| Annette Rößler |
| 14.05.2024 18:03 Uhr |
Dass die verschiedenen Computersysteme der einzelnen Abteilungen eines Krankenhauses nicht miteinander kompatibel sind, ist derzeit noch vielerorts ein Problem. Im Smart Hospital der Zukunft soll das nicht mehr der Fall sein. / Foto: Getty Images/sturti
Dr. Anke Diehl ist Medizinerin und Chief Transformation Officer, zu Deutsch Leiterin der Stabsstelle digitale Transformation, der Universitätsmedizin Essen (UME). In dieser Position hat sie die Aufgabe, die Digitalisierung an den verschiedenen Standorten der UME voranzubringen – und zwar möglichst umfassend. Angestrebt wird ein »Smart Hospital«, also ein smartes Krankenhaus, wobei »smart« hier wahrscheinlich am ehesten mit »schlau« oder »gewitzt« zu übersetzen wäre.
Geprägt habe den Begriff der Ärztliche Direktor des Universitätsklinikums Essen, Professor Dr. Jochen Werner, 2015 in einem Zeitungsinterview, berichtete Diehl beim ADKA-Kongress in Nürnberg. Seitdem arbeite man daran, die Vision Wirklichkeit werden zu lassen. Kürzlich habe ein Ranking der weltweit besten Smart Hospitals gezeigt, dass die UME auf diesem Weg schon recht weit gekommen sei, aber im internationalen Vergleich noch nicht ganz vorne mitmische.
Worum geht es? »Smart Hospital ist eine intelligente, sektorenübergreifende Steuerungseinheit, die nicht durch Beton, sondern durch die umfassende Krankengeschichte des Patienten begrenzt ist«, erklärte Diehl. Künstliche Intelligenz (KI) und Digitalisierung werden dabei zur Verbesserung der Effizienz und zur Entlastung des medizinischen Personals eingesetzt. Letztlich entsteht so ein digitalisiertes und prozessoptimiertes Krankenhausäquivalent, in dessen Mittelpunkt der Patient steht.
Konkret bedeutet das vor allem, dass möglichst alle wichtigen Informationen in digitaler Form vorliegen und den verschiedenen Playern zugänglich sind. »Der Patient soll von Anfang an digital durch das System geleitet werden«, sagte Diehl. Das beginnt damit, dass er digital einen Termin ausmacht, zu dessen Vorbereitung er alle relevanten Unterlagen hochladen kann. Bei der Aufnahme werden weitere Daten etwa aus der elektronischen Patientenakte oder auch aus Apps erfasst und die Behandlungsaufklärung erfolgt digital, zum Beispiel über das Smartphone. Die Patientenakte im Krankenhaus ist selbstverständlich digital und beinhaltet neben allen Behandlungsdaten zum Beispiel auch die per Sensorik ermittelten Vitalparameter. Bei der Diagnosestellung erhalten die Ärzte Unterstützung einer KI und schließlich wird auch der Entlassbericht direkt aus der digitalen Patientenakte generiert und an den einweisenden Arzt übermittelt.
Kernstück dieses Systems ist ein Informationssystem, auf das alle zugreifen können, die Smart Hospital Information Platform. »In vielen Fällen haben die einzelnen Abteilungen eines Krankenhauses jeweils ihr eigenes Datenmanagementsystem«, so Diehl. Das sei problematisch, weil zwischen diesen Systemen oft kein Austausch möglich ist, sodass Informationen händisch übertragen werden müssen – ein bekanntermaßen fehleranfälliger Prozess. Das UME nutzt das System FHIR (Fast Healthcare Interoperability Resources), um Daten aus verschiedenen Systemen miteinander kompatibel zu machen. Am Ende sind alle Informationen, die den Patienten betreffen, in diesem System auf einem Dashboard gespeichert und so für alle Nutzer zugänglich. Welche Daten der einzelne Heilberufler dann sehen kann, wird über dessen Anwenderrechte im System reguliert.
Neu am Konzept des Smart Hospital sei auch, »dass die Perspektive des Patienten von Anfang an mitgedacht wird«, sagte Diehl. In Essen gebe es einen Patientenbeirat, dem regelmäßig digitale Projekte vorgestellt würden und dessen Feedback dann bei der Umsetzung berücksichtigt werde. In einem eigenen Institut für Patientenerleben seien die Mitarbeitenden permanent damit beschäftigt, alle Stimmen aus der Patientenschaft aufzunehmen – nicht nur Kritik, sondern auch das, was gut ankommt.
Alles das klingt so sinnvoll, dass man sich wünscht, dass bald möglichst viele Krankenhäuser in Deutschland smart werden. Doch selbst wenn dieser Fall eintritt, wäre man noch nicht am Ziel: »Smart Hospital ist nicht das Ende. Um unsere Patienten bestmöglich zu versorgen, brauchen wir eigentlich Smart Healthcare, also die Vernetzung von allen Systemen, die an der Betreuung des Patienten beteiligt sind«, schloss Diehl.