| Annette Rößler |
| 30.04.2025 12:02 Uhr |
Bei Colitis ulcerosa kann im gesamten Dick- und Enddarm die Schleimhaut entzündet sein. Der Blinddarm ist zwar nur ein kleiner Fortsatz am Anfang des Dickdarms, scheint aber im Krankheitsgeschehen eine wichtige Rolle zu spielen. / © Getty Images/Science Photo Library/Sebastian Kaulitzki
Colitis ulcerosa ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung der Schleimhaut im Dickdarm (Colon) und Enddarm (Rectum). Üblicherweise im Enddarm beginnend, breitet sich die schubförmig verlaufende Erkrankung allmählich auf den gesamten Dickdarm aus. Auch der Blinddarm (Appendix vermiformis), der blind endende Anfangsteil des Colons, kann im Verlauf von der Entzündung betroffen sein.
Studienergebnisse deuten darauf hin, dass der Blinddarm bei CU eine besondere Rolle spielen könnte. Wie die Autoren der ACCURE-Studiengruppe aktuell im Fachjournal »The Lancet Gastroenterology & Hepatology« ausführen, sei schon 1987 erstmals berichtet worden, dass Menschen, denen der Blinddarm operativ entfernt wurde (Appendektomie), seltener an CU erkranken als Menschen mit noch vorhandenem Blinddarm. Nachfolgende Untersuchungen hätten ergeben, dass das Erkrankungsrisiko infolge einer Appendektomie insgesamt um 61 Prozent sinkt (Odds Ratio 0,39). Was den Effekt einer Blinddarm-OP bei bereits an CU Erkrankten anbelangt, seien die Ergebnisse bisheriger Studien teilweise widersprüchlich, aber überwiegend positiv.
Mit einer randomisierten Studie an 22 Zentren in den Niederlanden, Irland und Großbritannien konnten die Autoren nun bestätigen, dass eine Appendektomie sich positiv auf den Krankheitsverlauf bei CU auswirken kann. Die Teilnehmenden waren an CU erkrankt und hatten in den zwölf Monaten vor Studienbeginn einen Schub erlitten, befanden sich aber aktuell in Remission. Zusätzlich zu ihrer Basismedikation, die bei allen Probanden bestehen blieb, wurde bei der Hälfte der Teilnehmenden der Blinddarm endoskopisch entfernt. Dies geschah offen, es wurden also keine Scheinoperationen bei den Teilnehmenden der Kontrollgruppe vorgenommen. Die Intention-to-treat-Analyse umfasste 99 Patienten in der Interventions- und 98 Patienten in der Kontrollgruppe.
Im Folgejahr erlitten signifikant mehr Patienten aus der Kontrollgruppe einen Krankheitsschub (primärer Endpunkt), nämlich 55 versus 36 aus der Interventionsgruppe. Das bedeutete eine Risikoreduktion um 35 Prozent (relatives Risiko 0,65). Die häufigsten unerwünschten Wirkungen waren postoperativer Schmerz in der Interventionsgruppe und Hautausschlag in der Kontrollgruppe (jeweils drei Patienten).
Eine Appendektomie sei gegenüber einer alleinigen Standardbehandlung bei CU-Patienten in Remission überlegen, konstatieren die Autoren. Mechanistisch wird als Ursache dafür eine immunmodulatorische Funktion des Appendix bei CU vermutet: Man nimmt an, dass der Blinddarm inflammatorische Zytokine produziert und dadurch kaskadenartige Prozesse anstößt, die zur Krankheitsprogression beitragen.