| Johanna Hauser |
| 02.12.2025 11:00 Uhr |
Phagen wirken sehr spezifisch gegen einzelne Bakterienlinien. Nun ist es Wissenschaftlern gelungen, das Wirkspektrum von zwei Phagen im Experiment zu erweitern. / © Adobe Stock/Tatiana Shepeleva
Antibiotikaresistenzen stellen ein zunehmendes Problem für die Gesundheitsversorgung dar. Besonders kritisch sind die sogenannten ESKAPE-Erreger, die sowohl eine Multi Drug Resistance als auch eine Extended Drug Resistance aufweisen können. Zu ihnen gehören Enterococcus faecium, Staphylococcus aureus, Klebsiella pneumoniae, Acinetobacter baumanii, Pseudomonas aeruginosa, Enterobacter-Spezies und Escherichia coli, die häufig nosokomial erworben werden.
Die Antibiotikaforschung sucht daher nach Antibiotika mit neuen Wirkmechanismen, um der Lage Herr zu werden. Einer alternativen Methode zur Behandlung von resistenten Bakterien ist nun ein Team um Pooja Ghatbale von der University of California in San Diego nachgegangen. Es versuchte, Bakteriophagen zu »trainieren« und so einer breiteren Anwendung zugänglich zu machen.
Das Prinzip der Bakteriophagen ist bereits seit etwa 100 Jahren bekannt. Die Viren sind auf Bakterien als Wirt spezialisiert, befallen und zerstören diese. Allerdings ist die Wirkung der Phagen nur auf einzelne Bakterienlinien begrenzt. Sprich, für jede Linie müsste in mühsamer Kleinarbeit der passende Phage gesucht werden.
Die Forschergruppe testete Klebsiella pneumoniae und die auf diesen Keim spezialisierten Phagen APV und Ace. Bakterium und Phagen wurden zusammen für 30 Tage in einem Nährmedium kultiviert. Aus früheren Versuchen war bekannt, dass Bakterien in Kontakt mit Phagen Resistenzmechanismen ausbilden würden. Die Vermutung der Wissenschaftler war, dass die Phagen auf Escape-Strategien ihres Wirts geeignete Gegenstrategien entwickeln, also Resistenzen gegen die Resistenzen ausbilden. Weiter war die Idee, dass die Phagen ihr Wirkspektrum erweitern und dadurch mehrere Abstammungslinien von Klebsiella pneumoniae erfolgreich lysieren können.
Die Idee der Wissenschaftler ging auf: Die ursprünglichen Phagen wiesen eine Wirksamkeit von 27,1 Prozent (APV) und 42,4 Prozent (Ace) gegenüber den 59 getesteten Isolaten von Klebsiella pneumoniae auf. Bereits nach drei Tagen verbesserte sich die Fähigkeit der Lysierung deutlich: Auf bis zu 59,3 Prozent der Isolate für Ace und 61,0 Prozent für APV. Die »Nachkommen« der ursprünglichen Phagen zeigten in 75 Prozent der Isolate eine signifikant überlegene Wachstumshemmung des Bakteriums. Es zeigte sich, dass die Phagen in der Lage waren, ihre Wirtsbereiche zu erweitern, sprich, nicht nur gegen ein Isolat wirksam zu sein. Zusätzlich hinderten sie ihr Wirtsbakterium über längere Zeiträume am Wachstum.
Alle trainierten Phagen wiesen mindestens eine Mutation im Schwanzfaserprotein auf, das für die Bindung an Wirtszellen verantwortlich ist. Am stärksten veränderte sich in allen Experimenten das Schwanzfaseradhäsin. Das Team vermutet, dass diese Mutation dafür sorgt, dass die Phagen besser an den Bakterien haften bleiben können. Auch scheint es, dass die Wirtszellen so nicht mehr in der Lage sind, schnell Resistenzen zu entwickeln.
Die Autoren vermuten, dass es möglich ist, Phagen in kürzerer Zeit für einen breiteren Einsatz fit zu machen, räumen aber ein, dass die Versuche nur an einem einzelnen klinischen ESKAPE-Erreger durchgeführt wurden.