Bundestag entzieht Scholz das Vertrauen |
Cornelia Dölger |
16.12.2024 17:16 Uhr |
Der Kanzler verfehlte wie beabsichtigt die notwendige Mehrheit von mindestens 367 Stimmen deutlich. / © Maurizio Gambarini
Mit dem Verfehlen der Mehrheit ist der Weg zur Neuwahl des Bundestags am 23. Februar frei – die endgültige Entscheidung zur Auflösung des Bundestags obliegt dem Bundespräsidenten. Gegen 16.20 Uhr war die Stimmabgabe zur Vertrauensfrage beendet, die Auszählung dauerte ein paar Minuten, Bundestagspräsidentin Bärbel Bas gab gegen 16.30 Uhr das Ergebnis bekannt. Enthaltungen wirken bei der Vertrauensfrage wie ein Nein.
Der Abstimmung war ein scharfer Schlagabtausch vorausgegangen. So ging CDU-Parteichef und Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz den Kanzler nach dessen Rede hart an und kritisierte auch dessen persönliches Verhalten etwa bei EU-Terminen. Dort habe dieser mit verschränkten Armen und stundenlang schweigend gesessen und auf die Bemerkung eines der »Staats- und Regierungschefs aus den kleineren Ländern der EU«, dass er doch auch einmal etwas sagen solle, trotzig entgegnet: »Nö, du hast ja auch nichts gesagt.« Merz warf Scholz vor: »Sie blamieren Deutschland. Es ist zum Fremdschämen.«
Scholz hatte in seiner Rede betont, die nun anstehenden Entscheidungen über die Zukunft des Landes seien »so grundlegend, dass sie vom Souverän selbst getroffen werden« müssten. Bei der vorgezogenen Wahl könnten die Bürgerinnen und Bürger »den politischen Kurs unseres Landes vorgeben«. Das Land stehe vor großen Herausforderungen, etwa überfällige Zukunftsinvestitionen, die weitere Unterstützung der Ukraine und die Stärkung der Bundeswehr. Die Herausforderungen müssten »kraftvoll und entschlossen« angegangen werden.
Unionskanzlerkandidat Merz attestierte dem Kanzler eine verheerende Bilanz im eigenen Land. »Sie hinterlassen das Land in einer der größten Wirtschaftskrisen der Nachkriegsgeschichte«, so Merz in Richtung Kanzler. Die SPD gehe mit Steuererhöhungen, mehr Schulden und mehr Umverteilung auf Kosten der jungen Generation in den Wahlkampf. Die Wirtschaft wettbewerbsfähig zu erhalten, komme im Wahlprogramm mit keinem Wort vor. »Wir setzen diesem Stillstand und dieser Umverteilung sozialdemokratischer und grüner Wirtschaftspolitik eine Wirtschaftspolitik der Leistungsbereitschaft und der Wettbewerbsfähigkeit entgegen«, so Merz.
Merz schoss scharf gegen Rot-Grün. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck lasse keine Kritik an den Grünen und seinem eigenen Verhalten zu. Merz rief dem Minister zu: »Sie sind das Gesicht der Wirtschaftskrise in Deutschland.« Einer Koalition mit den Grünen erteilte der CDU-Chef eine Absage.
Die Kritik des Kanzlers am ehemaligen FDP-Finanzminister Christian Lindner bezeichnete Merz als »respektlos« und »eine blanke Unverschämtheit«. Scholz hatte der FDP zuvor »wochenlange Sabotage der eigenen Regierung« vorgeworfen. Auch SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich teilte gegen den ehemaligen Koalitionspartner aus. Die FDP habe »schwer erarbeitetes Vertrauen im Handstreich zerstört«.