Blutdruckmuster kündigt postpartale Hypertonie an |
Theo Dingermann |
15.04.2025 15:10 Uhr |
Bluthochdruck in der Schwangerschaft erhöht das Risiko für Mutter und Kind. Aber auch besondere Verlaufsmuster des Blutdrucks können auf eine spätere Hypertonie hinweisen. / © Getty Images/Vesnaandjic
In der prospektiven MADRES-Studie wurden bei einer überwiegend einkommensschwachen hispanischen Kohorte (n = 854) drei distinkte Verlaufsmuster des systolischen Blutdrucks (SBP) während der Schwangerschaft identifiziert und in Beziehung zum Risiko einer Hypertonie bis zu fünf Jahre nach der Entbindung gesetzt. Die Verlaufsmuster ermittelten die Forschenden aus im Mittel 11,6 SBP-Messungen pro Schwangerschaft.
Studiendesign und Ergebnisse publizierten die Forschenden um Dr. Zhongzheng Niu vom Department of Population and Public Health Sciences an der Keck School of Medicine, University of Southern California in Los Angeles, im Wissenschaftsjournal »Jacc: Advances«.
Die Mehrheit der Frauen (80,2 Prozent) hatte einen konstant niedrigen Blutdruck mit einem typischen Abfall im mittleren Schwangerschaftsdrittel. Eine zweite Gruppe (12,4 Prozent) wies über die gesamte Schwangerschaft hinweg konstant erhöhte, aber noch subklinische systolische Werte auf (durchschnittlich 120 bis 122 mmHg). Bei ihnen blieb der charakteristische »mid-trimester dip« aus.
Bei einer dritten Gruppe (7,4 Prozent) wurde ein »Hoch–tief–hoch«-Blutdruckmuster registriert, wobei anfänglich hohe Blutdruckwerte zunächst abfielen und später wieder anstiegen. In dieser Gruppe wurden die meisten Fälle von Präeklampsie und Gestationshypertonie registriert.
In der Subkohorte mit verfügbaren Langzeitdaten (n = 359) zeigte sich ein signifikant erhöhtes Risiko für eine Hypertonie zwei bis fünf Jahre nach der Geburt bei den Frauen, die entweder einen konstant erhöhten Blutdruck aufwiesen oder bei denen ein Hoch–tief–hoch-Muster ermittelt wurde. War der SBP konstant erhöht, stieg das Risiko für eine Hypertonie nach der Schwangerschaft fast um den Faktor fünf. Ein noch höheres Risiko für eine postpartale Hypertonie hatten Frauen, bei denen der Blutdruck von hohen nach niedrigen und zurück zu hohen Werten schwankte.
Diese auffälligen Assoziationen blieben auch nach Adjustierung für Alter, Body-Mass-Index, ethnische Herkunft, Gestationsgewichtszunahme, sozioökonomischen Status und hypertensive Schwangerschaftserkrankungen (GH/PE) weitgehend bestehen.
Besonders bemerkenswert war, dass die Risiken für Spätfolgen in der Gruppe mit einem konstant erhöhten Blutdruck auch dann erhöht waren, wenn keine hypertensiven Schwangerschaftskomplikationen aufgetreten waren. Diese Gruppe wurde bisher durch die klassischen klinischen Screening-Routinen nicht erfasst.
Offensichtlich gehen diese Verlaufsmuster mit einem Fehlen der physiologischen Blutdrucksenkung im mittleren Trimenon einher, was auf eine maladaptive kardiovaskuläre Anpassung an die Schwangerschaft hindeuten könnte. Potenzielle pathophysiologische Mechanismen umfassen eine subklinische vaskuläre Dysfunktion und eine unvollständige Rückbildung hämodynamischer Belastungen nach der Geburt.
Die Gruppe, in der der Blutdruck schwankte, wies wiederum ein charakteristisches Muster einer postpartalen diastolischen Blutdrucksenkung auf, das auf eigenständige kardiovaskuläre Reorganisationsprozesse hindeuten könnte.
Sowohl die Frauen mit einem konstant erhöhten als auch die mit schwankendem Blutdruck zeigten zudem höhere Raten von Adipositas, Gestationsdiabetes und Frühgeburten.
Die Studie unterstreicht, dass Blutdruckverläufe während der Schwangerschaft, unabhängig von den gängigen klinischen Grenzwerten, frühzeitig Hinweise auf spätere kardiovaskuläre Risiken liefern können. Es sei notwendig, Verlaufsmusteranalysen in die pränatale und postpartale Versorgung zu integrieren, insbesondere um bisher nicht klassifizierte Risikogruppen zu identifizieren.
Ein gezieltes Screening während des vierten Trimesters – laut dem American College of Obstetricians and Gynecologists sind das die zwölf Wochen nach der Geburt – könnte künftig zur Prävention maternaler Langzeiterkrankungen beitragen, merken die Autoren an.