BMG: Pandemie-Umsätze ermöglichen höheren Abschlag |
Das Bundesgesundheitsministerium will die vom Bundesrat vorgeschlagenen Änderungen im Bereich des Apothekenhonorars, der Importförderklausel und bei den Rabattverträgen nicht übernehmen. / Foto: Imago Images/Future Image
Am 20. Oktober könnte das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz, mit dem der Kassenabschlag in den Jahren 2023 und 2024 auf 2 Euro angehoben werden soll, im Bundestag beschlossen werden. Danach wird das Vorhaben erneut im Bundesrat diskutiert – die Bundesländer müssen dem Gesetz allerdings nicht zustimmen. Schon nach der ersten Beratung des Gesetzes hatten die Bundesländer allerdings erheblichen Änderungsbedarf angemeldet und einen umfangreichen Kommentar an die Bundesregierung gesendet. Darin enthalten war die Forderung, auf einen erhöhten Kassenabschlag zu verzichten, weil dieser aus Sicht der Länder die Apotheken in finanzielle Nöte bringen könnte. Wie schon mehrfach zuvor, baten die Länder auch in der Stellungnahme darum, die Importförderklausel zu streichen. Und: Um die Versorgung im Generika-Bereich auf breitere Beine zu stellen, wurden Änderungen an den Rabattverträgen vorgeschlagen.
Die Gegenäußerung des Bundesgesundheitsministeriums zu den Wünschen der Länder liegt der PZ nun vor. Die meisten der Länder-Ideen lehnt das Ministerium ab, weil sie »insbesondere im Arzneimittelbereich zu erheblichen Belastungen für die GKV führen« würden. Auch am höheren Kassenabschlag für die Apotheken will das von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) geleitete Ressort festhalten, schließlich sehe das Gesetz »leistungserbringerübergreifend die Hebung von Effizienzreserven vor«.
Zur Begründung führt das Ministerium ferner an, dass die Apotheken nach Mehreinnahmen während der Pandemie diese Verluste nun stemmen könnten. »Insbesondere die Apotheken haben durch Leistungserweiterungen und auch pandemiebedingt Mehrumsätze verzeichnet. So lag der Mehrumsatz im Jahr 2021 gegenüber dem Vorjahr bei 2,5 Milliarden Euro. Vor dem Hintergrund dieser Mehreinnahmen und dem Umstand, dass die Erhöhung auf zwei Jahre befristet ist, wird die Maßnahme als verhältnismäßig angesehen.« Dass es sich bei diesen Mehrumsätzen um zeitlich befristete Sondereffekte handelte, die in den kommenden Jahren in dieser Form nicht mehr anfallen werden, erwähnt das BMG allerdings nicht.
Auch die geforderte Streichung der Importförderklausel will das BMG nicht vornehmen. Das Ministerium verweist hier auf den vom GKV-Spitzenverband erstellten Bericht zu den finanziellen Einsparungen, die sich durch die Import-Regelungen ergeben. Zwar zeige dieser, dass man wegen der Pandemie keine abschließende Bewertung der Notwendigkeit der Importförderklausel treffen könne. Allerdings ergeben sich nach Schätzungen der Arzneimittelimport-Industrie durch die Regelung direkte Einsparungen in Höhe von rund 260 Millionen Euro jährlich. Hinzu kommen laut BMG indirekte finanzielle Effekte für den Markt der patentgeschützten Arzneimittel, die sich jedoch nicht quantifizieren lassen.
Die Bundesländer hatten auch gefordert, neue Pflichten beim Abschluss von Rabattverträgen einzuführen, die eine Bevorzugung von Herstellern vorsehen, die in Europa produzieren. Dies sei aus rechtlichen Gründen nicht möglich, so das Ministerium. Schließlich sei es mit internationalen Handelsabkommen nicht vereinbar. Auch der Vorschlag, dass bei der Vergabe von Rabattverträgen die Vielfalt der Anbieter durch Mehrfachvergabe zu berücksichtigen ist, wird abgelehnt. Denn: Bereits heute werde im generischen Arzneimittelmarkt ein Großteil der Rabattverträge im Zwei- und Dreipartnermodell bzw. im Wege eines Open-House-Rabattvertrages abgeschlossen. Engere Vorgaben könnten das erhebliche Einsparvolumen, das von Rabattverträgen ausgeht, deutlich reduzieren und Auswirkungen auf die finanzielle Stabilität der GKV haben.
Während die Apotheken nach dieser BMG-Aussage wohl fest mit einem höheren Kassenabschlag rechnen können, dürften sich die Kassenärzte neue Hoffnung auf einen Lobby-Erfolg machen. Die Bundesregierung will eigentlich auch bei den Medizinern sparen, indem die sogenannte Neupatienten-Regelung nicht mehr extrabudgetär vergütet werden soll. Die Kassenärzte haben gegen diesen Plan heftig protestiert, dieser Protest scheint nun Früchte zu tragen. Nach der Kritik des Bundesrates kündigt die Bundesregierung nun an, »zielgenauere Alternativen« prüfen zu wollen.