BMG muss AMNOG anpassen |
Seit diesem Jahr erfolgt die klinische Bewertung von Studien auf europäischer Ebene. Das wirkt sich auch auf die Nutzenbewertung neuer Arzneimittel in Deutschland aus. / © IMAGO/imagebroker
Mit der Europäischen Verordnung zur Nutzenbewertung von Gesundheitstechnologien (EU-HTA-Verordnung) soll der Nutzen von Arzneimitteln und Medizinprodukten künftig auf europäischer Ebene bewertet werden. Die Verordnung ist seit Ende 2021 in Kraft und wird schrittweise umgesetzt. Seit 12. Januar 2024 betrifft die EU-Nutzenbewertung neu zugelassene onkologische Medikamente sowie Arzneimittel für neuartige Therapien (ATMP). Ab 13. Januar 2028 sollen Medikamente gegen seltene Krankheiten und ab 13. Januar 2030 alle anderen Arzneimittel und Medizinprodukte dazukommen.
Die EU-HTA-Verordnung wirkt sich auch auf die Nutzenbewertung in Deutschland aus, die im Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes (AMNOG) geregelt ist. Seit dem 1. Januar 2011 hat der G-BA die gesetzliche Aufgabe, für alle neu zugelassenen Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen sofort nach Markteintritt eine (Zusatz-)Nutzenbewertung durchzuführen (§ 35a SGB V). Bei der frühen Nutzenbewertung muss der G-BA künftig die EU-Ergebnisse berücksichtigen, darf aber noch ergänzende klinische Bewertungen durchführen. In der Hand der Mitgliedsstaaten bleibt weiterhin die Entscheidung über Preis und Erstattung von neuen Präparaten und Therapien sowie die Beurteilung des Zusatznutzens.
Um das nationale mit dem europäischen Verfahren zu verzahnen, hat das Bundesgesundheitsministerium (BMG) nun den Entwurf einer »Ersten Verordnung zur Änderung der Arzneimittel-Nutzenbewertungsverordnung« veröffentlicht. Demnach soll das europäische Verfahren eine »Grundlage für Entscheidungen der nationalen Gesundheitssysteme bilden« und den bürokratischen Aufwand der Pharmaunternehmen bei der Einreichung der Daten verringern.
Das BMG erwartet, dass auf EU-Ebene und im Zusammenspiel zwischen europäischen und nationalen Verfahren in der Einführungsphase noch »Lernprozesse« stattfinden werden. Daher schlägt das Ministerium zunächst »lediglich geringfügige Anpassungen« der Verordnung vor.
Laut dem Entwurf muss ein Pharmaunternehmen Daten, das es bereits für die europäische Bewertung zur Verfügung gestellt hat, nicht erneut im nationalen AMNOG-Dossier aufführen. Es genügt ein Hinweis auf das europäische Dossier, das der Hersteller zusammen mit dem nationalen Dossier beim G-BA einreichen muss. Der Hersteller behält dabei das Recht, eine Vergleichstherapie auszuwählen, wenn der G-BA mehrere Vergleichstherapien vorgegeben hat.
Der G-BA soll das Bewertungsverfahren künftig um bis zu drei Monate aussetzen können, wenn der Bericht der europäischen Bewertung noch nicht vorliegt. Die Berichte sind Gegenstand der Anhörungen im G-BA und beim Nutzenbeschluss angemessen zu berücksichtigen.
Während der G-BA dafür bis dato noch das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) beauftragte, wird das Institut demnächst auf europäischer Ebene selbst an dem europaweiten HTA-Bewertungsbericht mitarbeiten.
Mit dem Verordnungsentwurf will das BMG auch eine Neuregelung im Medizinforschungsgesetz (MFG) umsetzen. So muss demnach der Hersteller im nationalen Dossier künftig angeben, wie hoch der Anteil deutscher Probanden an den klinischen Studien ist.