Chronisch nett ist auch nicht gesund |
| Jennifer Evans |
| 18.02.2025 07:00 Uhr |
Meister des Ja-Sagens: Wenn People Pleaser ihr Verhalten ändern wollen, erfordert das Übung und Geduld. / © Adobe Stock/deagreez
»Klar mach ich das, bin sowieso gerade dabei!« oder »kein Problem, ich kümmere mich darum« – People Pleaser kennen diese Formulierungen von sich selbst nur zu gut. Nein sagen kommt für sie nicht infrage. Schließlich möchten sie niemanden enttäuschen und stellen daher die Bedürfnisse anderer über ihre eigenen.
Wer aber zu oft Ja sagt, lebt irgendwann zwischen Überforderung und Fremdbestimmung. Gefällig zu sein erzeugt nämlich Stress und Erschöpfung. Noch dazu verliert man sich selbst und verpasst womöglich persönliche Chancen. Solche Menschen verwandeln sich in »ein Chamäleon, das sich verändert, um andere Menschen glücklich zu machen«, wie die australische University of Adelaide das psychische Phänomen beschreibt.
Für das selbstlose Verhalten kann etwa die Erziehung verantwortlich sein oder aber eine Sehnsucht nach Anerkennung, Liebe oder Wertschätzung. Die Ursachen für People Pleasing reichen oft bis in die Kindheit zurück. Entscheidend ist laut der Wirtschaftspsychologin Dr. Ulrike Bossmann, ob das Umfeld seinerzeit die eigenen Ansichten und Wünsche anerkannte und ernst nahm. Sie hat sich intensiv mit dem Thema in ihrem Buch »People Pleasing. Raus aus der Harmoniefalle« befasst.
Des Weiteren kann Parentifizierung diesen Effekt verstärken. Musste ein Kind zum Beispiel schon früh die Erzieherrolle für jüngere Geschwister übernehmen oder den besten Freund für Mutter oder Vater ersetzen, fällt es ihm in späteren Jahren oft schwerer, Grenzen zu setzen. Das liegt daran, weil es mit der damaligen Verantwortung überfordert war.
Doch es gibt auch Wege aus der Harmoniefalle: Grenzen setzen, Selbstreflexion und Selbstfürsorge üben oder sich Unterstützung im Alltag suchen. Und letztlich zu erkennen, dass eine Ablehnung kein Weltuntergang ist.