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Faktenblatt

BMG reagiert auf geplanten Ärzteprotest

Nachdem der Virchowbund und weitere Verbände gestern bundesweite regionale Proteste und Praxisschließungen ankündigten, reagierte das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) mit einem Faktenpapier. Darin wird behauptet, dass einige Äußerungen der Ärzteschaft nicht haltbar seien.
Melanie Höhn
11.08.2023  11:00 Uhr

Knapp zwei Monate nach dem Protesttag der Apotheken plant nun auch die Ärzteschaft angesichts sich verschärfender Rahmenbedingungen am 2. Oktober 2023 bundesweite regionale Proteste, Praxisschließungen, Informationsveranstaltungen und Demonstrationen. Der Virchowbund hat zusammen mit neun weiteren Verbänden die Kampagne »Praxis in Not« gestartet, um unter anderem für die Wiedereinführung der Neupatientenregelung, das Ende der Budgetierung und eine Krankenhausreform zu kämpfen, »die das Potenzial des ambulanten Bereichs voll ausschöpft«, wie es gestern in einer Pressemeldung hieß.

Die Antwort des BMG ließ nicht lange auf sich warten. Der angekündigte konzertierte Kampagnenversuch der Ärzteverbände sei »mit dermaßen vielen Halbwahrheiten durchsetzt«, erklärte das BMG, »dass wir Ihnen für eine ausgewogene Berichterstattung gerne ein Faktenpapier zur ambulanten Versorgung zur Verfügung stellen«. Auf Basis der Ausgaben der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) für die ambulante ärztliche Versorgung sowie der Angaben des Statistischen Bundesamtes seien die Vorwürfe nicht nachvollziehbar. Auch nachdem im Mai bekannt wurde, dass die Apothekerschaft einen Protesttag plant, reagierte das BMG mit einem Faktenblatt. Die ABDA kritisierte damals scharf, dass dieses Papier Fakten unterschlagen und Umsatz mit Erträgen verwechselt habe.

BMG: »GKV-Ausgaben für ambulante Versorgung gestiegen«

Grundsätzlich sei die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung auch angesichts steigender Praxiskosten gewährleistet, so das BMG. »Die für Praxen relevanten Kostenentwicklungen (z.B. Inflation) sind Gegenstand der jährlichen Honorarverhandlungen zwischen den Vertretern der Ärzteschaft und der Krankenkassen zur Anpassung des Orientierungswertes (Preiskomponente). Eine Obergrenze besteht dabei nicht. Daneben wird auch der notwendige Anstieg der abrechnungsfähigen Behandlungsleistungen vereinbart (Mengenkomponente)«, hieß es weiter zur Erklärung.

Zudem seien die GKV-Ausgaben für den Bereich der ambulanten ärztlichen Versorgung in den vergangenen Jahren enorm gestiegen. »Während die Krankenkassen im Jahr 2013 hierfür noch insgesamt rund 32 Milliarden Euro ausgaben, waren es 2022 rund 46,1 Milliarden Euro. Das ist ein Anstieg von mehr als 44 Prozent und damit z.B. ein höherer Anstieg als im Bereich Krankenhaus (weniger als 36 Prozent)«, war in dem Faktenblatt zu lesen.

»Vollständige Entbudgetierung nicht geplant«

Zum Thema Entbudgetierung führte das BMG aus, dass es nicht geplant sei, »den Grundsatz der Finanzierung der gesamten vertragsärztlichen Versorgung über die von den Krankenkassen mit befreiender Wirkung an die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung zu zahlende morbiditätsbedingte Gesamtvergütung (MGV) aufzulösen«. Über die Höhe der MGV müssten sich die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen mit den Kassenärztlichen Vereinigungen auf Grundlage des notwendigen Behandlungsbedarfes einigen. Zudem habe sich in den vergangenen Jahren der Anteil der extrabudgetär vergüteten Leistungen an der gesamten vertragsärztlichen Vergütung stetig erhöht. 

Darüber hinaus habe der Gesetzgeber sichergestellt, dass ab dem 1. April 2023 die Leistungen der Kinder- und Jugendmedizin sowie Leistungen der Kinder- und Jugendpsychiatrie zu festen Preisen vergütet werden und damit entbudgetiert sind. Laut BMG habe die Bundesregierung damit unter anderem auf die angespannte Versorgungssituation in der Kinder- und Jugendmedizin reagiert. 

Mehrumsatz von 2 Milliarden Euro

Zudem sei die Aufhebung der Budgetierung der Honorare im hausärztlichen Bereich im Koalitionsvertrag vereinbart. Bundesgesundheitsminister Professor Karl Lauterbach (SPD) habe »zuletzt mehrfach betont, dass die Entbudgetierung der Hausärztinnen und Hausärzte vollzogen wird. Die Umsetzung wird derzeit vorbereitet«, hieß es weiter. Eine vollständige Entbudgetierung aller vertragsärztlichen Leistungen sei nicht Gegenstand des Koalitionsvertrages.

Weiterhin wird in dem Faktenblatt erklärt, dass während der Coronavirus-Pandemie »durch zahlreiche gesetzliche Änderungen und Rechtsverordnungen« sichergestellt worden sei, »dass die Vertragsärztinnen und Vertragsärzte die besonderen pandemiebedingten Aufgaben erfüllen konnten und hierfür zusätzliche Einnahmen erhielten«. So seien beispielsweise über die Coronavirus-Impfverordnung und die Coronavirus-Testverordnung gesonderte und über den Bund finanzierte Vergütungen für Test- und Impfleistungen eingeführt worden. Insgesamt seien mehr als 97 Millionen Corona-Impfungen in Arztpraxen durchgeführt worden – damit hätten die Praxisinhaber einen Mehrumsatz von insgesamt mindestens 2 Milliarden Euro erzielt.

Digitalisierung weiteres großes Thema

Ein weiteres Thema des BMG ist die Digitalisierung. Der Arzt müsse beispielsweise beim Umstieg auf das E-Rezept dieses nur einmal in seinem System »einschalten«. Und weiter: »Seit Juli 2023 erhalten Ärzte eine monatliche Pauschale, um die Installation und den Betrieb der TI zu finanzieren. Diese Pauschale deckt im Regelfall alle Kosten für die Komponenten und Dienste der TI ab«, so das Ministerium. Das E-Rezept sei »die Basis dafür, um zukünftig eine vollständige Transparenz über alle verordneten Medikamente eines Patienten zu erhalten und damit die Arzneimitteltherapiesicherheit zu stärken«. 

Das E-Rezept und andere digitale Anwendungen wie der Kommunikationsdienst im Medizinwesen (KIM) und die elektronische Patientenakte (EPA) würden gut funktionieren und Ärztinnen und Ärzte, die mit den Anwendungen vertraut seien, bewerteten diese im Allgemeinen als positiv. Für die Ärzte soll der Befüllungsvorgang der EPA »radikal« vereinfacht werden, »indem wir diesen weitestgehend automatisiert umsetzen und auf Daten des E-Rezepts zurückgreifen. Noch in diesem Quartal soll der TI Messenger für die Kommunikation von Leistungserbringer zu Leistungserbringer eingeführt werden«, erklärte das BMG: »Damit bieten wir allen Leistungserbringern ein Tool an, um einfach, schnell und sicher untereinander kommunizieren zu können.« Darüber hinaus habe das BMG mit der Digitalisierungsstrategie für das Gesundheitssystem und die Pflege unter Beteiligung der Ärzteschaft die Weichen für die Zukunft der Digitalisierung gestellt. 

Erste Reaktionen auf das Faktenblatt

Der Spitzenverband Fachärzte Deutschlands (SpiFa) reagierte auf das Faktenblatt und kritisierte die Einflussnahme des BMG auf die begonnenen Honorarverhandlungen in der ärztlichen Versorgung. Zudem habe das Ministerium »mit diesem Vorgehen gegen seine staatliche Neutralitätspflicht« verstoßen, so der SpiFa in einer Pressemeldung. »Das deutsche Gesundheitssystem blutet an allen Ecken und Enden aus und ist in fünf Jahren am Ende, wenn die derzeitige Gesundheitspolitik von Bundesminister Lauterbach so fortgeführt wird«, so der Verband weiter.

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