Cannabis-Legalisierung nimmt letzte Hürde |
Das umstrittene Gesetz hat mit der Unterschrift von Manuela Schwesig die letzte Hürde genommen. / Foto: Getty Images/Emilija Manevska
Das umstrittene Cannabis-Gesetz der Ampel-Koalition ist unterschrieben und kann wie geplant am 1. April in Kraft treten. In Vertretung von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der im Urlaub ist, setzte Bundesratspräsidentin Manuela Schwesig am Mittwoch ihre Unterschrift unter das Gesetz. Die Prüfung habe ergeben, dass »keine verfassungsrechtlichen Bedenken einer Ausfertigung entgegenstehen«, teilte das Bundespräsidialamt mit. »Der Auftrag für die Verkündung im Bundesgesetzblatt ist erteilt.«
Das nach jahrzehntelangen Diskussionen zustande gekommene Gesetz stellt eine Zäsur in der deutschen Drogenpolitik dar. Es erlaubt Besitz und Anbau der Droge für Volljährige mit zahlreichen Vorgaben zum Eigenkonsum. Das Gesetz hatte erst am vergangenen Freitag den Bundesrat passiert.
Die Unionsfraktion im Bundestag hoffte anschließend, das Gesetz könne noch aufgehalten werden, indem der Bundespräsident es nicht unterzeichnet. Ihr gesundheitspolitischer Sprecher Tino Sorge (CDU) hatte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland gesagt: »Das Gesetz sollte nach der chaotischen Debatte der letzten Wochen vorerst gestoppt werden. Dafür ist es noch nicht zu spät.«
Der Bundespräsident prüft Gesetze im Wesentlichen darauf, ob sie nach den Vorschriften des Grundgesetzes zustande gekommen sind. Nach überwiegender juristischer Meinung steht ihm daneben in engen Grenzen auch ein materielles Prüfungsrecht zu. Danach kann er die Unterschrift unter ein Gesetz verweigern, wenn dessen Inhalt ganz offensichtlich gegen das Grundgesetz verstößt.
Das Gesetz regelt zwar primär den Anbau und den Freizeitkonsum von Cannabis, es schafft aber auch neue Vorschriften für das Medizinal-Cannabis in Apotheken. Künftig fällt Cannabis nicht mehr unter das Regime des Betäubungsmittelrechts. Stattdessen bildet es jetzt eine Spezialmaterie, die die allgemeinen Vorschriften des Arzneimittelgesetzes ergänzt beziehungsweise sie verdrängt, soweit das Medizinal-Cannabisgesetz (MedCanG) eigenständige Regelungen vorsieht. Die neuen Spezialregelungen im MedCanG sind inhaltlich weitgehend deckungsgleich mit den arzneimittelrechtlichen Vorschriften.
Der Verkehr mit Medizinal-Cannabis bleibt auch nach der neuen Rechtslage erlaubnispflichtig, Apotheken sind entsprechend der bisherigen Rechtslage nach dem Betäubungsmittelgesetz weiterhin befugt, erlaubnisfrei am Medizinal-Cannabisverkehr teilzunehmen.
Sofern Ärzte nach dem 1. April 2024 Medizinal-Cannabis weiterhin auf Betäubungsmittelrezept verordnen, darf eine derartige Verschreibung nicht beliefert werden, sofern nicht darüber hinaus ein Betäubungsmittel verordnet worden ist.
Werden Betäubungsmittel-Rezepte über Medizinal-Cannabis in der Apotheke nach dem 1. April 2024 vorgelegt, die vor dem 1. April 2024 ordnungsgemäß ausgestellt worden sind, ist eine Belieferung nach den
cannabis- beziehungsweise arzneimittelrechtlichen Vorschriften zwar nicht ausgeschlossen, aufgrund der erheblichen rechtlichen Unsicherheit bei der Interpretation dieser Frage und der daraus folgenden Retaxationsrisiken ist insbesondere bei der Abgabe zulasten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) eine Neuausstellung auf Nicht-BtM-Rezept durch den verordnenden Arzt dringend empfehlenswert.