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Metaanalyse

Blutdrucksenkung mit der Apotheke am effektivsten

Regelmäßige externe Blutdruckkontrollen bei Hypertonie-Patienten helfen, die Zielwerte im Blick zu halten. Es gibt viele Studien, in denen belegt wurde, wie effektiv solche Interventionen durch verschiedene Berufsgruppe sind. Jetzt zeigt eine Metaanalyse: Die größte Blutdrucksenkung erreichen Apotheken.
Daniela Hüttemann
23.07.2024  13:20 Uhr

Zu hoher Blutdruck gilt als einer der wichtigsten Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Millionen Menschen weltweit erhalten daher Blutdrucksenker sowie Ratschläge zu Lebensstilmodifikationen und müssen ihren Blutdruck regelmäßig messen (lassen). Liegt er nicht im Zielbereich, sind Therapiemodifikationen, weitere Maßnahmen oder manchmal auch gutes Zureden zur Adhärenz-Steigerung nötig. Das können je nach Land und Region unterschiedliche Berufsgruppen übernehmen.

Es gilt als gut belegt, dass eine regelmäßige Blutdruckkontrolle durch Hausärzte, Gemeindeschwestern oder Apotheker und PTA in der Apotheke den Betroffenen hilft, ihren Blutdruck zu senken. Nun haben US-Epidemiologen eine Metaanalyse solcher Studien durchgeführt und verglichen, welche Berufsgruppe mit ihren Interventionen den größten Effekt erzielt: Es sind Apotheker, gefolgt von kommunalen Gesundheitshelfern wie »Gemeindeschwestern« und Gesundheitscoaches wie Ernährungsberater, ergab die Analyse von hundert wissenschaftlichen Artikeln, die Daten von 90.474 Hypertonie-Patienten umfassten. Die Daten wurden vergangenen Freitag im Fachjournal »Circulation: Cardiovascular Quality and Outcomes« veröffentlicht.

Dabei sanken der systolische und diastolische Blutdruck bei Interventionen durch Apotheker um 7,3 und 3,9 mmHg, bei den sogenannten Community Health Workers um 7,1 und 3,7 mmHg. Gesundheitscoaches erreichten eine Reduktion des systolischen Blutdrucks um 5,2 mmHg und sogenannte »Multiple Health Care Professional-led Interventions«, bei denen die Interventionen zwischen verschiedenen Berufsgruppen aufgeteilt waren, ein Minus um 4,2 mmHg. Darauf folgen Maßnahmen durch Pflegekräfte (minus 3,0 mmHg) und als Schlusslicht die Allgemeinmediziner (minus 2,4 mmHg).

Auch im direkten 1:1-Vergleich zwischen Apothekern und jeweils anderen Berufsgruppen schnitten die Apotheken deutlich besser ab: Im Vergleich zu den Hausärzten sank der systolische Blutdruck um 4,9 mmHg mehr, um 4,3 mmHg mehr als bei Pflegekräften und um 3,1 mmHg im Vergleich zu den gemischten Teams. Dabei konnten je nach Studiendesign auch andere Berufsgruppen als die Ärzte eine Dosisanpassung der Antihypertensiva vornehmen, also in anderen Ländern auch Apotheker.

Medikationsanpassung: »Apotheker perfekt geeignet«

Apotheker erreichten also eindeutig die größten Verbesserungen, schließt das Autorenteam um Leitautorin Dr. Katherine Mills, Associate Professor für Epidemiologie an der Tulane University School of Public Health and Tropical Medicine, New Orleans, USA. »Die gute Nachricht ist, dass alle Fachkräfte des Gesundheitswesens bei der Durchführung von Maßnahmen effektiv waren«, so Mills. Wenn es jedoch darum gehe, auf die unterschiedlichen individuellen medizinischen Bedürfnisse von Bluthochdruckpatienten einzugehen, seien Apotheker möglicherweise besonders gut geeignet.

Sie war von den Ergebnissen nicht überrascht und kommentiert in einer Pressemitteilung ihrer Universität: »Die Behandlung des Blutdrucks kann mehr Zeit in Anspruch nehmen, als bei einem Hausarztbesuch oft zur Verfügung steht. Jemanden zu beauftragen, der nicht die gleichen zeitlichen Beschränkungen hat, könnte der effektivste Ansatz sein.« 

Und weiter: »Eine der großen Herausforderungen besteht darin, die richtigen Kombinationen und Dosierungen von blutdrucksenkenden Medikamenten zu finden, und das kann für einige Patienten schwierig werden, die wiederholt behandelt werden müssen«, so Mills. »Apotheker sind dafür perfekt geeignet.«

Warum sind Apotheker so gut im Management von Bluthochdruck?

Das fragen sich in einem begleitenden Editorial der Pharmazeut Professor Dr. Ross Tsuyuki (Universität von Alberta, Kanada) und der Kardiologe Associate Professor Dr. Florian Rader (Cedars-Sinai Medical Center, Los Angeles, USA). Sie geben auch gleich eine Antwort: »Apotheker folgen gewissenhaft den Behandlungsrichtlinien und kennen die Medikamente und die Patientenadhärenz gut.« So gebe es beispielsweise in Kanada bereits seit fast zwanzig Jahren Behandlungs-Leitlinien für Apotheker.

Auch die Leitlinie der European Society of Hypertension (ESH) verweist auf die breite Evidenz für die verbesserte Erkennung und Kontrolle von Bluthochdruck durch Apotheker, gerade, wenn diese nicht nur kontrollieren und gut zureden, sondern die Medikation auch selbstständig anpassen dürfen. 

Im Übrigen könnten sie dadurch auch Millionen Lebensjahre retten und langfristig Milliarden Dollar einsparen, schreiben Tsuyuki und Rader mit Verweis auf eine Kosten-Effektivitäts-Analyse aus den USA, die vergangenen November in »JAMA Network Open« publiziert wurde.

Hindernisse: Revierkämpfe, Regularien und mangelnde Vergütung

Als Hindernisse, Apotheker hier mehr einzusetzen, identifizieren die Kommentatoren die Ablehnung solcher Maßnahmen durch Hausärzte oder deren Verbände, trotz der eindeutigen Faktenlage und Workload der Praxen. Zudem gebe es immer noch regulatorische Hürden, da wie in Deutschland vielerorts Apotheker gar nicht oder nur abhängig von Ärzten Antihypertensiva verordnen oder anpassen dürfen. Eine unabhängige Verordnung durch Apotheker ist beispielsweise im US-Bundesstaat Idaho und der kanadischen Provinz Alberta erlaubt.

Drittens müssten Apotheker dafür entsprechend ausgebildet sein und die Lehrpläne gegebenenfalls angepasst und Fortbildungen angeboten werden. Last but not least spielt auch die Vergütung solcher Maßnahmen eine Rolle. »Niemand sollte von Apothekern erwarten, dass sie Patienten mit Bluthochdruck kostenlos betreuen. Eine faire Vergütung der Apotheker würde immer noch Geld sparen«, so die Autoren.

Sie mahnen: »Angesichts der globalen Belastung durch Bluthochdruck dürfen wir nicht zulassen, dass Revierkämpfe und ein veraltetes regulatorisches Umfeld uns in die Quere kommen – unsere Patienten mit Bluthochdruck brauchen es, dass wir hierfür eine Lösung finden.«

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