Bundesweit einheitliche Hilfsmittelversorgung in Apotheken |
Ev Tebroke |
30.08.2023 12:30 Uhr |
Weniger Bürokratie, erleichterte Abgabe: Für BKK-Versicherte wird die Versorgung mit Hilfsmitteln in den Apotheken ab 1. September bundesweit einheitlich geregelt. / Foto: imago/Westend61
Die Hilfsmittelversorgung ist für Apotheken ein leidiges Thema. Ein Flickenteppich aus Einzelverträgen auf Landesebene, diverser Gemeinschaftsunternehmen und kasseneigener Verträge macht die Abgabe von Inhalatoren, Diabetikerbedarf, Inkontinenzhilfen und Co. tagtäglich in den Apotheken zu einem bürokratischen Kraftakt. Der Ruf nach einem bundeseinheitlich geltenden Vertrag zur Hilfsmittelversorgung ist daher auch Gegenstand eines Leitantrags auf dem diesjährigen Deutschen Apothekertag (DAT). Mit den Betriebskrankenkassen (BKK) scheint der Bürokratie-Dschungel bei der Hilfsmittelabgabe nun zumindest ein Ende zu haben.
BKK-Versicherte dürften künftig einfacher mit Hilfsmitteln versorgt werden können. Grund ist ein bundesweit gültiger Vertrag auf den sich der DAV mit dem BKK-Dachverband geeinigt hat. Wie die beiden Vertragspartner heute unabhängig voneinander mitteilten, gelten ab 1. September bei der Abgabe von Hilfsmitteln einheitliche Vergütungen für die Apotheken.
Durch den neuen Vertrag werden demnach die vielfältigen Einzelverträge abgelöst und vereinheitlicht. Der DAV-Vorsitzende Hans-Peter Hubmann freut sich: »Gemeinsam mit den Betriebskrankenkassen hatten wir das Ziel, den bisherigen Flickenteppich von mehr als 20 verschiedenen, regionalen Verträgen abzulösen und eine gleichmäßige, einheitliche und unkompliziertere Versorgung für die Versicherten zu gestalten.« Es sei zudem gelungen, den Apotheken einen richtungsweisenden Vertrag für die Versorgung mit apothekenrelevanten Hilfsmitteln anzubieten. »Ein deutlicher Erfolg der Selbstverwaltung«, wie Hubmann betonte. Laut DAV wurden zudem bei den wichtigen apothekenrelevanten Hilfsmitteln allgemeine Aufschlagsregelungen vereinbart, »um der volatilen Marktlage gerecht zu werden und angemessen auf die aktuellen Preissteigerungen zu reagieren«. Die vereinbarte Produktliste enthält nach Angaben der BKK die gängigen Produktgruppen und ermöglicht eine deutliche Reduzierung der rund 150.000 Kostenvoranschläge pro Jahr.
Für die Versicherten dürfte die Neuregelung bewirken, dass sie künftig schneller an die benötigten Hilfsmittel kommen, da das Prozedere des Kostenvoranschlags zwischen Apotheken und Kassen wegfällt. »Fast alle vertraglich geregelten Hilfsmittel können ohne Genehmigung sofort an die Versicherten abgegeben und gegenüber der Krankenkasse abgerechnet werden«, informiert der DAV. Zudem sei auch ein vereinfachtes Verfahren zur Erstellung und Übermittlung der Teilnehmerlisten an eine zentrale Stelle der Betriebskrankenkassen vereinbart worden, ebenso wie ein praxisgerechtes Beanstandungsverfahren.
Das vereinfachte, papierlose Vertragsmanagement wurde nach BKK-Angaben durch ein neues Online-Portal zum Beitrittsmanagement ermöglicht, entwickelt von den Vertragspartner GWQ ServicePlus und spectrumK. Dadurch entfallen demnach sowohl für die Kassen als auch für die Apotheker vielfältige Administrations- und Abwicklungsaufgaben.
Die Apothekerschaft setzt sich derweil für einen bundeseinheitlichen Hilfsmittelversorgungsvertrag ein, der für alle Kassen gilt. In einem Leitantrag zum diesjährigen DAT in Düsseldorf fordert die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker die Regierung auf, entsprechende gesetzlichen Grundlagen dafür zu schaffen. »Die Versorgung der Bevölkerung mit Hilfsmitteln ist durch zahlreiche Hilfsmittellieferverträge organisiert. Die bestehende Vertragspluralität macht es sowohl Leistungserbringern als auch Krankenkassen immer schwerer, den Überblick zu bewahren«, heißt es in der Begründung zum Antrag.
Die Lösung: Der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und der DAV sollen verpflichtet werden, »einen für alle gesetzlichen Krankenkassen geltenden Hilfsmittelversorgungsvertrag zu verhandeln, der bundesweit Geltung beansprucht und eine unbürokratische und für die Apotheken auskömmliche Versorgung der Bevölkerung mit Hilfsmitteln ermöglicht«, wie es in dem Leitantrag heißt.
Dabei sollte eine einheitliche, offene und kostenfreie Schnittstelle für die Abwicklung des elektronischen Kostenvoranschlags im Rahmen der Hilfsmittelversorgung enthalten sein. Und um die unmittelbare Anwendung der Arzneimittel zu ermöglichen, fordern die Apotheken »eine prinzipielle Genehmigungsfreiheit bei der Versorgung mit Hilfsmitteln, die für die Anwendung von ärztlich verordneten Arzneimitteln erforderlich sind«. Sprich, die bislang erforderliche Abwicklung eines Kostenvoranschlags zwischen Apotheken und Kassen soll entfallen.
So gesehen sieht die nun ab 1. September startende Regelung zwischen DAV und BKK wie eine Blaupause aus.