Bundesregierung lehnt Unterstützung für Vor-Ort-Apotheken ab |
Melanie Höhn |
22.05.2023 14:00 Uhr |
Bei den Themen Präqualifizierung und Nullretaxationen will die Bundesregierung die vom Bundesrat gewünschte Entbürokratisierung für Apotheken zumindest prüfen. / Foto: Imago/Christian Ohde
Erst kürzlich hatte der Bundesrat die Bundesregierung dazu aufgefordert, das sogenannte Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz (ALBVVG) zu überarbeiten. Unter anderem setzte sich die Länderkammer für eine bessere Vergütung der Apotheken ein. In seiner Gegenäußerung schmetterte das Bundesgesundheitsministerium (BMG) nun den Großteil dieser Forderungen ab. Aus Sicht des Ministeriums gebe es keinen Bedarf, die Apotheken vor Ort zu stützen: Weder das Apothekenhonorar noch die Engpass-Prämie von 50 Cent sollen erhöht werden.
Konkret verlangte der Bundesrat in seinem Beschluss, »die Vergütung der Apotheken insbesondere vor dem Hintergrund der hohen Energiekosten sowie der Inflation auf eine auskömmliche Grundlage zu stellen, um die flächendeckende Versorgung der Bevölkerung auch zukünftig dauerhaft zu sichern«. Um das zu erreichen, sei es erforderlich, die Arzneimittelpreisverordnung anzupassen sowie Anpassungsmechanismen etwa für Inflation oder Lohnkostensteigerungen zu schaffen.
Weiterhin forderte die Länderkammer, insbesondere unter Einbeziehung der Pharmabranche eine langfristige Strategie zu erarbeiten, um die Versorgung der Patientinnen und Patienten mit Arzneimitteln auch in Zukunft sicherzustellen. Dabei müsse zentrales Anliegen sein, eigene Produktion und Forschung zu stärken und zu fördern.
ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening erklärte dazu: »Es ist schockierend, mit welcher Beharrlichkeit und Ignoranz die Bundesregierung die vom Bundesrat erarbeiteten Warnhinweise zur Arzneimittelversorgung vom Tisch fegt«. Die Gesundheitsministerien der Länder wüssten sehr genau, was es bedeutet, wenn Gemeinden ihre einzige Apotheke verlieren und die Bevölkerung immer weitere Strecken fahren muss, um versorgt zu werden. »Herrn Lauterbach und seinem Bundesgesundheitsministerium sind solche traurigen Entwicklungen anscheinend ebenso egal wie die flächendeckend verlässliche Versorgung der Menschen mit Arzneimitteln.«
Die ABDA-Präsidentin fügte hinzu: »Beim Deutschen Ärztetag wiederholte Karl Lauterbach seine Aussage, dass man es mit dem Sparwahn im Gesundheitswesen zu weit getrieben habe. Trotzdem will Lauterbach das völlig überregulierte System der Arzneimittel-Rabattverträge größtenteils unverändert beibehalten und hat mit der kürzlich beschlossenen Kürzung des Apothekenhonorars dafür gesorgt, dass die Arzneimittelversorgung vor Ort weiter ausblutet«.
Die Aussagen des Ministers würden vor diesem Hintergrund immer unglaubwürdiger. »Die Apothekerinnen und Apotheker werden daher weiter dafür kämpfen, dass die Bundesregierung endlich zur Einsicht kommt. Am bundesweiten Protesttag, dem 14. Juni, werden wir mit vielen sehr deutlichen Protest-Aktionen aller Orts zeigen, welche Bedeutung die Apotheken für die Bevölkerung haben!«, so Overwiening weiter.
Einziger Lichtblick: Bei den Themen Präqualifizierung und Nullretaxationen wolle die Bundesregierung die vom Bundesrat gewünschte Entbürokratisierung für Apotheken zumindest prüfen. »Die Apothekenteams verbringen mehrere Stunden pro Tag damit, überhaupt noch Arzneimittel für die Patientinnen und Patienten zu beschaffen. Dass sie dann zusätzlich noch durch Bürokratie-Monster wie die Präqualifizierung und existenziell bedrohende Honorar-Streichungen der Krankenkassen belastet werden, ist blanker Hohn. Sowohl das Präqualifizierungsverfahren als auch die Nullretaxationen gehören sofort abgeschafft!«, forderte die ABDA-Präsidentin.
Ob die Forderungen der Apothekerschaft fruchten, wird sich zeigen: In dieser Woche steht der ALBVVG-Gesetzentwurf erstmals auf der Tagesordnung des Parlaments.