| Cornelia Dölger |
| 26.11.2025 16:20 Uhr |
Die Maßnahmen, mit denen die Kassen entlastet werden sollen, liegen zunächst auf Eis. / © AdobeStock/Stockfotos-MG
Das Sparpaket des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) dreht eine Extrarunde im Vermittlungsausschuss. Das heißt, dass die Maßnahmen, mit denen die Kassen entlastet werden sollen, zunächst auf Eis liegen und das Sparpaket am Ende der nun nötigen Verhandlungen zwischen Bund und Ländern womöglich kaum wiederzuerkennen sein wird; zu viel Kritik gibt es daran, dass die Länder den Löwenanteil von 1,8 Milliarden Euro an Einsparungen schultern sollen.
Die insgesamt zwei Milliarden Euro Einsparungen, die die Beiträge stabil halten sollen, müssen nun auf anderem Wege zusammenkommen. Am Donnerstag wollen sich die Koalitionspartner im Koalitionsausschuss auf ein neues Paket verständigen und es den Ländern anschließend unterbreiten. Diese hatten sich am vergangenen Freitag mehrheitlich gegen die mit dem Pflegebürokratieentlastunsgesetz (BEEP) geregelten Sparpläne ausgesprochen und das Gesetz gestoppt.
Die SPD hatte schon zuvor Gegenwind befürchtet und vorsorglich alternative Vorschläge vorgelegt, die auch Hersteller und niedergelassene Fachärzte stärker einbeziehen. Morgen dürften die Ideen auf den ohnehin vollen Verhandlungstisch kommen. Die Union reagierte auf die SPD-Angebote bislang zurückhaltend bis vergrätzt, weil der Koalitionspartner schon vor der Bundesratsentscheidung die Unionspläne infrage gestellt hatte.
Um die Kassen zu entlasten und drohende Beitragssprünge im kommenden Jahr noch zu verhindern, werden unliebsame Ideen, die die Versicherten belasten, wohl wieder Thema werden. Wohldosierte Vorstöße gab es von Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) schon vorab. So machte die Ministerin Mitte November in einem Interview deutlich, dass sie mit der Einführung eines Primärarztsystems eine mögliche neue Form einer Praxisgebühr verknüpfen wolle.
Zu den Zuzahlungen für Medikamente sagte Warken der »Rheinischen Post«, diese seien seit 2004 nicht erhöht worden, »viele andere Dinge sind teurer geworden«. Die eingesetzte Reformkommission für die gesetzliche Krankenversicherung solle daher auch darüber beraten, »ob man da nicht auch eine Erhöhung braucht«.
Die Sparpläne im BEEP nehmen auch die Kassen selbst in die Pflicht. Neben 100 Millionen Euro, die beim Innovationsfonds des G-BA eingespart werden sollen, sollen die Kassen bei ihren Verwaltungskosten den Rotstift ansetzen, um die Kosten um weitere 100 Millionen zu senken. Die Kassen legen Wert darauf, dass dieser Posten seit jeher stabil sei, die Ausgaben seit Jahren sogar noch sinken würden.
Dass sie zumindest bei Ausgaben für die Mitgliederwerbung nicht zimperlich zu sein scheinen, brachte laut »Berliner Zeitung« jetzt ein »Insider« ins Spiel. Der anonyme Hinweisgeber aus dem »System der GKV« berichtete der Redaktion demnach per Mail von stetig steigenden Ausgaben. So beliefen sich die Personalkosten für den Vertrieb inklusive technischer Ausstattung auf mindestens 300 Millionen Euro.
Einige große Krankenkassen beschäftigten mehr als 300 Vertriebsmitarbeiter, zitiert die Zeitung den Hinweisgeber. Zwei Drittel davon seien im Außendienst, ein Drittel im Innendienst tätig. »Mit den Führungskräften und dem Personal in den Zentralen kommt man da auf 500 Personen, die mit dem eigentlichen Geschäft der Krankenkasse nichts zu tun haben.«
Die 94 Krankenkassen in Deutschland haben je eine eigene Verwaltung. Die Kosten machen rund vier Prozent der Gesamtausgaben der Kassen aus. Ein Großteil der Verwaltungskosten entfällt auf Personal. Die Kassen betonen, dass Investitionen in Mitarbeiter zugleich Investitionen in die Qualität ihrer Leistungen seien, wovon die Versicherten profitierten.
Unlängst hatte der Vorsitzende des GKV-Spitzenverbands (GKV-SV), Oliver Blatt, die immer wieder aufflammende Diskussion um die Zahl der Kassen als »Alibi-Diskussion« bezeichnet. Im Jahr 2000 habe es noch mehr als 400 Anbieter gegeben. »Die gesetzlichen Krankenkassen betreuen 75 Millionen Versicherte und das würde sich auch bei einer niedrigeren Zahl von Kassen nicht ändern.«