Cannabisverkauf in Apotheken und Fachgeschäften |
Mehrere deutsche Großstädte wollen den legalen Verkauf von Cannabis erproben. / © Adobe Stock/H_Ko
Die Stadt Wiesbaden will den Cannabis-Verkauf in Apotheken testen. »Der Aufbau einer zweiten Säule neben dem privaten Anbau und den Anbauvereinigungen ist essenziell, um den Schwarzmarkt zu marginalisieren und die Zielstellungen eines erfolgreichen Kinder-, Jugend- und Gesundheitsschutzes zu erreichen«, sagte unlängst
Wiesbadens Gesundheitsdezernentin Milena Löbcke (Linke). »Mit der Abgabe über Apotheken werden wir dafür Sorge tragen, dass die hohen pharmazeutischen Standards auch für die Abgabe von Cannabis greifen.«
Laut der Stadt haben bereits 15 Apotheken ihr Interesse an einer Teilnahme bekundet. Abgegeben darf das Cannabis aber nur an erwachsene Wiesbadener Bürger. Wer am Projekt teilnehmen möchte, wird sich registrieren müssen, um anonymisiert Forschungsdaten zu generieren. Die finalen Rahmenbedingungen sollen durch das Bundesamt für Ernährung und Landwirtschaft festgelegt werden.
Die Stadt Wiesbaden betont, dass bei vielen Apotheken schon heute ein hoher Erfahrungsschatz durch die Abgabe von Medizinalcannabis vorliegt. Die Beteiligung am Modellprojekt stelle zugleich sicher, dass die kommunalen Interessen und die enge Verzahnung mit der Präventionsarbeit der Suchthilfeeinrichtungen gewahrt sind.
Konkreter sind de Pläne in der niedersächsischen Landeshauptstadt Hannover. Hier sollen bis zu drei Verkaufsstellen im Stadtgebiet vom kommenden Jahr an Cannabis abgeben. Allerdings können sich dort nur Teilnehmerinnen und Teilnehmer eines Modellprojekts legal mit THC-haltigen Produkten wie Haschisch oder Cannabisblüten eindecken – und auch nur in den gesetzlich erlaubten Mengen. Die wissenschaftlich begleitete Studie soll Aufschluss über das Konsumverhalten, die Auswirkungen auf den Gesundheits- und Jugendschutz sowie den Schwarzmarkt geben.
Hannovers Oberbürgermeister Belit Onay (Grüne) sagte, dass die Erkenntnisse aus der Studie in künftige politische Entscheidungen einfließen werden. Kooperationspartner sind die Stadt Frankfurt und die Sanity Group GmbH, die ein vergleichbares Modellprojekt in der Schweiz organisiert.
Nach Angaben der Stadt Hannover handelt es sich um das bundesweit erste Modellprojekt dieser Art. Die voraussichtlich etwa 4000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer müssen über 18 Jahre alt sein und ihren Wohnsitz in Hannover haben. Ein Forscherteam der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) wird sie regelmäßig befragen. Eine Weitergabe von gekauften Produkten an Dritte führe zu einem sofortigen Ausschluss, hieß es.
Auch Frankfurt arbeitet an einem ähnlichen Projekt und will den legalen Verkauf testen. Dafür soll eine Studie auf den Weg gebracht werden, um die Auswirkungen eines kontrollierten Zugangs zu Cannabis wissenschaftlich zu untersuchen.
Das Modellprojekt zur regulierten Abgabe von Cannabis an Erwachsene ist ein Bestandteil des Frankfurter Koalitionsvertrags. »Wir gehen damit einen wichtigen Schritt. Denn die regulierte Abgabe von Cannabis hat in vielerlei Hinsicht großes Potenzial«, sagt Sozial- und Gesundheitsdezernentin Elke Voitl (Grüne). So könnten Verbraucherinnen und Verbraucher geschützt, die Justiz entlastet und der illegale Drogenhandel reduziert werden.
»Wir erhoffen uns mehr Schadensminderung für Cannabiskonsumierende und eine bessere Integration von Personen mit riskantem Konsum in das Hilfesystem«, ergänzt der Leiter des Frankfurter Drogenreferats, Artur Schroers. Die geplante Untersuchung könne sofort beantragt werden, sobald der Bund die Zuständigkeiten geklärt habe, hieß es. Derzeit wird mit einem Start im ersten Halbjahr 2025 gerechnet.
Fünf Jahre lang sollen registrierte Probanden in eigens errichteten Fachgeschäften legal Cannabisblüten und andere THC-haltige Produkte kaufen können. Wer mitmacht, muss in Frankfurt wohnen, volljährig und gesund sein sowie an regelmäßigen Befragungen und Untersuchungen teilnehmen. Andere Menschen dürfen in den Geschäften nicht einkaufen. Gerechnet wird mit Tausenden Teilnehmenden.
Wie in Hannover ist das Unternehmen Sanity auch in Frankfurt für die Umsetzung verantwortlich. Wissenschaftlich begleitet wird die Studie von dem Drogen-Experten Heino Stöver von der Frankfurt University of Applied Sciences.
Aktuell sind in Frankfurt bis zu vier Geschäfte geplant. Der Preis aller Produkte orientiert sich an deren Wirkstoffgehalt (je höher der THC-Gehalt, desto höher der Preis) sowie dem Preisniveau auf dem illegalen Markt. Dieser lag nach Angaben der Stadt 2021 bei etwa 10 Euro pro Gramm Cannabisblüten. Die Gewinne aus dem Modellprojekt werden – im Gegensatz zum Schwarzmarkt – regulär versteuert. Zusätzlich sollen einige Einnahmen an Projekte der Suchtprävention in Frankfurt gehen.
Der legale Verkauf soll auch dem Schutz der Konsumentinnen und Konsumenten dienen. Die Sanity Group, Projektpartner in Frankfurt und Hannover, stellte am 23. Oktober die Ergebnisse einer Stichproben-Erhebung in 30 deutschen Städten auf dem Schwarzmarkt vor. Projektleiter Leonard Friedrich sagte: »Die Ergebnisse dieser Analysen untermauern deutlich, wie dringend der politische Handlungsbedarf wirklich ist. In Proben aus Hannover wurden beispielsweise Spuren von in der EU verbotenen Pestiziden sowie von Kokain gefunden.«