Bundeskabinett beschließt Versorgungs-Stärkungsgesetz |
Mit dem GVSG will das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) bessere Bedingungen für Ärzte schaffen. / Foto: Adobe Stock/Jonas Glaubitz
Ziel des GVSG ist es, dass Patientinnen und Patienten in Zukunft einen besseren Zugang zu Behandlungen bekommen. Konkret sollen für Hausärzte wie schon für Kinderärzte Obergrenzen bei der Vergütung aufgehoben werden. Alle Hausarztleistungen einschließlich Hausbesuche werden also künftig ohne Kürzungen vergütet. Unnötige Quartalsuntersuchungen sollen entfallen und überfüllte Wartezimmer möglichst der Vergangenheit angehören.
Eingeführt werden soll unter anderem auch eine Jahrespauschale zur Behandlung chronisch kranker Patienten, die ständig Arzneimittel einnehmen müssen. Dies soll Praxisbesuche nur zum Abholen von Rezepten vermeiden und insgesamt mehr Behandlungsfreiräume schaffen. Zudem sollen Hausärzte und Fachärzte künftig weniger Arzneimittelregresse fürchten müssen, weil die Bagatellgrenze deutlich steigt.
Auch der Zugang zur psychotherapeutischen und psychiatrischen Versorgung wird sich laut BMG verbessern. Pflege- und Patientenvertreter bekommen mehr Beteiligungsrechte bei Leistungsentscheidungen in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV).
Zielsetzung der Pläne von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) ist es aber auch, angesichts einer weiteren Ruhestandswelle bei Hausärzten ein flächendeckendes Praxisnetz aufrechtzuerhalten. Gemeinden und Städten wird es daher erleichtert, kommunale MVZ zu gründen, damit sie die Versorgung vor Ort noch besser mitgestalten können.
»Unser Gesundheitssystem braucht eine Generalüberholung, um stark zu bleiben. Parallel zur Krankenhausreform ist die Reform der ambulanten Versorgung deswegen zwingend notwendig«, so Lauterbach. Arzttermine zu bekommen, werde nun für Patientinnen und Patienten einfacher und unnötige Arztbesuche sowie lange Wartezeiten würden vermieden, betonte er. Der ökonomische Gedanke sei im System zu hoch gewesen, sagte Lauterbach bei der heutigen Pressekonferenz.
Für die Offizinen ist vor allem eines relevant: Mit dem GVSG sollen sich die Zuständigkeiten für das Apothekenhonorar ändern. Das BMG und das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz haben sich nämlich darauf verständigt, dass die Verordnungsermächtigung für die Arzneimittelpreisverordnung demnächst in die Verantwortlichkeit des BMG fällt. Die Ermächtigung ist im § 78 Arzneimittelgesetz (AMG) zu finden. Ob das Apothekenhonorar dann für immer im BMG bleibt, scheint derzeit auch noch nicht festzustehen. Womöglich könnten Kassen und Apotheker künftig selbst darüber verhandeln – davon war zumindest einmal in den Eckpunkten zur geplanten Apothekenreform die Rede.
Der GKV-Spitzenverband jubelt nicht direkt über den Kabinettsbeschluss. »Im Ergebnis erwarten wir deutlich höhere Kosten für die Beitragszahlerinnen und Beitragszahler, aber im Gegenzug noch nicht einmal nennenswerte Versorgungsverbesserungen«, kritisierte er. Demnach habe sich die Budgetierung als Steuerungsinstrument gerade im Bereich der hausärztlichen Versorgung bewährt, um bedarfsnotwendige Praxen besser zu honorieren, heißt es in der Stellungnahme der Kassen.
Mit der geplanten Vorhalte- und Versorgungspauschale erwarten die Kassen jedoch für die GKV-Versicherten »eine verbesserte Qualität in der hausärztlichen Versorgung« . Allerdings bedinge dies weiterhin auch Transparenz über die Art und Menge der erbrachten Leistungen. »Wir empfehlen daher dringend, die Einführung der Versorgungspauschale mit einem Qualitätsmonitoring zu begleiten«, heißt es vom GKV-Spitzenverband.
Nach Ansicht des AOK Bundesverbands bleibt das GVSG in erster Linie ein Vergütungssteigerungsgesetz für die Hausärzte. »Wir hoffen, dass es im weiteren parlamentarischen Verfahren noch mehr Substanz bekommt, indem innovative Ansätze zur Stärkung der regionalen Gesundheitsversorgung wieder an Bedeutung gewinnen.« Durch die geplante Gießkannen-Finanzierung drohten Mehrbelastungen für die GKV in Höhe von 300 Millionen Euro pro Jahr, warnt der Bundesverband.
Der Verband der Ersatzkassen vdek unterstützt die neue Kooperationsformen für regionale Gesundheitszentren. Jedoch bemängelt er ebenfalls die vorgesehene Entbudgetierung der hausärztlichen Versorgung. »Sie erhöht vor allem die Attraktivität der ärztlichen Betätigung in Ballungsräumen. Ländliche Regionen, die eine Stärkung brauchen, profitieren weit weniger.«