Bundesregierung justiert Cannabis-Gesetz nach |
Seit 1. April dürfen Erwachsene in Deutschland bestimmte Mengen Cannabis legal besitzen. / Foto: Adobe Stock/Aleksej
Seit 1. April fällt Cannabis in Deutschland nicht mehr unter das Betäubungsmittelgesetz. Erwachsene dürfen bis zu 25 Gramm Cannabis zu Genusszwecken in der Öffentlichkeit bei sich haben und bis zu drei Cannabis-Pflanzen zum Eigenkonsum anbauen. Am 1. Juli soll der Anbau in nichtgewerblichen Vereinigungen – den sogenannten Cannabis-Clubs – starten.
Am 23. Februar hatte der Bundestag das umstrittene Gesetz beschlossen – trotz scharfer Kritik von Ärzten, Juristen und Polizei. Vor der abschließenden Sitzung im Bundesrat am 22. März drohten insbesondere unionsgeführte Bundesländer, den Vermittlungsausschuss anzurufen und damit das nicht zustimmungspflichtige Gesetz zu verzögern oder zu Fall zu bringen.
Um das zu verhindern, sicherte die Bundesregierung den Ländern in einer Protokollerklärung nachträgliche Änderungen am Gesetz zu. So gelang es Bundesgesundheitsminister Professor Karl Lauterbach (SPD) allem Widerstand zum Trotz, das Gesetz durch den Bundesrat zu bringen. Hamburg, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern enthielten sich bei der Abstimmung in der Länderkammer.
Am Mittwoch hat das Bundeskabinett nun den »Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Konsumcannabisgesetzes und des Medizinal-Cannabisgesetzes« gebilligt. Geplant ist, die Änderungen noch vor dem 1. Juli umzusetzen.
Auf Wunsch der Länder wird die Evaluation erweitert. So soll noch umfänglicher untersucht werden, wie sich das Cannabis-Gesetz gesellschaftlich auswirkt. Bisher war vorgesehen, die Auswirkungen der Konsumverbote auf den Kinder- und Jugendschutz im ersten Jahr nach Inkrafttreten des Gesetzes wissenschaftlich zu untersuchen und auszuwerten. Verboten ist der Konsum der Droge unter anderem in Sichtweite von Schulen und anderen Kinder- und Jugendeinrichtungen.
Nun soll zusätzlich untersucht und ausgewertet werden, wie sich die Besitzmengen und Weitergabemengen in Anbauvereinigungen auswirken. Die Evaluation soll 18 Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes vorliegen.
Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung soll laut Entwurf ein Weiterbildungsangebot für Suchtpräventionsfachkräfte entwickeln und ihnen zur Verfügung stellen. Dieses soll helfen, die Fachkräfte über die Inhalte des Cannabis-Gesetzes und über Präventionsangebote des Bundes zu Cannabis zu informieren sowie Kenntnisse zur Risikokommunikation vermitteln.
Weiterhin sollen die Bundesländer laut Entwurf den Umgang mit den Anbauvereinigungen flexibler handhaben können. So sollen die Länder die Möglichkeit erhalten, die Clubs regelmäßig zu kontrollieren – nicht nur einmal jährlich, wie es bislang vorgesehen ist.
Zusätzlich werden einige Regelungen konkretisiert. So sollen Behörden die Erlaubnis für eine Anbauvereinigung ablehnen können, wenn sich das befriedete Besitztum der Anbauvereinigung innerhalb des befriedeten Besitztums anderer Anbauvereinigungen befindet. Damit sollen europarechtliche Vorgaben erfüllt werden.
Um den nicht-gewerblichen Charakter der Clubs sicherzustellen, sollen die Behörden der Länder auch mehr Handlungsspielraum im Umgang mit Großanbauflächen für Cannabis erhalten. Das soll beispielsweise gewerbliche Geschäftsmodelle verhindern, die auf Großanbauflächen mit Paketleistungen für Anbauvereinigungen basieren.
Laut Entwurf entstehen dem Bund durch die Änderungen einmalige Kosten in Höhe von 500.000 Euro und laufende Kosten in Höhe von 100.000 Euro pro Jahr. Länder und Gemeinden werden demnach nicht mit Kosten belastet. Der Bundesrat muss dem Entwurf nicht zustimmen.
Wie dpa heute berichtete, sieht der Deutsche Richterbund (DRB) derweil weiterhin schwerwiegende Regelungslücken und hat die Regierung daher aufgefordert, das Gesetz weiter nachzubessern. »Weil die Ampelkoalition die auf Cannabis-Straftaten bezogenen Ermittlungsmöglichkeiten gegenüber der alten Rechtslage enger gefasst hat, kann selbst der Handel mit Hunderten Kilo Cannabisprodukten unter Umständen nicht mehr bestraft werden», sagte DRB-Bundesgeschäftsführer Sven Rebehn am heutigen Freitag den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
So habe das Landgericht Mannheim einen Angeklagten vom Vorwurf der illegalen Einfuhr von 450 Kilogramm Marihuana freigesprochen, weil ein Rückgriff auf seine entschlüsselten Chat-Nachrichten infolge des Cannabis-Gesetzes nicht mehr zulässig gewesen sei.
»Das Cannabisgesetz reißt Regelungslücken, vor denen viele Experten bereits im Gesetzgebungsverfahren eindringlich gewarnt haben«, beklagte Rebehn. Das erklärte Ziel des Gesetzes sei schließlich, »Drogenkriminalität einzudämmen, nicht Dealern das Geschäft zu erleichtern«.