BPhD nimmt Stellung zum ApoVWG |
Der Studierendenverband begrüßt einige der Vorhaben des neuen Gesetzes, darunter die Ausweitung der Abgabekompetenzen von Apothekern. / © Getty Images/PeopleImages
Während der Bundesverband der Pharmaziestudierenden in Deutschland (BPhD) einige Vorhaben im geplanten Apothekenversorgung-Weiterentwicklungsgesetz (ApoVWG) ausdrücklich begrüßt, unter anderem die Ausweitung der pharmazeutischen Dienstleistungen oder des Impfangebots in Apotheken sowie die geplante Abgabe von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln ohne Rezept in bestimmten Fällen, seien andere Ansätze »unzureichend durchdacht«. Aus Sicht des BPhD greift der Referentenentwurf zu kurz, da er nicht alle relevanten Aspekte der Apothekenversorgung berücksichtigt.
Der Verband nutzte die Stellungnahme auch dazu, erneut auf die überfällige Novellierung der Approbationsordnung für Apotheker (AAppO) hinzuweisen und betonte, dass die Reform eine gute Chance sei, dieses Vorhaben zu berücksichtigen. »Bleibt dieser Aspekt jedoch unberücksichtigt,
besteht die Gefahr, dass wichtige Chancen zur Modernisierung der Ausbildung ungenutzt bleiben und
die pharmazeutische Ausbildung nicht in vollem Umfang mit den Entwicklungen im Gesundheitswesen Schritt hält.«
Der Referentenentwurf sieht vor, die bisherigen fünf vergüteten pharmazeutischen Dienstleistungen (pDL) um vier zu erweitern:
Die Ausweitung und auch die Verordnungsfähigkeit, die die interprofessionelle Zusammenarbeit stärke, unterstützt der Studierendenverband ausdrücklich. Außerdem würden pDL dadurch stärker von der Bevölkerung wahrgenommen. Als weitere mögliche pDL könne sich der BPhD etwa (Notfall-)Verhütungsberatung oder Kapillarblut-Untersuchungen auf verschiedene Krankheitsmarker vorstellen.
Des Weiteren unterstützt der Verband die geplante Erweiterung des Covid- und Grippe-Impfangebots in Apotheken um Totimpfstoffe »mit Nachdruck« – und schlägt vor, dass auch Pharmazeuten im Praktikum (PhiP) nach einer entsprechenden Schulung impfen sollen dürfen. Für die Verimpfung von Totimpfstoffen soll es ergänzend zur bisherigen Impfschulung eine Ergänzungsschulung geben.
Der Referentenentwurf sieht vor, dass Apotheker künftig in bestimmten Fällen
verschreibungspflichtige Arzneimittel auch ohne Rezept abgeben dürfen. So sollen sie etwa einmalig die kleinste Packung bei einer Dauermedikation über mindestens vier Quartale abgeben dürfen, wenn die Therapie unmittelbar fortgeführt werden muss (neu eingeführter § 48a im AMG).
Der BPhD begrüßt diese Erweiterung der pharmazeutischen Kompetenzen ausdrücklich und sieht darin »eine praxisnahe Maßnahme«, um die Patientenversorgung sicherzustellen. Er plädiert jedoch dafür, auf eine Beschränkung der Packungsgröße zu verzichten, um Lieferprobleme zu vermeiden.
Außerdem spricht sich der Verband dafür aus, eine Regelung, die während der Coronapandemie und bis April 2023 gültig war, in ähnlicher Form wieder aufzunehmen. Damals durften Apotheker nach ärztlicher Rücksprache ein nicht lieferbares Arzneimittel gegen ein pharmakologisch-therapeutisch vergleichbares austauschen. Ihnen solle die Möglichkeit des Austauschs »unter gesetzlich klar definierten Voraussetzungen« dauerhaft eingeräumt werden, lautet der Vorschlag.
Im Gesetzentwurf ist außerdem vorgesehen, dass Apotheker verschreibungspflichtige Medikamente gegen bestimmte akute, unkomplizierte Erkrankungen ohne Rezept abgeben dürfen – welche das sein werden, muss erst noch per Rechtsverordnung geklärt werden. »Der BPhD begrüßt die geplante Erweiterung der pharmazeutischen Kompetenzen grundsätzlich als wichtigen Schritt hin zu einer modernen, interprofessionellen Gesundheitsversorgung«, der Versorgungslücken schließen und Ärzte entlasten könne.
Dabei müsse die Patientensicherheit aber an erster Stelle stehen, weshalb sich der Verband dafür ausspricht, dass die neue Verschreibungskompetenz von einer Fort- und Weiterbildung begleitet wird, die Pharmakotherapie, klinische Entscheidungsprozesse und interprofessionelle Kommunikation beinhaltet. Außerdem sollte die Einführung aus Sicht des BPhD wissenschaftlich begleitet und evaluiert werden.
Apotheker, die ihre pharmazeutische Prüfung nicht in Deutschland abgelegt haben, deren Beruf aber hierzulande anerkannt wurde, sollen es künftig einfacher haben, eine Apotheke zu übernehmen oder zu gründen. So sollen sie nicht mehr an einen bereits bestehenden Betrieb und mindestens drei Jahre Berufspraxis in Deutschland gebunden sein. Der BPhD befürwortet dies vor dem Hintergrund des Nachwuchs- und Apothekermangels.
Auch das Vorhaben, dass Filial- und Zweigapotheken zukünftig von zwei Apothekern (gegebenenfalls mit unterschiedlichen Verantwortungsbereichen) geleitet werden können, begrüßt der Verband. So könne der Einstieg in eine Führungsrolle für Berufsanfänger erleichtert werden. Außerdem ergäben sich so Teilzeitmöglichkeiten, die Familie und Beruf besser vereinen.
Laut dem Referentenentwurf sollen pharmazeutisch-technische Assistenten (PTA) nach einer Weiterbildung 20 Tage im Jahr, davon maximal zehn am Stück, den Apothekenleiter vertreten dürfen. In diesem Vorhaben sieht der BPhD Schwächen: er begrüße zwar die Weiterentwicklung des PTA-Berufs, sieht jedoch in diesem Vorschlag »nicht die notwendigen Schritte, um dem Fachkräftemangel angemessen entgegenzuwirken.« Zumal man bei einem solchen Vorhaben darauf achten müsse, dass vertretungsberechtige PTA keine unfairen oder zu langen Arbeitszeiten oder ein zu niedriges Gehalt für die neue Verantwortung auferlegt bekommen.
Um den Mangel an vertretungsberechtigten Personen zu beheben, schlägt der Verband vielmehr vor, interessierte PTA dazu zu ermutigen, Pharmazie zu studieren und die Approbation als Apotheker zu erwerben. Alternative Studienmodelle, niedrigschwelligere Zugangsvoraussetzungen für PTA mit mehreren Jahren Berufserfahrung oder spezielle Förderprogramme könnten hierzu hilfreich sein.
Ein weiterer Vorschlag: »Der BPhD möchte dazu anregen, dass die Rahmenbedingungen für die Vertretung in Nacht- und Notdiensten durch PTA spezifiziert werden.« Es sei in Kooperation mit den standespolitischen Instanzen der PTA ein Konzept zur telepharmazeutischen Vertretung auszuarbeiten, wodurch PTA mit mehreren Jahren Berufserfahrung nach Fortbildungen in der Lage sind, Apotheker in Sonderfällen wie bei Krankheit, Urlaub oder Verspätungen zu vertreten. Letztere »müssten jederzeit telefonisch erreichbar sein und behielten weiterhin die Aufsichtspflicht«. Somit könne die »Personalflexibilität zu fairen Bedingungen« für PTA gesteigert werden.
Bezüglich des Versands und der Lieferung kühlpflichtiger Arzneimittel, fordert der Verband, dass das Personal, das diese ausliefert, eine entsprechende Schulung machen muss, um die »ständige Qualitätssicherung« bis zur Zustellung zu garantieren. Außerdem sei »sicherzustellen, dass alle Versender, einschließlich des ausländischen Versandhandels, die geltenden gesetzlichen Vorgaben einhalten, damit faire Wettbewerbsbedingungen zwischen Versand- und Vor-Ort-Apotheken bestehen.«
Zukünftig soll es laut Gesetzentwurf außerdem möglich sein, dass Filialverbünde die Rezepturherstellung und Prüfung von Stoffen in einer Apotheke zentralisieren. Der BPhD begrüßt die erhöhte Flexibilität, warnt jedoch davor, dass dies die Arzneimitteltherapiesicherheit gefährden und die zeitnahe Versorgung – besonders in Krisenzeiten und ländlichen Regionen – beeinträchtigen könnte. Diese Problematik solle im
Referentenentwurf berücksichtigt werden.
»Für Arzneimittel, die nach neu hinzugefügtem § 48a oder § 48b Arzneimittelgesetz (AMG) an
Patient*innen abgegeben werden, soll es Apotheken erlaubt sein, einen zusätzlichen Betrag zuzüglich
des Abgabepreises von bis zu fünf Euro festzulegen und zu berechnen«, schreibt der BPhD. Solche Sonderzuschläge lehnt er entschieden ab, da sie dem Solidarprinzip widersprechen und die gleichberechtigte Versorgung aller Patienten gefährden.