BMG pocht auf Aus für Präqualifizierungspflicht |
Cornelia Dölger |
09.09.2024 13:00 Uhr |
Die Präqualifizierungspflicht für Apotheken bei der Hilfsmittelabgabe ist gestrichen – und das bleibt auch so, betonte das BMG. / Foto: Adobe Stock/Lubos Chlubny
Geklagt hatte das Sanitätshaus Stolle. Im April reichte es Klage beim Verfassungsgericht in Karlsruhe ein, weil es sich durch die Neuregelung in seinen Grundrechten verletzt sieht. Mit dem Gesetz war die Präqualifizierungspflicht für Apotheken im vergangenen Sommer abgeschafft worden. Seit Februar dieses Jahres ist sie Geschichte, nachdem sich Kassen- und Apothekerseite die Neuregelung abgesegnet hatten. Für Sanitätshäuser gilt die Pflicht weiterhin.
Auf aktuelle Nachfrage der PZ antwortete ein Sprecher des Unternehmens, dass eine Eingangsbestätigung eingegangen sei, man aber frühestens im kommenden Jahr mit einer weiteren Reaktion aus Karlsruhe rechne. Man sei zuversichtlich, dass die Klage angenommen werde.
Dass die Klage am Ende Erfolg hat und das Lieferengpassgesetz (ALBVVG) wegen fehlender Verfassungskonformität ad acta gelegt wird, befürchtet das BMG demgegenüber nicht. Ausführlich legte eine Sprecherin gegenüber der PZ die Gründe für die Befreiung dar. So werde Apothekenpersonal bereits auf anderen Wegen bezüglich seiner Voraussetzungen für die Hilfsmittelabgabe geprüft und kontrolliert.
Die Ausbildung umfasse auch die Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten im Umgang mit Medizinprodukten. »Das Personal in öffentlichen Apotheken besitzt dementsprechend die notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen bei der Versorgung von Patientinnen und Patienten im Umgang mit Hilfsmitteln«, so das Resümee.
Das sieht Stolle anders. Als Grund für die Klage gab das Unternehmen unlängst an, für die Versorgungssicherheit müssten ausnahmslos alle beteiligten Leistungserbringer ihre entsprechende Eignung rechtlich nachweisen. »Da dies nun für bestimmte Hilfsmittel bei Apotheken nicht mehr der Fall sein soll, sehen wir eine erhebliche Gefahr für die Versorgungsqualität der Versicherten.«
Die Präqualifizierung müsse für alle Leistungserbringer gleich sein. Dass zwei Leistungserbringer durch die Neuregelung unterschiedliche Marktzugangsvoraussetzungen hätten, berühre insbesondere den sogenannten Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 des Grundgesetzes (GG). »Dieser besagt im Kern, dass es dem Gesetzgeber verwehrt ist, Ungleiches gleich, vor allem aber Gleiches ungleich zu behandeln.« Mit dem Wegfall der Präqualifizierungspflicht für Apotheken sei aber genau dies der Fall.
Das BMG argumentiert dagegen, dass im Fall der Apotheken das Ziel der Präqualifizierung verfehlt werde: das der Entbürokratisierung. Ziel der Maßnahme sei grundsätzlich, dass die Krankenkassen nicht vor jedem einzelnen Vertragsabschluss prüfen müssten, ob ein Leistungserbringer die Voraussetzungen für die Herstellung, Abgabe und Anpassung von Hilfsmitteln erfülle. Insofern trage die Maßnahme grundsätzlich »erheblich zur Vermeidung übermäßigen bürokratischen Aufwands bei«.
Zielverfehlend wäre es, wenn die Erfüllung dieser Voraussetzungen bereits auf anderem Wege überprüft werde, wie es bei Apotheken der Fall sei, meint das BMG. Deshalb sei die Pflicht für Apotheken abgeschafft worden. Die BMG-Sprecherin betont: »Das Bundesministerium für Gesundheit geht davon aus, dass die vom Gesetzgeber mit dem ALBVVG beschlossene Regelung verfassungskonform ist.«
Die Frage, ob das BMG zur Entbürokratisierung eine Abschaffung auch für andere Marktteilnehmer, etwa Sanitätshäuser, plant, beantwortete das Ministerium wie folgt: »Die Präqualifizierung wird als bewährtes Instrument zur Sicherung der Strukturqualität in der Hilfsmittelversorgung weiter erhalten bleiben.«
Das Sanitätshaus hatte nicht nur darauf gedrungen, die Präqualifizierung für Apotheken wieder verpflichtend zu machen, sondern die Vorgaben grundsätzlich zu reformieren. Unabhängig von der Verfassungsklage bestehe hier Handlungsbedarf, so ein Sprecher. »Wie auch sonst gibt es auch im Rahmen der Präqualifizierung überflüssige und redundante Auflagen und Anforderungen, die nicht dem Schutz der Versichertenrechte, sondern allein dem Regulierungsfetisch der Verwaltung dienen.« Hierzu äußerte sich das BMG nicht.