| Lukas Brockfeld |
| 02.12.2025 16:16 Uhr |
Florian Hartge, Philipp Stachwitz, Christiane Wessel, Moritz Eckert und Jan-Martin Wiarda (v.l.n.r.) diskutieren über die ePA. / © PZ/Brockfeld
Seit Oktober sind Apotheken, Praxen und andere Leistungserbringer zur Nutzung der elektronischen Patientenakte verpflichtet. Doch noch sind die Funktionen der Akte beschränkt und es gibt viele Baustellen. Wie geht es jetzt weiter? Darüber wurde am Dienstag auf dem »National Digital Health Symposium 2025« in Berlin diskutiert.
Dafür waren Moritz Eckert (Facharzt für Allgemeinmedizin), Christiane Wessel (Stellvertretende Vorsitzende der KV Berlin), Philipp Stachwitz (Leiter des Stabsbereichs Digitalisierung der KBV) und Florian Hartge (Geschäftsführer der Gematik) eingeladen. Die Moderation übernahm der Journalist Jan-Martin Wiarda.
Die Vertreterinnen und Vertreter der Ärzteschaft waren sich weitgehend einig, dass die ePA, von der elektronischen Medikationsliste (eML) abgesehen, aktuell noch keinen besonders großen Nutzen im Versorgungsalltag entfaltet. »Wir Deutschen haben digitalisiert, um arbeitende Menschen vom Arbeiten abzuhalten. Wir bürokratisieren uns zu Tode und machen es auch noch falsch«, lautete das bittere Fazit von Moritz Eckert.
Florian Hartge schätzte die Situation erwartungsgemäß anders ein. »Wir bekommen überwiegend positives Feedback. Ärzte und Apotheker sagen uns, dass die das im Prinzip richtig finden und so wollen«, erklärte der Gematik-Chef. Auch Hartge gestand ein, dass es noch Verbesserungsbedarf gibt: »Doch bis wir die perfekte ePA gehabt hätten, wäre es 2030 geworden.«
Außerdem betonte der Geschäftsführer der Gematik, dass sich der Nutzen der ePA nicht nur auf die Medikationsliste beschränke. »Viele Ärztinnen und Ärzte sagen, dass in der ePA Befunde stehen, die ihnen helfen. Die Teilnahmequote der Krankenhäuser ist noch nicht so hoch, wie wir uns das wünschen. Doch es gibt bereits Krankenhäuser, die die ePA integriert haben. Viele Ärzte sagen uns, dass sie dank der ePA-Daten endlich wissen, was mit ihrem Patienten passiert ist«, so Hartge. Die ePA stifte dort, wo sie eingesetzt wird, oft einen Mehrwert. Trotzdem sieht auch er noch Verbesserungsbedarf.
Christiane Wessel bestätigte mit Blick auf ihre eigene Praxis, dass die ePA einen Nutzen stifte. Aktuell warte sie auf neue Funktionen wie den elektronischen Impfpass oder den elektronischen Mutterpass. »Aber wir brauchen eine Bahnstrecke, die funktioniert. Die häufigen Ausfälle sind äußerst nervig. Viele Kolleginnen und Kollegen berichten außerdem, dass sie mit ihrem Praxisverwaltungssystem Probleme haben«, so die Vorsitzende der KV-Berlin.
Florian Hartge äußerte ebenfalls Unmut über die instabile Telematikinfrastruktur, für die er vor allem Drittanbieter verantwortlich machte. »Die TI, so wie sie heute ist, ist das Ergebnis davon, wie sie vor 15 Jahren designt wurde. Die Gematik überwacht die TI, aber wir betreiben sie nicht. Da müssen wir besser werden und andere Wege finden«, sagte der Gematik-Chef.
Angesichts der zahlreichen Neuerungen und Probleme der vergangenen Monate sprach sich Moritz Eckert für eine Pause in der Digitalisierung aus. »Eigentlich brauchen wir mal eine gewisse Zeit zum Durchschnaufen, damit wir das, was da ist, adäquat etablieren können. Wir bekommen ständig sehr viele unterschiedliche Meldungen, zum Beispiel zum SMC-B Austausch, die ein normaler Mensch fast gar nicht mehr versteht. Wir brauchen ein bisschen Zeit, um uns wieder auf das Kernthema zu fokussieren«, so der Arzt.
Philipp Stachwitz konnte dieser Idee etwas abgewinnen. »In vielen Praxen ist zum Beispiel kaum Bewusstsein dafür da, dass sie mit KIM die Möglichkeit haben, verschlüsselte E-Mails zu verschicken. Da müssen wir einfach konsolidieren und schauen, wie der Einsatz am besten geht«, erklärte der Leiter des Stabsbereichs Digitalisierung der KBV. Die KBV wolle sich für die Weiterentwicklung der gesetzlichen Regelungen einsetzen.
Florian Hartge sprach sich gegen die Idee der Digitalisierungspause aus. »Wir bekommen immer wieder gesagt, dass zu viel und zu schnell digitalisiert wird. Doch im selben Satz fragen die Leute, warum noch nicht alle Rezepte digital sind oder warum es keine Textsuche gibt. Wir müssen uns entscheiden, langsam und alles geht nicht«, betonte der Gematik-Chef. Seine Organisation versuche, die Menschen so gut es geht zu begleiten und zu befähigen. »Aber die Gematik besteht nur aus einigen Leuten in Berlin. Wenn wir ein paar Info-Videos und Materialien produzieren, dann ist das nicht genug für ganz Deutschland. Wir müssen alle mitmachen.«