Bundeskabinett beschließt Gesundes-Herz-Gesetz |
Lukas Brockfeld |
28.08.2024 14:02 Uhr |
Bundesgesundheitminister Karl Lauterbach (SPD) (rechts) hat das neue Gesetz zur Herzgesundheit am Mittwoch in Berlin vorgestellt. Dabei wurde er von Stephan Baldus, Klinikdirektor am Herzzentrum der Uniklinik Köln, begleitet. / Foto: IMAGO/Future Image
Deutschland hat, verglichen mit anderen Industrieländern, eine auffallend niedrige Lebenserwartung. Eine wesentliche Ursache ist eine hohe Sterblichkeit an Herz-Kreislauferkrankungen. Das Bundeskabinett hat daher heute das »Gesundes-Herz-Gesetz« (GHG) beschlossen, mit dem Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) vor allem die Prävention verbessern will.
»Wir haben die Sterblichkeit an Herz-Kreislauf-Erkrankungen in den letzten Jahren nicht so günstig beeinflussen können, wie wir das wollten«, erklärte der Minister am Mittwoch auf einer Pressekonferenz. Dabei leiste sich Deutschland ein teures Gesundheitssystem und auch die medizinische Versorgung sei eigentlich auf einem hohen Niveau. Es fehle aber vor allem an Vorbeugemedizin.
Um Erkrankungen früh zu entdecken und die Sterblichkeit zu senken, sieht das noch nicht vom Bundestag beschlossene Gesetz eine ganze Reihe an Maßnahmen vor. Die Apotheken spielen dabei eine Schlüsselrolle:
Lauterbach rechnet durch sein Gesetz nicht mit steigenden Kosten, da es vor allem durch eine Umschichtung von Ausgaben finanziert werden soll. Maßnahmen, die sich nicht bewährt haben, sollen wegfallen. Langfristig erwartet der Minister sogar eine Senkung der Gesundheitsausgaben, da das Gesetz dazu beitrage, viele schwere Erkrankungen zu verhindern.
Das GHG wird von verschiedenen Seiten kritisiert. Die ABDA lobte im Juli zwar den Ansatz, Apotheken als niedrigschwellige Anlaufstellen zu etablieren, verwies aber auf die schwierige Situation der Offizinen. »Leider konterkariert das Bundesministerium für Gesundheit diesen begrüßenswerten Ansatz anderweitig dadurch, dass es mit dem kürzlich vorgelegten Referentenentwurf eines Apotheken-Reformgesetzes die dringend gebotenen Maßnahmen zur wirtschaftlichen Stabilisierung der öffentlichen Apotheken verweigert und strukturelle Regulierungen vorschlägt, die zu einer deutlichen qualitativen Verschlechterung der Arzneimittelversorgung führen werden«, hieß es in einer Stellungnahme der Bundesvereinigung.
Hessens Gesundheitsministerin Diana Stolz (CDU) lobt das Ziel des neuen Gesetzes, hält aber den eingeschlagenen Weg für falsch. Nach dem vorliegenden Entwurf müsse davon ausgegangen werden, dass die Mittel für qualitätsgesicherte Gesundheitskurse um die Hälfte gekürzt werden. »Der Gesetzentwurf geht zu Lasten der klassischen Prävention. Es ist doch der völlig falsche Weg, wichtige Präventionsangebote zu beschneiden, die die Menschen zu einer gesundheitsförderlichen Veränderung des Lebensstils anleiten. Der Gesetzentwurf des BMG führt selbst aus, dass 70 Prozent der Herz-Kreislauf-Erkrankungen durch ungesunde Ernährung, Bewegungsmangel, Rauchen und Alkoholkonsum verursacht werden. Wir fordern den Bund daher dringend auf, hier nachzuarbeiten«, erklärt die Christdemokratin.
Auch der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) wirft Lauterbach vor, sich vom Grundgedanken der Prävention zu verabschieden. »Im Interesse von Beitragszahlenden und von Patientinnen und Patienten müssen Arzneimittel und Check-Ups ihre Wirksamkeit auch künftig wissenschaftlich nachweisen. Zudem werden mit dem Gesetzentwurf die über Jahre mit Beitragsgeldern der GKV aufgebauten Präventionsstrukturen in Deutschland gefährdet«, heißt es in einer Mitteilung.
Die AOK klagt über eine »Zweckentfremdung von Präventionsmitteln« und rechnet mit erheblichen Mehrkosten. »Statt neue Untersuchungen zur Früherkennung mit mangelhafter Evidenzbasis und fragwürdigem Nutzen zu schaffen, wertvolle Präventionsangebote zu zerstören und die Disease-Management-Programme als wirksamen Baustein zur Sekundärprävention zu gefährden, sollte die Ampel dieses Gesetz besser komplett einstampfen. Denn die im GHG vorgesehenen Maßnahmen verbessern nicht die Herzgesundheit, sondern verschärfen nur die ohnehin prekäre Finanzlage der GKV«, so die Krankenkasse.
»Wenn diese Pläne tatsächlich umgesetzt werden, ist das bestehende Angebot von Präventions- und Gesundheitskursen der gesetzlichen Krankenkassen für Erwachsene, Kinder und Jugendliche akut gefährdet. Damit konterkariert das GHG die eigene Zielsetzung, die Herzgesundheit zu verbessern sowie Bewegung und gesunde Ernährung zu fördern«, kritisiert die AOK. Statt die Präventionsgelder in »fragwürdige Maßnahmen« umzulenken, müssten bevölkerungsweite Maßnahmen zur Reduktion des Konsums von Tabak, Alkohol und Lebensmitteln mit zu viel Fett und zu viel Zucker ergriffen werden. Hier hinke Deutschland im internationalen Vergleich meilenweit hinterher.