für viele andere Apotheken in Westfalen-Lippe.
Wie angeschlagen viele Apotheken sind, hatte der Patientenbeauftragte sich bereits im vergangenen November von Kosmiky sowie dem Kreisvertrauensapotheker Edward Mosch erklären lassen. Nun kam Schwartze erneut mit den beiden Apothekern zusammen – und musste sich anhören, dass sich die Lage keineswegs verbessert hat.
Die Gründe sind eigentlich hinreichend bekannt: Es gibt seit 20 Jahren keine Anpassung des Fixums, während die Sach- und Personalkosten sowie die Inflation in die Höhe schießen. »10 Prozent der Apotheken sind mittlerweile defizitär, ein Drittel wirtschaftlich gefährdet«, so Kosmiky.
Die mit dem Apotheken-Reformgesetz (ApoRG) geplante Umverteilung des Honorars verschärfe die Situation noch. Bekanntlich hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) vor, das Fixum schrittweise anzuheben, gleichzeitig aber den variablen Anteil des Apothekenhonorars zu kürzen. Das soll laut den Plänen zwar kleineren Apotheken wirtschaftlich helfen, am Ende werde es aber nur zu noch mehr defizitären Betrieben führen, legten Kosmiky und Mosch dem Patientenbeauftragten dar. »Damit ist keine kleine Apotheke zu retten, stattdessen werden weitere in wirtschaftliche Schieflage geraten«, warnte Kosmiky. »Es ist mittlerweile schlicht zu wenig Geld im System.«
Dass das BMG mit dem ApoRG zudem de facto Leistungskürzungen plane, machten die beiden Apotheker dem SPD-Politiker deutlich. Denn wenn Approbierte wie geplant nur noch stundenweise in der Offizin anwesend sein müssten und die Leitung ansonsten einer PTA übergeben werde, fielen Leistungen wie die Medikationsberatungen, Impfungen, individuelle Rezepturen, sichere Versorgung mit Betäubungsmitteln und im Übrigen auch Nacht- und Notdienste weg. »Die Pläne führen zu Leistungskürzungen für die Patienten und letztlich zu einer Zwei-Klassen-Versorgung. Sie sind zudem ein Risiko für die Sicherheit der Patienten«, so Mosch.
Insbesondere die »Apotheke ohne Apotheker« stieß beim Patientenbeauftragten auf Skepsis, wie es in der Mitteilung hieß. Schwartze kündigte an: »Ich nehme die Sorgen und Bedenken ernst und werde sie mit nach Berlin nehmen.«