DAV wirft Lauterbach Alleingang vor |
DAV-Vorstand Jan-Niklas Francke kritisiert die »einsame Entscheidung« von Gesundheitsminister Lauterbach zum EPA-Start, / © DAV
Lauterbach hatte die Gesellschafter der Gematik in einem Brief über seine Pläne informiert – und diesen quasi zeitgleich öffentlich gemacht. Für die Ärzte und Apotheker soll die Nutzung demnach ab Oktober verpflichtend sein. »Es wird insbesondere darauf ankommen, wann die notwendigen Softwaresysteme in den Apotheken installiert und in Betrieb gesetzt werden. Daran arbeiten die verschiedenen Softwareanbieter der Apotheken derzeit mit Hochdruck«, kommentiert DAV-Vorstand Francke.
Auch wenn die verlängerte Testphase bis dahin von den Leistungserbringern begrüßt wird, kritisiert der DAV die Kommunikation des Ministers: »Diese einsame Entscheidung aus dem Ministerium ist ein weiterer Beleg dafür, dass es in der abgelaufenen Legislaturperiode an fachlichem Dialog zwischen Regierung und Leistungserbringern im Gesundheitswesen gefehlt hat«, so Francke.
Der DAV nehme ebenfalls zur Kenntnis, dass das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik alle den Roll-out verhindernden Sicherheitsbedenken für ausgeräumt hält – zumindest laut Aussage des Ministeriums. Der Chaos Computer Club (CCC) bemängelt derweil noch immer eine unsichere Sicherheitsarchitektur.
Die freiwillige Roll-out-Phase bis in den Herbst sieht man beim DAV als Chance. So könne die Akzeptanz unter den EPA-Nutzern gesichert werden kann. »In der Hochlaufphase muss vor allem die Interaktion der Praxen, Apotheken und Krankenhäuser untereinander verstärkt werden«, fordert Francke. Auch die Gesamtstabilität der Telematikinfrastruktur (TI) müsse bei wachsenden Zugriffszahlen dauerhaft und jederzeit gewährleistet sein.
Kritisch bewertet Francke die eingeschränkten Möglichkeiten: Zunächst könnten die Apothekenteams nur in der elektronischen Medikationsliste nur die per E-Rezept verordnete Medikamente sehen, aber keine Selbstmedikation. Erst in späteren Ausbaustufen der EPA im Laufe des kommenden Jahres können Apotheken auf den elektronischen Medikationsplan (EMP) zugreifen und ihn auch aktiv befüllen können. »Der EMP in der EPA kann ein echter Game Changer sein, der die Arbeit in Apotheken verändert und die Versorgung der Patienten verbessert«, so Francke.
Aus dem Kassenlager gab es Kritik an der vorerst freiwilligen Nutzung Praxen: Es sei bedauerlich, dass manche Hersteller von Praxisverwaltungs-Systemen die Anbindung an die EPA noch nicht umgesetzt hätten, so die Vorstandsvorsitzende der AOK Nordost, Daniela Teichert. »Hier muss dringend nachgebessert werden.«
Insgesamt ist die Kassenchefin aber positiv gestimmt: »Auch wenn es einige Zeit brauchen wird, bis sich die neuen Abläufe in den Arztpraxen und Krankenhäusern eingespielt haben: Die Chancen einer flächendeckenden ›EPA für alle‹ sind riesig«, so Teichert. EPA-Nutzer profitierten perspektivisch von weniger Doppeluntersuchungen und weniger gefährlichen Wechselwirkungen zwischen Medikamenten. Mit der EPA werde digitaler Fortschritt endlich niedrigschwellig verfügbar – auch ohne App. »Es reicht, die Gesundheitskarte in der Arztpraxis zu stecken, um der Praxis 90 Tage Zugriff auf die EPA zu erteilen«, so Teichert.