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Reformjahr 2023

Das sind die Forderungen der Apotheken an die Politik

2023 stehen mehrere Gesetze bevor, die die Apotheken fundamental treffen. Einen Überblick gab ABDA- und AKWL-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening heute bei der digitalen Delegiertenversammlung der Apothekerkammer Westfalen-Lippe – und nannte auch die Forderungen der Apothekerschaft.
Daniela Hüttemann
01.12.2022  15:00 Uhr

Erst gab es für den Einsatz der Apotheken während der Pandemie viel Klatschen, im Oktober folgte die Klatsche ins Gesicht mit dem GKV-Finanzstabilisierungsgesetz. So formulierte es Gabriele Regina Overwiening, Präsidentin der Apothekerkammer Westfalen-Lippe (AKWL) und der ABDA bei der heutigen digitalen Kammerversammlung der AKWL. 

»23 Cent weniger pro abgegebener Arzneimittelpackung mögen sich niedlich anhören, über zwei Jahre bedeutet dies jedoch einen Sparbeitrag der Apotheken von 240 Millionen Euro netto«, erläuterte die Präsidentin. Dies sei äußerst schmerzhaft für die Apotheken, während es kaum helfe, das Finanzloch der Gesetzlichen Krankenversicherung in Höhe von 17 Milliarden Euro zu stopfen. Es gehe wohl darum, dass allen Leistungserbringern ein Opfer abverlangt werden sollte.

Staatssekretäre, gesundheitspolitische Sprecher der Parteien und weitere Parlamentarier hätten bis zuletzt versichert, dass es Kompensationen für die Apotheken geben sollte. Diese seien nun für 2023 in Aussicht gestellt worden, denn immerhin habe man bei vielen Abgeordneten ein Bewusstsein für die alltäglichen wie existenziellen Probleme der öffentlichen Apotheken schaffen können.

Overwiening: Abgeordnete interessiert am Apothekensystem

Das hätten auch die vielen Fragen bei der gestrigen Bundestagsanhörung an Overwiening als ABDA-Präsidentin gezeigt, berichtete sie aus Berlin. Zur Erinnerung: Die AfD-Fraktion hatte einen Antrag zur Umstellung des Botendienstes gestellt und dazu die beteiligten Fachverbände eingeladen – Overwieing hatte die ABDA vertreten (hier lesen Sie mehr dazu).

Es habe keine einzige Frage an die Kassenärztliche Vereinigung oder die Versandhändler gegeben, stattdessen ging der Großteil der Fragen der Ausschussmitglieder an die ABDA-Präsidentin – nicht nur zum Not- und Botendienst, auch zu Nullretaxierungen, Präqualifizierungsmaßnahmen, den erleichterten Abgaberegeln gemäß Corona-Verordnung und Lieferengpässen. »Es war eine Tour de raison durch alle Themen, die uns gerade beschäftigen«, berichtete Overwiening und sieht dies als Anzeichen, dass die Politik sich wirklich mit dem Überleben der Apotheken befassen will. Sie sei auch gefragt worden, was aus Sicht der Apothekerschaft getan werden muss, um die flächendeckende Versorgung in den kommenden 10 bis 15 Jahren zu sichern. 

Dazu sei bei der ABDA ein umfassender Forderungskatalog in Arbeit, der sorgfältig durchdacht und formuliert sein müsse und – mindestens genauso wichtig – mit großer Geschlossenheit der Apothekerkammern und -verbände sowie der einzelnen Apothekerinnen und Apotheker an Politiker auf allen Ebenen kommuniziert werden muss. 

Gesetzespläne der Ampelkoalition

Denn 2023 stehen weitere Reformen an. Die Ampelkoalition plane drei weitere für das Gesundheitssystem relevante Gesetze:

  1. Ein zweites Spargesetz – ohne Belastung der Apotheken, so die Zusage der Politik. 
  2. Ein Strukturreformgesetz
  3. Ein Gesetz zur Verbesserung der Versorgung im ländlichen Raum

»Die beiden strukturell wirksamen Gesetze müssen den Charakter von Apothekenstärkungsgesetzen haben«, verlangte Overwiening und gab einen ersten Ausblick auf die Forderungen:

  • Eine signifikante Dynamisierung des Apothekenhonorars,
  • weg mit Null-Retax und Präqualifizierung,
  • pharmazeutische »Beinfreiheit« aus der Corona-Pandemie erhalten, also eine Entfristung der Regelungen aus der SARS-CoV-2-Arzneimittel-Versorgungsverordnung,
  • eine möglichst punktgenaue und wirksame Stärkung von Apotheken zur Sicherung der flächendeckenden Versorgung sowohl für den ländlichen Raum wie auch strukturschwache Stadtteile sowie
  • eine wirksame Bekämpfung der Lieferengpässe mit Vergütung des Mehraufwands der Apotheken.

Auch das Inkasso-Risiko bezüglich des Rabatts, den die Pharmaunternehmen den Krankenkassen gewähren müssen, seien die Apotheken nicht länger bereit zu tragen – zumal das Risiko noch einmal deutlich gestiegen ist, weil der Herstellerrabatt von 7 auf 12 Prozent erhöht wurde. Vorstellbar sei eine Inkassogebühr pro Packung für die Apotheke, zum Beispiel in Höhe von 10 Cent. 

In der Diskussion wünschte sich  Gunnar Müller, Apothekeninhaber aus Detmold, eine größere Differenzierung zwischen kleinen und großen Apotheken, denn hier gehe die Schere immer weiter auseinander.

Christian Fehske, der in Hagen in seinen Apotheken rund 90 Mitarbeiter beschäftigt, betonte, auch die großen Apotheken wünschten sich das Überleben der kleineren Betriebe, da sie sonst mehr und mehr auch durchaus unwirtschaftliche Aufgaben übernehmen müssen. Hier nannte er Rezepturen, die Versorgung mit hochpreisigen Arzneimitteln, Ausbildung von Berufsnachwuchs, ausgeweitete Öffnungszeiten und Nacht- und Notdienste. Die Arbeitsbedingungen müssten grundsätzlich in allen Gesundheitsberufen besser werden.

ABDA will große und kleine Apotheken erhalten

Overwiening bekräftigte, dass es Ziel der ABDA sei, sowohl große als auch kleine Apotheken in der Fläche zu erhalten. »Sie alle leisten ihren Beitrag für die gute Versorgung der Menschen.« Sie seien eine wichtige Infrastruktursäule, auch gerader kleiner Ortschaften. Der Politik müsse man klar machen, dass das System nur resilient sei dank dieser kleinen Einheiten mit Fremd- und Mehrbesitzverbot. Spannend bleibt, wie nun eine gerechte Honorierungssystematik aussehen soll.

Gut für alle wäre jedenfalls eine Entbürokratisierung, gepaart mit einer Honorierung bislang unbezahlter Arbeit, wie eben eine finanzielle Entschädigung für den Mehraufwand bei Lieferengpässen. Dieser mache einer aktuellen Berechnung zufolge inzwischen mindestens zehn Prozent der Arbeitszeit aus, Tendenz stark steigend. »Die Lieferengpässe bringen uns alle an den Rand der Verzweiflung, da wir unsere Patienten nicht versorgen können«, betonte Overwiening.

Auch hier suche das Bundesgesundheitsministerium derzeit das Gespräch, was aus Sicht der Apotheken getan werden kann. Die Präsidentin kündigte an, dass die Apotheken nicht länger bereit seien, hier die Fehler auszubügeln, die andere gemacht haben, zumal es beim Versandhandel dann schlichtweg nur »nicht lieferbar« heiße.

Die Delegierten berichteten zum Teil, dass Patienten in Grenzgebieten in die Niederlande geschickt wurden, weil dort noch Ibuprofen- oder Paracetamol-Präparate für Kinder vorhanden waren, aber auch Krebspatienten können nicht immer versorgt werden – und Pneumologen und Urologen streiten sich darüber, wer das nicht lieferbare Cotrimazol für seine Patienten dringender braucht und noch verordnen darf.

Diese Zustände sind aber offenbar immer noch nicht in ihrem vollen Ausmaß bei Behörden und Politik angekommen. Fehske schlug vor, trotz des zusätzlichen Aufwands für die Apotheken vermehrt »Therapieunterbrechung« als Mangel an die Arzneimittelkommission oder das BfArM zu melden. Overwiening erinnerte daran, dass jeder Apotheker, jede Apothekerin in ihrem Wahlkreis mit den Abgeordneten zu all diesen Themen sprechen sollte.

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