Bundessozialgericht gibt Apotheke im Rezepturstreit Recht |
Für die Vergütung von Rezepturen aus Fertigarzneimitteln hat das Bundessozialgericht jetzt ein wegweisendes Urteil gefällt. / © Getty Images/AJ Wattamaniuk
Stellt eine Apotheke eine Rezeptur her und verarbeitet dabei ein Fertigarzneimittel, kann sie die Packung komplett mit der Krankenkasse abrechnen – auch wenn sie nur einen Teil davon verwenden muss. Dies hat nun das Bundessozialgericht in Kassel letztinstanzlich bestätigt. Damit sei der jahrelange Streit mit der AOK Nord West beigelegt, wie der Apothekerverband Westfalen-Lippe (AVWL) heute mitteilte, der die Apotheke unterstützt hatte.
Demnach war die Krankenkasse der Auffassung, dass nur entsprechend der tatsächlich verwendeten Menge der anteilige Arzneimittelpreis berechnet werden dürfe. Im Jahr 2018 hatte sie die Abrechnung der Apotheke gekürzt. Dagegen hatte die Apotheke geklagt. Im Jahr 2021 bekam die Apotheke erstinstanzlich vor dem Sozialgericht Münster Recht. Das Landesozialgericht Essen wies im Jahr 2024 die von der AOK Nordwest eingelegte Berufung zurück.
Im Kern ging es bei der Auseinandersetzung um § 5 Absatz 2 Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV), in dem die Preisberechnung geregelt ist. Dem Landessozialgericht Essen zufolge »ist bei der Berechnung der Festzuschüsse auf Rezepturarzneimittel vom Einkaufspreis der üblichen Abpackung eines verwendeten Stoffes bzw. der erforderlichen Packungsgröße verwendeter Fertigarzneimittel auszugehen, selbst wenn bei der Zubereitung des Rezepturarzneimittels der Inhalt der üblichen Abpackung bzw. Packungsgröße nicht vollständig verbraucht wird. Aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot folgt nichts anderes«.
Diese Auslegung habe das BSG nun im Kern bestätigt. Die schriftliche Urteilsbegründung steht allerdings noch aus.
Der AVWL-Vorstandsvorsitzende Thomas Rochell betonte: »Für die sichere, hochqualitative und flächendeckende Versorgung der Patienten ist dies ein guter Tag.« Die angebrochenen Packungenzu entsorgen und nur einen kleinen Teil von der Kasse erstattet zu bekommen, »würde die Herstellung individueller Rezepturen für die Apotheken vor Ort komplett unwirtschaftlich machen«. Rochell: »Apotheken müssten dann noch Geld mitbringen, um ihre Patienten versorgen zu können. Das kann nicht sein.«
Rochell wertet die Entscheidung auch als richtungweisend für weitere anstehende Klageverfahren in Sachen Rezepturpreisberechnung. So hat eine Apotheke aus Münster unlängst eine weitere Klage gegen die AOK Nordwest erhoben.
Rochell hofft, dass die BSG-Entscheidung die Kassen zurück an den Verhandlungstisch holt. Sie müssten »die Notwendigkeit einer fairen Vergütung von Rezepturen« erkennen, »statt Versichertengelder in jahrelangen Rechtsstreitigkeiten zu vergeuden«.