BMG gewährt ein Jahr Aufschub |
| Alexander Müller |
| 07.11.2025 16:00 Uhr |
Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) will Kassen und Apotheken mehr Zeit einräumen, sich beim Thema Chargendokumentation bei verbitterten Arzneimitteln zu einigen. / © IMAGO/Mike Schmidt
Das Problem ist noch immer nicht gelöst: Eigentlich muss die Charge des abgegebenen Arzneimittels bei der Abrechnung des Rezepts dokumentiert werden, bei verblisterten Arzneimitteln ist das zu diesem Zeitpunkt aber nicht möglich. Als Übergangslösung dürfen die Apotheken den Begriff »STELLEN« in den E-Abgabedatensatz eintragen. Doch die Frist dafür endet am 31. Dezember 2025.
Nun hat sich das BMG eingeschaltet und direkt an Kassen und Apotheker gewandt: Das Ministerium bittet die Verhandlungspartner, die bestehende Übergangsregelung zur Chargendokumentation um ein Jahr bis zum 31. Dezember 2026 erneut zu verlängern. Bis zum Abschluss der Prüfungen und der Umsetzung eines Regelungskonzepts sei »eine nahtlose Versorgung der Bewohnerinnen und Bewohner in Pflegeeinrichtungen sicherzustellen«, begründet das BMG.
Zwar kann das BMG dies nicht verfügen, sondern nur an die Krankenkassen appellieren, das Ministerium hat in der Sache allerdings schon einmal wirkungsvoll ein Machtwort gesprochen: Im November 2023 hatte das BMG »geeignete vertragliche Regelungen zur Ausnahme von der Verpflichtung zur Chargendokumentation« gefordert und den Ausschluss von Retaxationen bis zum 30. Juni 2025 vorzunehmen.«
Der Deutsche Apothekerverband (DAV) und der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-SV) einigten sich Ende des Jahres. Und als im Sommer noch immer keine endgültige Lösung vorlag, wurde die Frist am 1. Juli 2025 bis zum Jahresende verlängert. Die Kassen wollen auch bei Altfällen auf Retaxationen verzichten.
Auch der Bundesverband der Versorgungsapotheker (BVVA) und der Bundesverband Patientenindividueller Arzneimittelverblisterer haben das Ministerium immer wieder auf das Problem hingewiesen. Das BMG sieht daher »Anlass zu einer vertieften Prüfung der rechtlichen Rahmenbedingungen«. Diese Prüfung betreffe mehrere Rechtsbereiche und erfordere eine »eingehende Auseinandersetzung mit den relevanten bestehenden sowie möglicherweise neu zu regelnden Vorschriften«.
Das Ministerium sieht den Bedarf für ein »Regelungskonzept, das die Arzneimittelverblisterung rechtssicher gestaltet«. Die Chargendokumentation auch bei verblisterten Arzneimitteln soll vor allem die Rückverfolgbarkeit des verordneten Arzneimittels garantieren: Welche Packungen wurden verordnet, zur Verblisterung verwendet, abgegeben und abgerechnet?
Für die Krankenkassen geht es auch um Geld. Im Falle eines Rückrufs muss sichergestellt werden können, dass den Kassen keine Doppelabrechnung droht. Daher ist Transparenz nicht nur für die Arzneimittelsicherheit wichtig.
Das BMG legt zudem Wert darauf, dass sicher nur Fertigarzneimittel gemäß den gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben verwendet werden. »Nach aktuellem Stand ist davon auszugehen, dass eine vollständige Prüfung und etwaige gesetzliche Anpassungen nicht bis zum Ende des Jahres 2025 abgeschlossen sein werden«, heißt es im Schreiben des BMG. Der baden-württembergische Landtagsabgeordnete Andreas Deuschle (CDU) hatte bereits angedeutet, dass Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) die Frist gern verlängert sähe. Die beiden waren gemeinsam in der »Apotheke Mache« in Ostfildern-Nellingen, die auch in der maschinellen, patientenindividuellen Verblisterung aktiv ist.
An einer Lösung des Problems wird gearbeitet. Wenn auch nicht bei der Abgabe, so soll zumindest im Nachhinein konkret nachvollziehbar sein, welche Charge verwendet wurde. Der DAV hat dem GKV-Spitzenverband bereits einen Vorschlag vorgelegt, der Ball liegt nun bei den Kassen. Das Ministerium hat den Verhandlungspartnern mit dem neuerlichen leisen Machtwort zumindest wieder Zeit verschafft.