Das sind die Portal-Pläne des DAV |
Der Deutsche Apothekerverband will mit einem neuartigen Apotheken-Portal das Rennen um die Zukunft der digitalen Arzneimittelversorgung gewinnen. / Foto: imago images/Future Image
Als die Diskussionen rund um die flächendeckende Einführung des E-Rezepts vor einigen Jahren konkreter wurden, steckte die Standesvertretung der Apotheker schnell ihre Ziele ab: Fortan lobbyierte sie dafür, dass die Apotheker mit dem Aufbau des nationalen E-Rezept-Fachdienstes vom Gesetzgeber beliehen werden. Die zwei Modellprojekte der Apotheker in Berlin und Baden-Württemberg sollten einerseits zeigen, dass die Apotheker etwas von der E-Rezept-Abwicklung verstehen und andererseits auf kleiner, regionaler Ebene die technischen Grundstrukturen erproben, die dann später bundesweit zum Einsatz kommen sollten. Dieses bundesweite Großprojekt der Apotheker war die DAV-Web-App – eine Smartphone-Anwendung für Patienten, in der diese ihre E-Rezepte werbe- und diskriminierungsfrei abwickeln können sollten.
Doch der Plan ging nicht auf: Der Gesetzgeber hat inzwischen die vom Bundesgesundheitsministerium (BMG) kontrollierte Gematik damit beauftragt, die mobile Anwendung zur E-Rezept-Abwicklung zu bauen. Noch gibt es die E-Rezept-Infrastruktur nicht. Bleibt es bei dieser Sachlage, müssten sich die Apotheker, wie alle anderen Anbieter (Doc Morris, Apora, Zukunftspakt) an diese neuen Spielregeln halten: Sie könnten die E-Rezepte zwar direkt über die Gematik-Infrastruktur entgegennehmen. Wenn sie die Verordnungen aber in ihrer eigenen digitalen »Welt« haben wollen, müssten sie die Patienten dazu motivieren, die E-Rezepte weiterzuleiten – über die »Teilen«-Funktion. Offen ist allerdings noch, wie das BMG diese Rezept-Weiterleitung konkret per Verordnung ausgestaltet.
Trotz dieser noch offenen Fragen hat der Apothekenmarkt reagiert – und investiert. Zusammenschlüsse wie der »Zukunftspakt Apotheke« oder »Pro AvO« aber auch Doc Morris arbeiten derzeit allesamt an eigenen Plattform-Technologien. Das Ziel ist es, den Patienten im Vergleich zur Gematik-App einen Mehrwert zu geben, also zusätzliche Dienstleistungen anzubieten, die über die pure Rezeptabwicklung hinausgehen. Nach Informationen der PZ hat nun auch der DAV den Startschuss für ein solches Plattform-Projekt gegeben. Im Gegensatz zu den meisten anderen Plattform-Konzepten soll das DAV-Konzept nicht ausschließlich patientenzentriert funktionieren, vielmehr soll es auch für die Apotheker einen echten Mehrwert bieten. Diesen Mehrwert für die Apotheker will der DAV über ein eigens für die Pharmazeuten geschaffenes Portal generieren, das allerdings eng mit einem ebenfalls neuen Patientenportal der Apothekerschaft verbunden ist.
Zumindest die Grundpfeiler dieses Apothekenportals haben die IT-Experten des DAV wohl auch schon fertig gebaut. Am heutigen Mittwoch ist die Homepage »mein-apothekenportal.de« online gegangen – zunächst allerdings nur mit einem Countdown. Mitte Dezember soll das Portal dann für alle Apothekeninhaber in Deutschland freigeschaltet werden. Die Inhaber sollen bis dahin über ihre jeweiligen Landesverbände einen Brief erhalten, in dem die Zugangsdaten für das Portal enthalten sind. Das Patientenportal hingegen befindet sich dem Vernehmen nach derzeit noch im Aufbau. Bis zum 30. Juni 2021 muss die Gematik ihre Anwendungsstruktur für das E-Rezept für Patienten freischalten – vorstellbar wäre, dass auch der DAV bis dahin sein Patientenportal freischaltet.
Im Vergleich zum Wettbewerb soll es also ein Zusammenspiel zweier Portal-Seiten geben: Im Apothekenportal sollen die Inhaber die Möglichkeit bekommen, ihrer Apotheke ein Profil zu verpassen, dass die Patienten wiederum in ihrem Portal aufsuchen können. So könnten die Apotheker beispielsweise neben Standard-Angaben zu Öffnungszeiten, Adresse und Sprachen auch Leistungsschwerpunkte erwähnen, wie etwa Rezepturen, Zytostatika-Herstellung, Substitution, Botendienste und Ähnliches. Der Patient würde diese Informationen in seiner Apothekensuche sehen und könnte die Leistungsinformationen in die Apothekenwahl miteinbeziehen.
Doch insbesondere die Entwicklung des Apothekenportals könnte noch spannend werden. Denn dem Vernehmen nach will der DAV den Apothekern auch die Möglichkeit bieten, über die neue, sichere Kommunikationsmöglichkeit Informationen mit ihren Verbänden auszutauschen. Das Inkrafttreten neuer Verordnungen und Gesetze, Warnmeldungen, Informationen über neue Arzneimittel und die Durchführung (pharmazeutischer) Dienstleistungen und weitere Mitteilungen könnten die Verbände den Apothekern über das Portal minutengenau mitteilen. Rein theoretisch wäre auch möglich, die Apotheken untereinander besser zu vernetzen und in dem Portal ein Kommunikationstool zu schaffen, mit dem man Kontakt zu Kollegen aufnehmen kann.
Langfristig wäre natürlich auch die Einbindung externer Anbieter denkbar. Das alles dürfte aber noch Zukunftsmusik sein. Da es noch kein Patientenportal und auch kein E-Rezept gibt, werden die Funktionen in der ersten Version des Apothekenportals wohl recht gering ausfallen. Hinzu kommt, dass das Apothekenportal auch erst ab einer größeren Anzahl von teilnehmenden Apotheken für externe Marktpartner interessant werden dürfte.
Schon bei der Expopharm Impuls hatte ABDA-Vizepräsident Mathias Arnold die Idee des zweiseitigen Apothekenportals vorgestellt und darüber mit Experten aus dem Gesundheitswesen diskutiert. Hier sehen Sie nochmals die gesamte Diskussion:
Das Papier-Rezept ist ein Auslaufmodell. Mit dem E-Rezept sollen alle Arzneimittel-Verordnungen über die Telematikinfrastruktur abgewickelt werden. Wir berichten über alle Entwicklungen bei der Einführung des E-Rezeptes. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite E-Rezept.