Chiasamen, Zimt und Widerstand |
Jennifer Evans |
22.07.2025 12:30 Uhr |
Für Morelos ist die Erde kein lebloses Material, sondern eine lebendige, fühlende Präsenz. Sie hält uns, reinigt und heilt. / © SMB, Nationalgalerie/Jacopo La Forgia
Die Künstlerin Delcy Morelos gestaltet in ihrer Ausstellung Landschaften aus Ton, Erde, Stroh, Heu, Zimt, Nelken, Buchweizen, Chiasamen und Honig. Diese Materialien hat sie nicht nur wegen ihrer Oberfläche und ihres Dufts gewählt, sondern auch wegen ihrer kulturellen, spirituellen und politischen Bedeutung. Mit ihrem Werk greift die Kolumbianerin auf indigenes Wissen, Regeneration sowie die Beziehung von Menschen und Natur zurück. Ihre Installationen erinnern an Räume wie Gebärmutter, Grab oder Tempel, an Orte der Stille und der Erdverbundenheit.
Das Werk »Profundis«, was »aus der Tiefe« bedeutet, führt durch einen dunklen, feuchten Gang aus Erde. Er steht für die Idee von Pachamama – der Erdmutter der Inka-Mythologie – als fühlende Kraft, wie sie im Weltbild des indigenen Volks der Uitoto im südlichen Kolumbien und im Norden Perus zu finden ist. Alles Leben ist miteinander verbunden und folgt den Rhythmen der Natur. Der Tunnel soll ebenfalls daran erinnern, was unter der Oberfläche verborgen liegt.
Morelos Kunst ist durchzogen von politischen und historischen Erfahrungen, ihrer Herkunft Tierralta und den Folgen von Gewalt, die sie mit der Zerstörung der Natur verbindet. Von den jahrzehntelangen bewaffneten Konflikten war insbesondere die kulturelle Identität indigener Gemeinschaften bedroht. Morelos Kunst erzählt von diesen Erinnerungen, vom Widerstand und auch von der Entfremdung des Menschen gegenüber der Erde, die ihn ernährt.
Die Ausstellung ist im Hamburger Bahnhof in Berlin noch bis zum 25. Januar 2026 zu sehen.