Burs ruft Apothekerschaft zu Geschlossenheit auf |
Eine kämpferische Rede hielt Cathrin Burs, Präsidentin der Apothekerkammer Niedersachsen, bei der Kammerversammlung in Hannover. Sie appellierte an die Kollegen, sich weiterhin zu engagieren und zuversichtlich zu bleiben. / © Apothekerkammer Niedersachsen
In ihrer Rede beschrieb Burs zunächst die derzeitige Situation der Apotheken in Niedersachsen. Die Inhaberinnen und Inhaber hätten im Vergleich zum Vorjahr keinen Euro »mehr« in der Tasche, während die Kosten weiter gestiegen seien – etwa durch Tariferhöhungen sowie das Skonto-Urteil. Die Serie an Apothekenschließungen werde sich daher voraussichtlich fortsetzen. »Das ist bitter«, sagte Burs bei der Kammerversammlung am Mittwoch in Hannover.
Trotz der »schwierigen Gemengelage« sieht Burs aber auch Erfolge. Die Apothekerschaft stehe nicht »mit leeren Händen« da. So sei es Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) nicht gelungen, mit dem geplanten Apotheken-Reformgesetz (ApoRG) die Apothekenstruktur zu zerschlagen. Mit dem Gesetzentwurf habe der Minister »faktisch die Axt an die inhabergeführte Apotheke angelegt«. Dies hätte einen Angriff auf die Arzneimittelversorgung der Menschen durch die Vor-Ort-Apotheken bedeutet.
Die Pläne für Apotheken ohne persönliche Leitung durch Apothekerinnen und Apotheker wertete die Kammerpräsidentin als »Fundamentalangriff« auf den Berufstand, auf den es nur eine Antwort geben konnte, und zwar ein klares »Nein«. Denn der Verzicht der Apothekerin oder des Apothekers in der Apotheke vor Ort führe unweigerlich zu einer Abschaffung des Berufsstands, begründete Burs diese Haltung. »Faule Kompromisse« bei diesem Thema würden die Apothekerschaft »Kopf und Kragen« kosten.
Auch in der Vergangenheit habe die Apothekerschaft bereits das »bewährte System der Arzneimittelversorgung« gegen »marktliberale Vorstöße« verteidigen müssen, erinnerte Burs. Nun habe sie sich gegen die Pläne des ApoRG wehren müssen. Mit der Folge, dass die Widerstände gegen den Gesetzentwurf bereits vor dem Bruch der Ampelkoalition immer größer wurden, etwa in den Ländern. Burs erinnerte zudem an den Leitungsvorbehalt des Bundesbildungsministeriums sowie parteiübergreifende Kritik an den Reformideen Lauterbachs sogar aus den Reihen der SPD.
Besonderen Rückhalt habe die Apothekerschaft durch den niedersächsischen Gesundheitsminister Andreas Philippi erhalten, der sich für eine Stärkung der Vor-Ort-Apotheken einsetze. Bei der Kundgebung des Landesapothekerverbandes am 6. November habe Philippi die Forderung nach einer Honorarerhöhung unterstützt und zugesagt, sich hierfür beim Bundesgesundheitsminister einzusetzen.
Aus Sicht von Burs haben sich die Protestveranstaltungen sowie die stetige Sensibilisierung der Politiker und der Öffentlichkeit für die Belange der Apotheken bereits ausgezahlt. »Dass es gelungen ist, viele Vertreter aus der Politik von unserem Standpunkt zu überzeugen und in der Presse anhaltend positive Aufmerksamkeit zu haben, ist das Ergebnis unseres geschlossenen Zusammenwirkens«, betonte sie. Sie dankte den Kolleginnen und Kollegen, die Abgeordnete aus ihrem jeweiligen Wahlkreis in ihren Betrieben empfangen und sie für die Situation der Apotheken sensibilisiert haben.
»Wir haben überzeugt, nicht überredet«, hob Burs hervor. Und das mit Erfolg. Als prominentes Beispiel führte die Kammerpräsidentin den SPD-Bundestagsabgeordnete Dirk Heidenblut an, der sich von einem Skeptiker zu einem Befürworter einer Honorarerhöhung gewandelt habe.
Derzeit sei unklar, welche Gesetzesvorhaben bis zu Neuwahlen noch verabschiedet werden könnten. Die Standesvertretung werde sich in jedem Fall weiterhin für eine Stärkung der Apotheken einsetzen. Bei jeder Gelegenheit werde sie eine Dynamisierung der Honorierung verbunden mit einer regelhaften Systematik der Anpassung des Fixums an die Preisentwicklung fordern.
»Wir werden jene beim Wort nehmen, die uns Unterstützung zugesagt haben, damit es nicht bei Lippenbekenntnissen bleibt«, betonte Burs. Ziel sei es, dass sich die Positionen der Apotheker in Wahlkampfpositionen sowie späteren Koalitionsverhandlungen widerfänden.
Angesichts der fortschreitenden Digitalisierung sei es eine Chance für die Politik, das flächendeckende Netz der Apotheken zu nutzen und die Rolle der Apothekerinnen und Apotheker zu stärken. »Sie müssen in der Fläche als leicht erreichbare Lotsen im Dschungel des Gesundheitswesens erhalten bleiben«, forderte Burs. Weiterhin kündigte sie an, dass sich die Standesvertretung für den weiteren Ausbau der pharmazeutischen Dienstleistungen einsetzen wolle.