Blutdrucksenker besser morgens oder abends nehmen? |
Daniela Hüttemann |
20.05.2025 16:20 Uhr |
Blutdrucksenker morgens oder abends einnehmen? Die Studienlage ist hier nicht eindeutig, sodass man nach den Präferenzen des Patienten gehen kann. / © Getty Images/Jim Craigmyle
Wie so viele Körperfunktionen unterliegt auch der Blutdruck zirkadianen Rhythmen. Er liegt normalerweise nachts niedriger als tagsüber. Trotzdem scheint das kardiovaskuläre Risiko vor allem in den frühen Morgenstunden höher zu liegen. Könnte es daher von Vorteil sein, Antihypertonika abends anzuwenden? Diese Frage wurde bereits in drei randomisierten klinischen Studien untersucht, jedoch ohne eindeutige Ergebnisse (MAPEC (2010), Hygia (2020) und TIME (2022)). Nun kommen zwei neue Studien namens BedMed aus Kanada hinzu. Bei einmal täglicher Anwendung lautet die aktuelle Standardempfehlung, ein blutdrucksenkendes Medikament am Morgen einzunehmen.
In der Hauptstudie rekrutierten 436 Primärversorger in fünf kanadischen Provinzen mehr als 3300 Patientinnen und Patienten mit Bluthochdruck, die einmal am Tag ihre Antihypertensiva nehmen mussten. Die Interventionsgruppe mit 1677 Teilnehmenden sollten ihre blutdrucksenkende Medikation nun abends nehmen, während die Kontrollgruppe mit 1680 Teilnehmenden bei der morgendlichen Einnahme blieb. 56,4 Prozent waren weiblich und das Durchschnittsalter betrug 67 Jahre. 53,7 Prozent bekamen einen Monotherapie.
Primärer Endpunkt war das erste Auftreten einer Hospitalisierung oder eines Besuchs der Notaufnahme aufgrund eines Schlaganfalls, akuten Koronarsyndroms oder Herzversagens sowie Tod jedweder Ursache. Zudem wurden ungeplante Krankenhausbesuche sowie visuelle, kognitive, sturz- und frakturbedingte Vorkommnisse ausgewertet. Die Beobachtungszeit betrug im Schnitt 4,6 Jahre.
Das Ergebnis: Die abendliche Anwendung war sicher, reduzierte aber nicht das kardiovaskuläre Risiko für schwerwiegende Ereignisse. Ein solches trat in der Abend-Gruppe im Schnitt bei 2,3 von 100 Patientenjahren auf gegenüber 2,4 in der Morgen-Gruppe.
Sicher war die abendliche Einnahme: Es traten nicht vermehrt Stürze oder Frakturen auf und auch die Zahl der Glaukom-Diagnosen stieg nicht an (es gibt Bedenken, ob die abendliche Gabe von Blutdrucksenkern einen Glaukom-bedingten Sehverlust oder andere hypotensive/ischämische unerwünschte Effekte begünstigen kann).
Das Nutzen-Risiko-Verhältnis der Blutdrucksenker wurde also nicht durch den Einnahmezeitpunkt beeinflusst. Die Studienautoren um Professor Dr. Scott R. Garrison von der Universität Alberta in Edmonton empfehlen daher im Journal »JAMA«, den Einnahmezeitpunkt nach den individuellen Präferenzen der Patienten zu legen.
Wie sieht es aber mit älteren, gebrechlichen Menschen aus? Das untersuchte die BedMed-Frail-Studie desselben Forschungsteams. Daran nahmen 776 Pflegeheimbewohnerinnen und -bewohner in Kanada teil. Hier lag der Frauenanteil bei 72,4 Prozent und das Durchschnittsalter bei 88 Jahren. 85,6 Prozent waren zu einem gewissen Grad dement, 47,3 Prozent hatten Diabetes und 39,6 Prozent eine Erkrankung der Koronararterien. Hier lag das Follow-up im Schnitt bei einem Jahr und zwei Monaten.
Auch hier gab es weder einen signifikanten Unterschied bezüglich schwerer kardiovaskulärer Ereignisse oder Todesfälle (29,4 versus 31,5 Ereignisse pro 100 Patientenjahre) noch in Bezug auf Stürze, einer Verschlechterung der Kognition, Verhaltensproblemen oder auch Wundliegen (Dekubitus-Geschwüre), heißt es in »JAMA Network Open«.
Allerdings verzeichnete die Gruppe mit morgendlicher Anwendung mehr ungeplante Krankenhausbesuche (30,0 versus 22,6 pro 100 Patientenjahre; Hazard Ratio 0,74). Auch hier kommen die Autoren jedoch zu dem Schluss, dass der Einnahmezeitpunkt das Nutzen-Risiko-Verhältnis der blutdrucksenkenden Medikation für die Heimbewohner nicht beeinflusst.