BMG mauert bei Evaluation zu Rx-Boni |
| Cornelia Dölger |
| 18.11.2025 16:20 Uhr |
Rabatte, Gutscheine, Geschenke: Die EU-Versender ködern Kunden mit Aktionen, die rechtlich zweifelhaft sind. / © Screenshot: shop-apotheke.com
Anlass, um sie in ihrer Preispolitik in die Schranken zu weisen, geben die EU-Versender mit ihren Rabattaktionen reichlich. Den Umtrieben versucht man mit Hebeln aus dem dem Heilmittelwerberecht sowie dem Sozialrecht zu begegnen. Ins Sozialgesetzbuch (SGB) V war 2020 über das Vor-Ort-Apothekenstärkungsgesetz (VOASG) eine Regelung zu Rx-Boni eingezogen.
Laut § 129 Absatz 3 SGB V gilt für gesetzlich Versicherte ein einheitlicher Rx-Preis, unabhängig davon, ob sie die Präparate in einer Vor-Ort-Apotheke oder über eine EU-Versandapotheke beziehen. Apotheken, die zulasten der GKV abrechnen, müssen die Preisbindung einhalten und dürfen keine Zuwendungen an Versicherte gewähren.
Dass Doc Morris & Co. es dennoch tun, ist offensichtlich. Womit das VOASG wieder ins Spiel kommt. Denn dieses Gesetz beinhaltet die Verpflichtung zu prüfen, ob die Boni-Regelung im SGB V wirkt. Seinerzeit hatte der damalige Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) das Boniverbot als Kompromiss ins VOASG schreiben lassen; ein im Koalitionsvertrag verankertes Rx-Versandverbot hatte das BMG am Ende wegen europarechtlicher Bedenken verworfen. Das VOASG sollte für Gleichpreisigkeit zumindest im GKV-Bereich sorgen, ohne den Versandhandel komplett zu verbieten – ein Konstrukt, das die Versender immer wieder herausfordern.
»Eine Evaluierung der Auswirkungen der Regelung des § 129 Absatz 3 Satz 2 und 3 SGB V ist gemäß § 129 Absatz 5e SGB V für das Jahr 2023 vorgesehen«, heißt es im VOASG. Im Blick sollten BMG und das Bundeswirtschaftsministerium dabei vor allem haben, wie die Marktanteile von Versendern und lokalen Apotheken im Rx-Bereich verteilt sind, erläutert die Gesetzesbegründung. Als erweiterter Auftrag solle zudem geprüft werden, ob die aktuelle Vergütung für Apothekenleistungen noch angemessen ist. »Die Evaluation schließt eine Überprüfung der bestehenden Vergütungen für Leistungen der Apotheken und mögliche Maßnahmen zur Anpassung ein«, heißt es wörtlich.
Offenbar hat es eine solche Evaluation gegeben, dies allerdings ziemlich geräuschlos. Ein BMG-Sprecher bestätigte gegenüber der PZ, dass die Ministerien »die Auswirkungen der Regelung des § 129 Absatz 3 Satz und 3 SGB V auf die Marktanteile von Apotheken und des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln« evaluiert hätten. Die erhobenen Daten hätten gezeigt, dass »sich der Anteil des EU-Versandhandels am Rx-Markt weiterhin auf sehr niedrigem Niveau« befinde. Zur Frage der Rx-Gleichpreisigkeit oder einem möglichen Anpassungsbedarf der Apothekenleistungen gab es keine Antwort.
Fraglich ist, inwiefern das Ziel des VOASG, im GKV-Bereich für Gleichpreisigkeit zu sorgen, mit dieser Erhebung abgebildet ist – zumal die Daten aus 2023 oder früher stammen dürften, als das E-Rezept noch nicht flächendeckend eingeführt war. Die Aussagekraft einer solchen Erhebung ist mit Blick auf die veränderten Rahmenbedingungen also überschaubar.
Neben den Attacken der Versender muss die SGB-V-Regelung auf Dauer auch dem EU-Recht standhalten. Bislang gibt es dazu noch kein höchstrichterliches Urteil. Bei der Mitgliederversammlung des Apothekerverbands Westfalen-Lippe vergangene Woche warnte der Apothekenrechtler Professor Elmar Mand, dass er mit einem baldigen »Frontalangriff« auf diese Regelung rechne.