Bündnis mit Ärzten geplant |
Die Delegierten der Apothekerkammer Berlin suchen den Schulterschluss mit anderen Leistungserbringern. ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening informierte über aktuelle Themen. / Foto: AK Berlin
Anke Rüdinger, Delegierte der Apothekerkammer (AK) Berlin und Vorsitzende des Apothekervereins Berlin, hatte die Resolution mit dem Titel »Schulterschluss von Ärzten, Apothekern und anderen Leistungserbringern im Gesundheitswesen – Jetzt!« eingebracht. Nach dem Vorbild eines ähnlichen Bündnisses in Baden-Württemberg rief Rüdinger die Kammermitglieder auf, sich auch in der Bundeshauptstadt mit anderen Leistungserbringern zusammenzuschließen, um schlagkräftiger die gemeinsamen Interessen vertreten zu können. Die meisten der Delegierten stimmten dann auch dem leicht veränderten Entwurf zu.
In der Resolution fordert die Delegiertenversammlung der AK Berlin ein »Bündnis für eine menschliche, gerechte und zukunftsfähige Gesundheitsversorgung«. Begründet wird der Aufruf zum Schulterschluss damit, dass allen Leistungserbringern ähnliche Themen Sorgen bereiteten, etwa der Fachkräftemangel sowie eine »überbordende und umständliche Bürokratie und Überkontrolle«. Dadurch sei die flächendeckende Gesundheitsversorgung der Bevölkerung in Stadt und Land gefährdet. Zugleich hätten alle Leistungserbringer ein gemeinsames Ziel, nämlich die optimale Versorgung der Patienten. Aus diesen Gründen fordert die AK Berlin die Ärztekammer Berlin, die Kassenärztliche Vereinigung Berlin sowie die Organisationen weiterer Leistungserbringer im Gesundheitswesen auf, »gemeinsam dafür zu kämpfen, dass die bewährten Strukturen im Gesundheitswesen durch verlässliche Rahmenbedingungen so gestärkt werden, dass auch Berufsanfängerinnen und -anfänger eine langfristige Zukunftsperspektive ermöglicht wird und damit die Versorgung der Bevölkerung auch in Zukunft sichergestellt wird«, heißt es in der Resolution.
ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening brachte die Delegierten bei den Themen Eskalationsstrategie und Organisationsentwicklung der ABDA auf den neuesten Stand. Zunächst dankte sie den Berliner Kolleginnen und Kollegen für ihr Engagement am 14. Juni. »Als Kammer haben Sie den Protest brilliant begleitet und massiv unterstützt«, lobte sie. »Das war großartig.« Die mediale Resonanz sei gigantisch gewesen, und auch die Politik habe den Protest zur Kenntnis genommen. »Es war wichtig, dass wir eine solche Geschlossenheit gezeigt haben«, betonte Overwiening und appellierte an die Berliner Delegierten, diese Einigkeit weiterhin zu bewahren.
Die ABDA-Präsidentin wertete es als Erfolg, dass durch Änderungen am gerade im Bundestag verabschiedeten Lieferengpass-Gesetz ein Verbot der Nullretaxation in vielen Fällen, die Abschaffung der Präqualifizierung sowie eine Fortführung der flexiblen Austauschregeln bei nicht verfügbaren Medikamenten verankert wurde. Noch nicht gelungen sei es, ein höheres Honorar zu erreichen. Dafür werde sich die Bundesvereinigung im Zuge der Eskalationsstrategie weiterhin einsetzen. Außerdem müssten die Austauschregeln noch flexibler werden und auch bei den Darreichungsformen und in dringlichen Fällen gelten. Zudem müssten Apothekeninhaber grundsätzlich vor Nullretax geschützt werden.
Die ABDA setze sich dafür ein, dass ein weitergehender Schutz vor Nullretax im Herbst in das geplante Entbürokratisierungsgesetz aufgenommen werde, informierte Overwiening. Sie warb für Verständnis dafür, dass die Standesvertretung nur etwas für die Apothekerschaft erreichen könne, wenn sie eine Vertrauensbasis zu Politikerinnen und Politikern aufbaue. In der Sommerpause werde die ABDA beispielsweise in den Wahlkreisen aktiv werden und bei einer Postkartenaktion die Patienten mit einbinden. Wie die politische Arbeit weitergeführt werde, hänge von politischen Erfolgen ab. »Wenn die Politikerinnen und Politiker auf unsere Vorschläge nicht reagieren, werden wir weiter eskalieren«, kündigte sie an. »Wir freuen uns auf die nächsten Eskalationsstufen«, kommentierte Kerstin Kemmritz, Präsidentin der AK Berlin.
Overwiening informierte auch über den Stand der ABDA-Organisationsentwicklung. Derzeit dauerten Entscheidungen viel zu lange. Ziel der Reform seien daher schnellere und transparentere Entscheidungen, die auf einer breiteren Basis getroffen würden. Dazu lägen Ergebnisse einer Strukturanalyse vor. Die ABDA-Präsidentin sicherte den Berliner Delegierten zu, dass in der neuen Struktur die Vertretung aller Mitgliedsorganisationen aufgewertet werde. »Es wird mehr Demokratie geben als bisher«, versprach sie.
Auch Kammerpräsidentin Kerstin Kemmritz bezeichnete den Protesttag am 14. Juni als Erfolg. »Alle haben zusammengestanden, das sollte uns Mut machen.« Sie appellierte ebenfalls an die Delegierten, diese Geschlossenheit beizubehalten. Anders als Overwiening vertrat Kemmritz allerdings die Ansicht, dass die Apothekerschaft beim Lieferengpass-Gesetz nicht viel erreicht habe. Es gebe zwar kleine Erfolge, aber noch seien viele Punkte offen. So fehlten beim Nullretax-Verbot viele Fälle, und die Engpass-Vergütung von 50 Cent zeige, wie wenig die Arbeit der Apothekenteams wertgeschätzt werde. »Ich sehe aber Chancen, wie wir weiter vorankommen können«, sagte Kemmritz.
Kritik äußerte die Kammerpräsidentin an der ABDA-Organisationsreform. Anfangs sei die AK Berlin beteiligt worden. Doch der aktuelle Vorschlag zur Strukturreform habe nichts mehr vom Mut und der weitreichenden Analyse, die den Entwurf zu Beginn des Prozesses ausgemacht habe. Die größten Veränderungen seien wieder fallengelassen worden. Das Verfahren sei nicht »ganz glücklich« gewesen. »Dabei wurde eine Chance vertan«, kritisierte Kemmritz.