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Großhandelskonditionen

BGH begründet Skonto-Urteil

Den Apotheken drohen massive Einschnitte bei den Einkaufskonditionen. Denn Skonti der Großhändler sind aus Sicht des Bundesgerichtshofs (BGH) wie Rabatte zu bewerten, die wiederum gesetzlich begrenzt sind. In den jetzt vorliegenden Urteilsgründen betonen die Karlsruher Richter die Bedeutung einheitlicher Abgabepreise.
Alexander Müller
12.04.2024  09:12 Uhr

Geklagt hatte die Wettbewerbszentrale gegen die Konditionen des Reimporteurs Haemato Pharm. Dieser hatte Apotheken einen Rabatt von 3,04 Prozent eingeräumt und zusätzlich 3 Prozent Skonto, wenn die Apotheken die Rechnung innerhalb von 14 Tagen begleichen.

Aus Sicht der Wettbewerbszentrale widerspricht dieses Modell den Vorgaben des Arzneimittelgesetzes und der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) in der seit dem 11. Mai 2019 geltenden Fassung, weil der skontierte Preis den gemäß AMPreisV zu erhebenden Betrag unterschreite. Hersteller müssen im Direktvertrieb die Großhandelsspanne aufschlagen. Dabei ist der Fixanteil von 70 Cent pro Packung nicht rabattierbar, sondern nur der variable Zuschlag von 3,15 Prozent. Die Frage im Rechtsstreit war, ob Skonti unter diese Regelung fallen oder nicht.

Vor dem Landgericht Cottbus und im Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht Brandenburg (OLG) hatte sich die Wettbewerbszentrale jeweils durchgesetzt. Am 8. Februar hatte der BGH auch die Revision seitens Haemato Pharm zurückgewiesen. Das Berufungsgericht habe mit Recht angenommen, »dass die Gewährung von Skonti, die zu einer Unterschreitung dieses Mindestpreises führen, unzulässig ist«, heißt es in der jetzt vorliegenden Urteilsbegründung des BGH.

Die Karlsruher Richter hatten sich in einem anderen Verfahren der Wettbewerbszentrale gegen den Großhändler AEP schon 2017 mit den Einkaufskonditionen der Apotheken befasst und Skonti in diesem Fall für zulässig erklärt. Der Gesetzgeber hatte auf das Urteil aber reagiert und mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) eine Klarstellung vorgenommen.

Neue Gesetzeslage seit Mai 2019

Während der BGH nach der alten Fassung des § 2 Abs. 1 AMPreisV keine Fest- oder Mindestpreise, sondern einen Höchstpreis festgelegt sah, sei die Rechtslage seit dem 11. Mai 2019 eine andere: »Die Formulierung im Imperativ («sind … zu erheben«) verdeutlicht, dass der Großhandel einen Mindestpreis einzuhalten hat, der aus dem Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers und einem festen Zuschlag von 70 Cent beziehungsweise 73 Cent zuzüglich Umsatzsteuer besteht.«

Da dieser Imperativ keine Ausnahmen von der Erhebung des Mindestpreises zulasse, seien Skonti unzulässig, wenn die Summe aus Herstellerabgabepreis und Festzuschlag von 70 Cent unterschritten werde, so der BGH.

Der Gesetzgeber habe die Formulierung der Großhandelsvergütung an jene der Apotheken gemäß § 3 AMPreisV angeglichen. Auch hier verdeutliche die Formulierung, dass bestimmte Zuschläge »zu erheben sind«, dass Apotheken bei der Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimitteln keinen preislichen Spielraum haben.

Aus der Geschichte der Gesetzgebung ergibt sich laut BGH nichts anderes. Schließlich sei die Änderung des § 2 AMPreisV eine Reaktion auf die erste BGH-Entscheidung zu Großhandelszuschlägen gewesen. Damit sollte »eindeutig klargestellt werden«, dass der Großhandel den Festzuschlag von 70 Cent auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers zwingend aufschlagen muss. In dem Referentenentwurf heiße es außerdem ausdrücklich, dass der Großhandel die 70 Cent aufschlagen muss und auf diesen Betrag keine Rabatte oder Skonti gewähren »darf«.

Im Regierungsentwurf sei zwar noch von »allgemein üblichen Skonti« die Rede. Dass damit eine Unterschreitung der 70 Cent möglich sein soll, widerspricht aus Sicht des BGH aber dem eindeutigen Wortlaut im Gesetz sowie dem Sinn und Zweck der Vorschrift.

Die Umstellung der Großhandels-Vergütung mit dem Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetz (AMNOG) ab 2012 verfolge das Ziel, mit dem Festzuschlag eine angemessene und flächendeckende Belieferung der Apotheken zu sichern. Dieses Ziel würde aus Sicht des BGH verfehlt, wenn Einkaufskonditionen darauf hinauslaufen könnten, dass auf die Erhebung jeglicher Zuschläge verzichtet wird.

Apothekenhonorar muss ausreichen

Das Argument, Apotheken seien auf die Skonti angewiesen, ließ der BGH nicht gelten. »Die angemessene Vergütung der Apotheken wird nicht durch die Gewährung verbotener Rabatte auf die Großhandelspreise, sondern durch die in § 3 AMPreisV vorgesehenen Apothekenzuschläge gesichert, die – sollten sie hierfür nicht ausreichen – bei Bedarf vom Verordnungsgeber angehoben werden können.«

Ebenso abgeschmettert wurde das Argument, Skonti seien im Handel seit langer Zeit üblich. Denn das steht aus Sicht des BGH seit der Gesetzesänderung im Mai 2019 eben nicht mehr in Einklang mit der Preisverordnung. »Ein unlauteres Verhalten wird nicht dadurch zulässig, dass es in der Branche üblich ist«, so die Karlsruher Richter.

Es bedurfte aus Sicht des BGH keiner Prüfung, ob es sich im Streit um »echte« Skonti handelt, also die Abgeltung einer vertraglich nicht geschuldeten Zahlung vor Fälligkeit. »Die Festsetzung von Preisspannen liefe leer, wenn sie durch Rabatte und Skonti unterlaufen werden könnte«, so die Einschätzung der Richter.

Da sich der BGH in seiner Urteilsbegründung allgemein mit der Großhandelsvergütung befasst, dürfte die Entscheidung weitreichende Konsequenzen für den Markt haben. Eine entsprechende Kürzung der Einkaufskonditionen könnte jede Apotheke nach Schätzungen aus der Branche mit etwa 20.000 Euro belasten. Die ABDA fordert daher vom Gesetzgeber, in der geplanten Apothekenreform zu regeln, dass Skonti in der Arzneimittelpreisverordnung für zulässig erklärt werden. Die FDP unterstützt dieses Vorhaben.

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