»Da haben wir eine gemeinschaftliche Aufgabe« |
Diskutiert wurde zum Thema »Pharmacy First – Apotheke als 360 Grad-Anlaufstelle für Arzneimittel- und Gesundheitsfragen«. / © PZ/Alexander Müller
Den Auftakt machte Zukunftsforscher Johannes Kleske mit einer Vision darüber, welche Rolle die Apotheke in der Zukunft einnehmen kann. »So gestaltet man Zukunft: Man erzählt eine Geschichte über die Zukunft, bis es die Leute glauben. Wenn ihr keine Geschichte über die Zukunft der Apotheke erzählt, dann seid ihr ein Spielball der anderen.«
Wichtig ist laut Kleske, ganz konkrete Zukunftsbilder zu entwickeln: »Wie sieht der Alltag in der Apotheke wirklich aus?« Die Geschichte müsse konkret statt abstrakt sein, positiv statt negativ, Erlebnis statt Information vermitteln. Und wie gelangt man zu diesem Bild? »Stellt euch vor, dass das heutige Problem weg ist und überlegt dann, was passieren muss, damit das passiert.« Kleskes Auftrag an die Teilnehmer: »Erzählt mir von einer Zukunft der Apotheken, in der ich dabei sein möchte.«
In einem kurzen Grußwort wandte sich auch die neue Gesundheitssprecherin der Unionsfraktion Simone Borchardt an die Gäste des Kongresses nahe am Checkpoint Charlie: »Sie haben einen ganz tollen Job!« Apotheken würden in den Versorgungsstrukturen dringend gebraucht. Keine Apotheke dürfe mehr verschwinden, dafür brauche es die bestmöglichen Rahmenbedingungen.
Das werde die Koalition umsetzen. Dazu gehörten einheitliche Rahmenbedingungen für Apotheken und Versender, ein höheres Fixum, eine Dynamisierung des Honorars und der Bürokratieabbau. Wichtig sei eine Nachwuchsstrategie sowie der Schutz vor Nullretaxationen. Zudem müssten Apotheken stärker in die Versorgung eingebunden werden. »Das können Sie!«, so Borchardt. »Sie haben mich an Ihrer Seite!«
Der CSU-Landtagsabgeordnete Bernhard Seidenath betonte in seinem Grußwort: »Wir brauchen Sie!« Der Koalitionsvertrag beantworte die Frage, ob es Apotheken brauche oder Arzneimittel künftig eher von Versendern abgegeben werden, ganz klar – nämlich mit einer Apothekenstärkung. Insbesondere die Staffelung des Fixums abhängig vom Versorgungsgrad sei »ein deutliches Zeihen, dass wir die Apotheken in der Fläche stärken wollen«.
»Zudem wollen wir die Apotheken selbst zukunftsfester, interessanter aufstellen«, so der CSU-Landtagsabgeordnete. Mit Impfungen sei der erste Schritt getan. Seidenath sprach sich zudem für Impfberatung in der Apotheke als abrechnungsfähige Leistung aus.
Auch bei der Diskussionsrunde »Pharmacy First – Apotheke als 360 Grad-Anlaufstelle für Arzneimittel- und Gesundheitsfragen« ging es um die Rolle der Apotheken, festgemacht am ABDA-Zukunftskonzept. Franziska Scharpf, Vizepräsidentin der Bundesapothekerkammer (BAK), Dorothee Brakmann Hauptgeschäftsführerin von Pharma Deutschland, sowie Tim Steimle, Leiter Arzneimittel bei der Techniker Krankenkasse (TK), diskutierten, moderiert wurde die Runde von Benjamin Wessinger, Chefredakteur der Deutschen Apotheker-Zeitung.
Dass das Positionspapier mehr Kompetenzen für die Apotheken vorsieht, wurde begrüßt: Prävention und Früherkennung, mehr Impfen, dazu Screenings und Monitoring. Steimle betonte, dass Prävention eine ganz klare Leistung der Kassen seien. Ein Problem sei jedoch, dass Prävention zu wenig nachgefragt werde. »Da haben wir gemeinschaftlich eine Aufgabe.«
Steimle betonte, beim Impfen sei viel Luft nach oben. Die Zielzahlen seien nach Corona noch einmal gesunken. Impfleistungen seien bislang zu 99 Prozent der TK-Versicherten in den Praxen angesiedelt. »Da ist noch Luft nach oben.« Scharpf ergänzte, dass die Bereitschaft in der Bevölkerung groß sei, sich in Apotheken impfen zu lassen.
Brakmann sagte, die Lage beim Impfen sei »echt uncool«. »Unser aller Aufgabe« sei, das zu ändern. Impfen nur im Herbst in Apotheken – mache das betriebswirtschaftlich Sinn? Die Pharmahersteller freuten sich sehr über höhere Impfquoten. »Pharmacy first« sei alternativlos, so Brakmann. Es gelte, bestehende Strukturen zu nutzen.
Steimle plädierte für mehr Schulterschluss bei Präventionsleistungen. »Sie müssen es gemeinsam entwickeln.« »Das machen wir auch«, erwiderte Scharpf. Apotheke der Zukunft könne nur mit anderen Leistungserbringern gestaltet werden. Das Papier sei ein erster Impuls der Apothekerschaft, nun müsse erst einmal losgelegt werden.
Zur Zukunft der pDL meinte Scharf: »Da können wir noch viel leisten.« Es gelte zu schauen, wo Apotheken das Gesundheitssystem entlasten könnten, etwa bei der Prävention, konkret etwa Cholesterinmessung oder Diabetesprävention. Es gebe einen »Blumenstrauß an Möglichkeiten«.
Der pDL-Topf ist gut gefüllt. Vor diesem Hintergrund betonte Steimle, nur 0,4 Prozent der TK-Versicherten erhielten eine solche Leistung. Insofern sei es schwer, jetzt schon »auf neue Felder zu gehen«. Die Apotheken sollten in den intensiven Austausch mit den Ärzten gehen.
Dass Gelder spät abgerufen würden, sei kein rein deutsches Phänomen, so Moderator Wessinger. Scharpf stimmte zu, dass man erst am Anfang einer Entwicklung stehe. Auch Brakmann sagte: »Sowas dauert.« Der Gedanke Pharmacy First müsse ausgebaut werden.
Scharpf betonte abschließend, der Beruf müsse gemeinsam gestaltet werden. »Ich wünsche mir, die Tradition mit der Moderne zu vereinen.«