Debatte um Arzneimittelentwicklung und geistiges Eigentum |
Melanie Höhn |
23.01.2024 16:30 Uhr |
Der stellvertretende tschechische Gesundheitsminister Jakub Dvořáček stellt die These infrage, dass die Arzneimittelentwicklung und -forschung in Europa von der Dauer des regulatorischen Datenschutzes abhängt. / Foto: Adobe Stock/Dilok
Im April 2023 hatte die Europäische Kommission ihr Pharmapaket vorgestellt, das darauf abzielt, das 20 Jahre alte Arzneimittelrecht zu aktualisieren. Generell will die EU-Kommission damit gegen Arzneimittel-Engpässe, antimikrobielle Resistenzen (AMR) und eine ungleiche Versorgung mit Medikamenten vorgehen. Auch gilt es, die Entwicklung neuer Präparate zu fördern, den Wettbewerbsgeist der europäischen Pharmaindustrie zu befeuern und gleichzeitig höhere Umweltstandards zu etablieren.
Aus Sicht des Verbands der forschenden Pharmaunternehmen (vfa) schafft sich die EU-Kommission durch das Pharma-Paket Hindernisse für die Entwicklung neuer Arzneimittel. Durch die geschwächten Rechte am geistigen Eigentum wird es nach Einschätzung des Verbands in Europa zu weniger Forschungsinvestitionen kommen, im Gegenzug aber werden China und die USA gestärkt.
Ein großes Problemfeld für den vfa sind die Kürzungen des Zeitraums des Unterlagenschutzes beziehungsweise der Marktexklusivität für Orphan Drugs und die Verbindung mit unterschiedlichen Bedingungen, wie der Markteinführung in sämtlichen EU-Staaten, dem Vorliegen eines neu definierten (hohen) ungedeckten medizinischen Bedarfs und der Durchführung vergleichender klinischer Prüfungen.
Laut vfa kann die Verfügbarkeit von innovativen Arzneimitteln für Patienten in Europa nicht verbessert werden, »wenn in Europa ein besonders kompliziertes System mit herabgesetzten Schutzstandards beim geistigen Eigentum entsteht«.
Im Zuge des geistigen Eigentums geht es auch um die Freigabe von Daten. Die EU-Kommission will an dieser Stelle versuchen, Fristen zu verkürzen: Der bedingungslose Datenschutz etwa soll von acht auf sechs Jahre verringert werden. Zudem soll es einen zweijährigen Marktschutz geben. Nach Ablauf des Datenschutzes ist das entwickelnde Unternehmen verpflichtet, Informationen an Unternehmen weiterzugeben, die generische Versionen des Arzneimittels herstellen wollen. Nach Ablauf des Marktschutzes können die entsprechenden Generika auf den Markt gebracht werden.
In diesem Zusammenhang hatte der Europäische Verband der Pharmazeutischen Industrie (EFPIA) einen Bericht in Auftrag gegeben, in dem davor gewarnt wird, dass Europa aufgrund des EU-Vorschlags ein Abfluss von Investitionen in Innovationen drohe.