Das war der E-Rezept-Aktionstag |
Gestern war E-Rezept-Tag. Möglichst viele Arztpraxen sollten möglichst viele digitale Verordnungen ausstellen. / Foto: Adobe Stock/wavebreak3
Gestern war E-Rezept-Tag. Die Gematik hatte zu einem bundesweiten Aktionstag eingeladen, um die elektronische Verordnung zu pushen. Möglichst viele Arztpraxen sollten mitmachen, um die Anwendung zu testen, möglichst viele E-Rezepte auszustellen oder gar ganz auf den elektronischen Verordnungsweg umzuswitchen. Ziel der Aktion ist es, im Vorfeld des gesetzlich verpflichtenden Starttermins am 1. Januar 2024 die Ärzteschaft an das neue digitale Verordnungsprozedere heranzuführen. Denn nach wie vor ist die Mehrzahl der kassenärztlichen Vertragsärzte noch nicht mit dem E-Rezept warm geworden.
Während die Apotheken bereits seit Längerem in der Lage sind, die elektronischen Verordnungen zu bedienen und seit Juli auch die elektronische Gesundheitskarte (EGK) als Einlöseweg in den Offizinen funktioniert, läuft es in vielen Praxen noch nicht rund. Grund sind neben technischen Hürden bei der TI-Anbindung auch Vorbehalte gegen eine Erprobung im laufenden Praxisbetrieb. Bereits im September hatte die Gematik die Ärzteschaft zu einem Live-Podiumsgespräch gebeten und sie im Vorfeld aufgefordert, ihre Erfahrungen mit dem E-Rezept per Video hochzuladen.
Nun also der Aktionstag. Wie ist es gelaufen? Auf Anfrage der PZ hieß es von der Gematik, erste Auswertungen zeigten, dass sich der Aufwärtstrend beim E-Rezept mit dem Aktionstag fortsetze: So wurden nach Angaben einer Sprecherin am Aktionstag mehr als 110.000 E-Rezepte ausgestellt. »Das E-Rezept nimmt damit langsam an Fahrt auf.« Aber natürlich brauche es noch mehr Tempo. »Es geht jetzt darum, die Zeit bis zur verbindlichen Einführung wirklich zu nutzen – sich mit den Abläufen vertraut zu machen, das gesamte Praxisteam einzubinden«, heißt es auch in einer Mitteilung der Gematik. Zudem seien die Krankenkassen aufgefordert, ihre Versicherten zu informieren.
Die Auswirkung des Aktionstags lässt sich laut Gematik aber noch nicht beziffern. Im TI-Dashboard werde die Zahl der eingelösten Rezepte angezeigt. Bis diese für den Aktionstag ablesbar seien, dauere es ein paar Tage. Doch der Aufwärtstrend sei eindeutig. Anfang September waren es wöchentlich rund 200.000 eingelöste Rezepte. Jetzt hätten medizinische Einrichtungen gestern bereits an einem Tag knapp 100.000 digitale Verordnungen ausgestellt. Ein Durchschnittswert pro Tag lasse sich dennoch schwer errechnen, da es zuletzt etwa aufgrund von Praxis- und Apothekenschließungen im Zuge der Proteste Schwankungen gab.
Der Deutsche Apothekerverband (DAV) hatte die Aktion bereits im Vorfeld begrüßt. »Das E-Rezept kann für unsere Patientinnen und Patienten, aber auch für uns Apotheken von der Verordnung bis zur Abrechnung deutliche Erleichterungen bringen«, so der DAV-Vorsitzende Hans-Peter Hubmann. Dies setze voraus, dass alle Beteiligten - Ärzte, Patienten, Apotheken und Krankenkassen - fehlerfrei mit dem E-Rezept umgehen könnten. Hubmann betonte in dem Zusammenhang: »Die rund 17.800 Apotheken in Deutschland stehen bereit: Schon seit September 2022 sind die Apotheken flächendeckend E-Rezept-ready und können E-Rezepte entgegennehmen und nach Versorgung des Patienten abrechnen.«
Seit etwa einem Monat könnten alle Apotheken in Deutschland auch E-Rezepte über die EGK beliefern. Seitens der Kassenärztlichen Bundesvereinigung gibt es kein Statement. Auf Anfrage der PZ verwies man auf die Gematik. Die KBV könne keine Angaben machen, sei bei dem Event auch nicht involviert, hieß es.
Für den Allgemeinmediziner Stefan Spieren aus Wenden im Sauerland war der Aktionstag ein Tag wie jeder andere, denn Spierens Praxis stellt bereits seit gut anderthalb Jahren E-Rezepte aus und ist auch sonst sehr digital unterwegs. Am E-Rezept-Tag seien in seiner Praxis rund 200 E-Rezepte über die Theke gegangen – in etwa so viele wie an anderen Tagen auch, sagte Spieren der PZ. Gestiegen sei an dem Tag die Zahl der Videosprechstunden.
Von Anfang an, also seit April 2022, habe es in seiner Praxis nahezu keine technischen Probleme bei der E-Rezept-Ausstellung gegeben, betonte Spieren. Entsprechend zufrieden seien seine Patientinnen und Patienten mit dem Angebot, die älteren übrigens gleichermaßen wie die jüngeren. »Gerade für die Älteren bringt die Digitalisierung viele Vorteile, weil sie mühsame Wege erspart.« Zudem helfe sie, den Fachkräftemangel ein wenig aufzufangen.
Die Ärzte- wie auch die Apothekerschaft solle die Einführung der digitalen Verordnung deshalb als Chance begreifen und nicht als Zwang, schlug Spieren vor, der sich übrigens bei den E-Rezept-Enthusiasten engagiert. Zwar gehe die Gematik inzwischen verstärkt auf die Ärzteschaft zu und nehme deren Sorgen und Ängste ernst. Spieren wünscht sich aber, dass bei der Entwicklung von TI-Produkten stärker auf die Anwenderfreundlichkeit geachtet wird. »Alle Heilberufler brauchen Lösungen, die sie in der Realität abholen.« Idealerweise seien diese Lösungen sowohl praxis- als auch apotheken- und patientenfreundlich, sagte Spieren verbindlich. Aktionstage wie den gestrigen E-Rezept-Tag müsse es öfter geben, damit alle Beteiligten stärker für das Thema sensibilisiert würden.
Dass es daran teilweise noch hapert, ließ eine PZ-Recherche zum Aktionstag vermuten. Von rund zwei Dutzend Berliner sowie einem Dutzend kontaktierter Münchner Arztpraxen machte keine einzige bei der Aktion mit, zu dem die Gematik sowie die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) sowie die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) aufgerufen hatten. Als Begründung hieß es in den meisten Fällen, dass schlicht keine Zeit da sei, um sich in die neue Technologie einzuarbeiten. Zwei der befragten Praxen nahmen sich aber wenigstens vor, sich »noch in diesem Quartal« darum zu kümmern.
Die E-Rezept-Enthusiasten werteten den Aktionstag unterdessen als »wichtigen Mosaikstein« für die Digitalisierung. »Wir beobachten, wie das E-Rezept nun in die Fläche kommt«, sagte Ralf König, Apotheker und 1. Vorsitzender der E-Rezept-Enthusiasten, zur PZ. Er rechne damit, »dass wir bereits diese Woche erstmals 100.000 eingelöste E-Rezepte an einem Tag haben werden«.
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Das Papier-Rezept ist ein Auslaufmodell. Mit dem E-Rezept sollen alle Arzneimittel-Verordnungen über die Telematikinfrastruktur abgewickelt werden. Wir berichten über alle Entwicklungen bei der Einführung des E-Rezeptes. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite E-Rezept.