»Damit gewinnt die Apotheke unglaublich« |
Cornelia Dölger |
12.10.2024 16:38 Uhr |
Drei Talks fanden am letzten Messetag unter dem Dach »Denkfabrik Apotheke« statt. / © PZ/Alois Müller
Mit fünf Geschichten, die Mut machen, startete die »Denkfabrik-Apotheke«-Trilogie am letzten Messetag. Aus ihren Erfahrungen mit Apothekenübernahmen beziehungsweise -gründungen berichteten Franziska Scharpf (Apotheke Scharpf OHG Sonthofen), Leo Mangartz (Albert-Schweitzer-Apotheke Acnos OHG), Nadja Tafferner (Gesundleben-Apotheke und Spectrum-Apotheke am UKE) sowie Nicole Fimpler und Gerrit Nattler, die den Elisana-Apothekenverbund in Gelsenkirchen und Dorsten gemeinsam leiten.
Dass der Name »Elisana« vom Vornamen der Mutter Nattlers – Elisabeth – kommt, ist bezeichnend. Den Namen hatte schon Nattlers Vater für seine »Elisabeth«-Apotheke verwendet, die er Ende der 1970er-Jahre gründete. 2013 übernahmen Gerrit Nattler und sein Bruder Simon den Betrieb und bauten ihn auf vier Apotheken aus, später auf sechs.
Der Vater zog sich aus dem Geschäft zurück, gleichzeitig brauchten die Brüder wegen der Größe des Verbunds eine zweite Führungsebene – die Nicole Fimpler besetzte, nachdem sie zehn Jahre die Leitung einer Filiale innegehabt hatte. 2022 übernahm sie zwei der Apotheken. »Es war für mich ein Glücksfall«, so Fimpler bei dem von PZ-Chefredakteur Alexander Müller moderierten Talk im Apo Leadership Campus.
Fimpler und Nattler führten aus, wie wichtig bei einem solchen Unternehmen gemeinsame Werte seien – denn zwar sind die Apotheken wirtschaftlich getrennt, aber Entscheidungen werden von Fimpler und den Nattler-Brüdern gemeinsam getroffen. Ziel sei, die Marke Elisana gemeinsam stärker zu machen.
Familie steht auch bei Franziska Scharpf im Vordergrund – etwa wenn sie mit ihrem Bruder, ihrem Mann sowie Schwiegermutter und Eltern bei der gemeinsamen Brotzeit Apothekendinge bespricht, was oft vorkommt. Ihre Apotheke in Sonthofen haben sie und ihr Bruder von ihrem Vater übernommen und ihr Fazit lautet: »Es tut gut, die Dinge auf mehreren Schultern zu verteilen.«
Dass Verträge in Betrieben mit mehreren Inhabern wichtig sind, betonte Leo Mangartz, der mit vier weiteren Inhabern die Albert-Schweitzer-Apotheke Acnos OHG in Düsseldorf leitet. Die Aufgaben seien nach Stärken verteilt, etwa BWL, Controlling, Spezialversorgung, erklärte Mangartz. Entscheidungen träfen die fünf Chefinnen und Chefs stets gemeinsam – und »in den letzten Jahren immer 5:0«, so Mangartz und fügte hinzu: »Wir haben einen Gesellschaftervertrag, wir sind wie verheiratet.«
Nadja Tafferner hat es nach einigen Jahren in der Pharmaindustrie zurück in die Apotheke gezogen – »eine absolut richtige Entscheidung«, wie sie sagte. Es sei frustrierend gewesen, in der Industrie oft abhängig von Entscheidungen anderer gewesen zu sein, die sie teils nicht habe nachvollziehen können. Jetzt, als Inhaberin der Gesundleben-Apotheke und der Spectrum-Apotheke am UKE in Hamburg, treffe sie die Entscheidungen für das Team, zudem gefalle ihr ihre Arbeit, weil sie stets etwas Neues biete.
»Wunderbare Beispiele« für gelungene Übergaben seien diese Geschichten, sagte Ute Cordes von der Treuhand Hannover beim anschließenden Talk »Gesund als Vor-Ort-Apotheke«, der ebenfalls unter dem Dach »Denkfabrik Apotheke« lief. Sie erklärte, worauf bei der Gründung einer OHG zu achten sei, welche typischen Fehler – etwa Blanko-Veträge aus dem Internet – zu vermeiden seien. Verträge müssten stets »gut durchmoderiert« sein; sie seien »das Vorbeugeinstrument gegen Konflikte«.
Apothekerinnen und Apotheker versuchten oft, Dinge allein und ohne Beratung durchzuziehen, schloss sich Marcel Becker, Gründer des Apothekenmarketing-Spezialisten Apovid, an. Für ein so spezifisches Umfeld brauche es aber Beratung und auch kollegiale Netzwerke.
Sebastian Schwintek, Generalbevollmächtigter der Treuhand Hannover, ergänzte, Apothekerinnen und Apotheker müssten sich stärker mit Unternehmerthemen beschäftigen, insbesondere aufgrund der neuen pharmazeutischen Dienstleistungen (pDL). Wie könnten die pDL wirtschaftlich sinnvoll in die Prozesse integriert werden? Darüber sollten Apotheken sich Gedanken machen und sich beraten lassen.
Dass die pDL derzeit stockten, führte Iris Blaschke von der St.-Vitus-Apotheke /Mavi-Group darauf zurück, dass Apotheken es gewohnt seien, »ihr Wissen gratis weiterzugeben«. Das müsse sich ändern. Nun brauche es Mut und Netzwerke, um mit alten Gewohnheiten zu brechen. Apotheken sollten sich trauen, ihre Beratungen, die sie seit jeher en passant anböten, als vergütete Leistung zu erkennen. »Biete Termine an, die Kunden werden es dir danken«, so Blaschke.
Ob es sinnvoll ist, weitere Führungsebenen einzuziehen und wie diese Aufgaben gestaltet sein könnten, war Thema von Panel Nummer 3 der »Denkfabrik«. In der Runde saßen Ina Lucas, Berliner Kammerpräsidentin sowie Inhaberin der »Apotheken mit Herz«, ihre rechte Hand Stefan Feucht, ebenfalls »Apotheken mit Herz«, Anike Oleski, Inhaberin der Medios-Apotheke in Berlin, sowie Anja Paape, Apothekenmanagerin im Medios-Betrieb, der vier Standorte mit insgesamt 200 Mitarbeitenden fasst.
»Unternehmerisch führen und welche Rollen es in der Apotheke braucht« hieß der Talk, und die Quintessenz ist klar: Führung zu verteilen, ist wichtig, auch wenn es um kleinere Betriebe geht. Schon vor Jahren habe sie Bauchschmerzen gehabt, wenn ihr erzählt wurde, dass in Apotheken »alle alles machen«, so Lucas. Nicht jeder könne alles, es gelte, die jeweiligen Stärken einzubringen. Führungsebenen machten auch in kleineren Sinn, da es auch dort Aufgaben gebe, die ohne Apothekenleitung funktionieren müssten.
Vor allem aber sei attraktiv, wenn es in Apotheken Karrierestufen – und somit Karrieremöglichkeiten – gebe. Solche Aussichten motivierten die Teams, die Betriebe weiterzuentwickeln. »Damit gewinnt die Apotheke unglaublich.«
Anike Oleski ergänzte, zusätzlich motiviere es die Menschen, wenn sie verschiedene Aufgabenbereiche übernehmen könnten. »Es ist gut, mehrere Sachen zu machen.«