Concizumab vor der Zulassung |
Sven Siebenand |
18.10.2024 15:30 Uhr |
Hämophilie ist eine seltene erbliche Blutgerinnungsstörung. Schätzungsweise 1.125.000 Menschen sind weltweit von einer Hämophilie betroffen. Da es sich um eine X-chromosomal rezessiv vererbte Erkrankung handelt, sind die meisten Betroffenen männlichen Geschlechts. / © Adobe Stock/ Iqy
Concizumab ist ein Antikörper, der sich gegen den Tissue Factor Pathway Inhibitor (TFPI) richtet. TFPI spielt im extrinsischen Gerinnungsweg eine wichtige Rolle. Es ist ein natürliches Antikoagulations-Protein, das die Bildung von Blutgerinnseln verhindert. Ein Anti-TFPI-Antikörper wie Concizumab oder das vor wenigen Wochen ebenfalls zur Zulassung empfohlene Marstacimab hebelt die gerinnungshemmende Funktion von TFPI aus. So wird die Faktor-Xa-Bildung erhöht, selbst wenn kein Faktor VIII oder IX vorhanden ist. In der Folge steigen die Thrombin-Produktion und die Gerinnungsbildung, wodurch die Mängel im intrinsischen Gerinnungsweg umgangen werden. Wichtig ist, dass Concizumab die Bildung von Blutgerinnseln ermöglicht, selbst wenn Hemmkörper gegen Faktor VIII oder IX vorhanden sind.
Die EMA plädiert dafür, Concizumab für zwei Patientengruppen jeweils ab zwölf Jahren zur routinemäßigen Blutungsprophylaxe zuzulassen: bei Hämophilie A mit FVIII-Inhibitoren und bei Hämophilie B mit FIX-Inhibitoren. Der Antikörper wird einmal täglich subkutan verabreicht.
Als Prophylaxe verabreicht, besteht der Nutzen von Concizumab laut EMA in der Verhinderung von Blutungen bei Patienten mit schwerer Hämophilie A und FVIII-Inhibitoren oder schwerer Hämophilie B und FIX-Inhibitoren. Dieser Nutzen sei nach 24 bis 32 Monaten Behandlung in einer Überlegenheitsstudie beobachtet worden, in der die Wirkung der Concizumab-Prophylaxe mit der keiner Prophylaxe verglichen wurde. Die häufigsten beobachteten Nebenwirkungen des neuen Antikörpers sind Überempfindlichkeitsreaktionen und Reaktionen an der Injektionsstelle.
Abschließend muss nun die EU-Kommission entscheiden, ob sie dem EMA-Votum folgen wird. In der Regel tut sie das. Damit wird es in der EU wohl in Kürze zwei zugelassene Anti-TFPI-Antikörper für Hämophilie-Patienten geben.