BGH untersagt Sonntagslieferungen |
Ev Tebroke |
13.03.2025 12:30 Uhr |
An Sonn- und Feiertagen darf eine Apotheke keinen Lieferdienst zur Arzneimittellieferung einsetzen, wenn sie in dieser Zeit nicht zum Notdienst eingeteilt ist. Das hat nun der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden. / © Mayd
Eine Apotheke muss sich an Sonn- und Feiertagen an die gesetzlichen Schließungsvorgaben halten und darf ihre Kunden auch nicht per Lieferdienst bedienen. Es sei denn, sie hat an diesem Tag Notdienst. Das hat nun der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden. Die Karlsruher Richter betätigten damit das Urteil des Landgerichts Köln.
In dem Fall hatte die Wettbewerbszentrale einen Kölner Apotheker verklagt, der mit dem mittlerweile insolventen Arzneimittel-Lieferservice Mayd kooperierte. Die Kundschaft des Apothekers konnte über die App auch an Sonn- und Feiertagen Arzneimittel bestellen und diese von der Kölner Apotheke ausliefern lassen. Die Bestellungen wurden in der Apotheke vorbereitet, von Mayd-Fahrern abgeholt und die Kunden noch am gleichen Tag beliefert.
Aus Sicht der Wettbewerbszentrale verstößt der Apotheker gegen das Ladenöffnungsgesetz (LÖG) – in diesem Fall konkret gegen § 3 des Gesetzes über die Sonn- und Feiertage in Nordrhein-Westfalen (NRW) sowie §§ 4, 7 des Gesetzes zur Regelung der Ladenöffnungszeiten NRW.
Das Landgericht Köln hatte der Klage im April 2023 stattgegeben (Az. 81 O 70/22). Der Apotheker verschaffe sich mit dem Lieferdienst einen Wettbewerbsvorteil, indem er sich über die Schließungsanordnung hinwegsetze, so die Begründung. Das Gericht sah darin einen erheblichen Wettbewerbsnachteil für alle Mitbewerber, die an Sonn- und Feiertagen unter Beachtung der Schließungsverfügungen der Apothekerkammer Nordrhein keine Arzneimittel vertrieben. Ein Recht zur Öffnung seiner Apotheke zu jeder Zeit folge auch nicht aus der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO), so die Begründung.
Das Oberlandesgericht Köln (Az. 6 U 65/23) bestätigte die Entscheidung des Landgerichts. Auch aus der Neufassung der Apothekenbetriebsordnung im Jahr 2012 ergebe sich nicht, dass der Bundesverordnungsgeber eine abschließende Regelung für die Befugnis der Apotheken treffen wollte, an Sonn- und Feiertagen unabhängig von den Ladenöffnungszeiten der Länder zu öffnen. Mit Blick auf die grundsätzliche Bedeutung der Sache ließ das OLG aber die Revision zum BGH zu. Verhandelt wurde in Karlsruhe am 7. November vergangenen Jahres. Nun liegen die Urteilsbegründungen des BGH vor.
Das Landgericht habe mit Recht angenommen, dass der Beklagte gegen § 7 Abs. 2 LÖG NRW beziehungsweise die auf dieser Grundlage erlassene Schließungsverfügung der zuständigen Apothekerkammer und gegen § 3 Feiertagsgesetz NRW verstoßen habe, heißt es in dem Urteil.
Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Bundesverordnungsgeber mit der Neufassung des § 23 ApBetrO im Jahr 2012 eine abschließende Regelung für die Befugnis der Apotheken, an Sonn- und Feiertagen unabhängig von den Ladenöffnungszeiten der Länder zu öffnen, habe treffen wollen. Zwar enthalte der Wortlaut des § 23 ApBetrO im Vergleich zur vor 2012 geltenden Fassung keine ausdrückliche Befugnis zum Erlass von Schließungsanordnungen mehr. Dies verleihe den Apotheken jedoch nicht die uneingeschränkte Befugnis, an Sonn- und Feiertagen ihre Dienstbereitschaft auch unabhängig von ihrer Notdiensteinteilung und ungeachtet der Vorschrift des § 7 Abs. 2 LÖG NRW zu versehen.
Wie sich aus der Begründung zur Änderung von § 23 ApBetrO im Jahr 2012 ergebe, sei Hintergrund für die Streichung des Verweises auf das Ladenschlussgesetz allein der Umstand, dass die Gesetzgebungskompetenz für das Ladenschlussrecht nunmehr ausschließlich bei den Ländern liegt. Die ständige Dienstbereitschaft der Apotheken könne jedoch weiterhin durch ladenschlussrechtliche Regelungen beschränkt werden.
Laut BGH-Urteil hat der Beklagte auch gegen § 3 Feiertagsgesetz NRW verstoßen. Es liege eine öffentlich bemerkbare Arbeit im Sinne dieser Norm vor. Dazu reiche es aus, wenn sie die Aufmerksamkeit einer unbestimmten Anzahl von Personen auf sich ziehen könne. Mit Recht habe das Landgericht angenommen, dass der durch das Angebot des Lieferdiensts entstehende Verkehr, sei es auch mit Fahrrädern, einen typisch werktäglichen Charakter habe, so dass die Tätigkeit des Beklagten geeignet sei, die äußere Ruhe des Tages zu stören.
Wegen eines Verfahrensfehlers wurde das Berufungsurteil aufgehoben. »Das Berufungsgericht durfte über die Klage nicht in der Sache entscheiden, weil das Verfahren vor dem Landgericht mangels Verkündung eines Urteils noch nicht abgeschlossen ist.« Demnach war das Urteil nicht öffentlich vorgelesen worden. Daher handelt es sich aus Sicht des BGH »lediglich um einen Urteilsentwurf, der zur Klarstellung ebenfalls aufzuheben ist«. Die Sache sei – auch unter Aufhebung des Verfahrens – zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen, heißt es aus Karlsruhe.